1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Harz
  6. >
  7. Warum bei Allrode junge Bäume gepflanzt werden

Bergahorn gegen Borkenkäfer Warum bei Allrode junge Bäume gepflanzt werden

Wer hinter dem Projekt steht und was außerdem für den Umweltschutz getan wird.

27.04.2021, 11:56
Um dem Waldsterben entgegenzuwirken, pflanzen mehrere Institutionen vor den Toren Allrodes ungefähr 2.000 junge Bergahorne.
Um dem Waldsterben entgegenzuwirken, pflanzen mehrere Institutionen vor den Toren Allrodes ungefähr 2.000 junge Bergahorne. Fotos: Benjamin Richter

Allrode - Zyniker bezeichnen sie mitunter als Mondlandschaften, die kahlen Flächen, die Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer in den vergangenen Jahren in den Harzer Wäldern zurückgelassen haben. Doch weil mit Zynismus keinem geholfen ist, schreiten das Landeszentrum Wald (LZW) und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) am westlichen Ortsausgang von Allrode zur Tat:

Dort, auf eben solch einem abgeholzten Gebiet am Hang, begannen sie am vergangenen Freitag damit, insgesamt etwa 2.000 junge Bergahorne zu pflanzen. Bevor die ersten von ihnen in die schon ausgehobenen Löcher gesetzt und anschließend von spatenweise Erde sorgfältig umschlossen wurden, richtete Robert Klose, Landesgeschäftsführer der SDW, einen Dank an die Stadt Thale als Flächeneigentümer. „Wir haben zu danken“, drückte der amtierende Bürgermeister Frank Hirschelmann seinerseits Anerkennung für die Pflanzaktion aus.

Mit 0,6 Hektar misst das nun bepflanzte Gelände ungefähr die Fläche eines Fußballfelds. Angesichts der Schäden, die man im Harz insgesamt festgestellt habe, sei das eine verschwindend geringe Zahl, setzte Carsten Brett, der stellvertretende Leiter des Betreuungsforstamts Harz, das Projekt ins Verhältnis.

„Wir gehen davon aus, dass in den zurückliegenden drei Jahren rund 25.000 Hektar schadhafter Wald abgeholzt werden mussten“, bezifferte er. Die Folgen hätten die im Forst tätigen Akteure auch finanziell zu spüren bekommen, herrschte auf dem Holzmarkt doch plötzlich ein Überangebot. „Der Holzpreis ist bis auf ein Viertel des ,normalen’ Werts geschrumpft“, legte Brett dar. „Ein Großteil der Waldbesitzer ist angesichts der Einnahmerückgänge jetzt schon in Nöten.“

„Wir gehen davon aus, dass in den zurückliegenden drei Jahren rund 25.000 Hektar schadhafter Wald abgeholzt werden mussten“,

Carsten Brett, Betreuungsforstamt Harz

Um dieser dramatischen Entwicklung entgegenzutreten, sei das Forstamt dankbar für jede Unterstützung, die man bekommen könne, betonte Carsten Brett. Seine Worte galten einerseits den rund zwei Dutzend Forstamtslehrlingen und Helfern des Jugendwaldheims Lindenberg in Blankenburg, die beim Einpflanzen der jungen Ahorne den größten Teil der Arbeit übernahmen.

Andererseits wäre, wie auch Robert Klose hervorhob, die Wiederaufforstungsaktion ohne die Unterstützung der Öffentlichen Versicherungen Sachsen-Anhalt (Ösa) in dieser Form nicht möglich gewesen. Kurz vor den ersten Spatenstichen hatte der Ösa-Vorstandsvorsitzende Detlef Swieter einen Scheck in Höhe von 10.000 Euro an Klose überreicht - und zugleich ein längerfristiges Engagement für den Wald in Sachsen-Anhalt angekündigt.

„Wir werden im Rahmen unserer Möglichkeiten auch in den nächsten Jahren finanziell und auch gern mit unserer Armkraft helfen“, versprach Swieter. „Als ein im Land verwurzeltes Unternehmen - tief verwurzelt wie ein starker Baum - wollen wir nicht erst im Schadenfall helfen.“

Vielmehr denke das regionale Versicherungsunternehmen voraus, wolle Schäden verringern helfen und Nachhaltiges schaffen. Ein weiterer Bestandteil der Aktion „Bäume für Sachsen-Anhalt“ sei daher die Sensibilisierung der Kunden für den Kraftstoffverbrauch und Kohlenstoffdioxidausstoß ihrer Autos.

„Gerade auf dem Land sind die meisten Menschen darauf angewiesen, mit dem Auto unterwegs sein zu können“, gab der Vorstandsvorsitzende zu, für den die Anreise aus Magdeburg wegen der innerörtlichen Straßensperrung in Allrode und Umleitung über Stiege selbst eine kleine Harzrundfahrt bedeutet hatte.

Auf der Internetseite der Ösa fänden Kunden und Interessierte Hinweise, wie sie ausrechnen könnten, wie viel Sprit ihr Wagen schlucke, wie viel Treibhausgas er in die Atmosphäre puste und wie viele Bäume gepflanzt werden müssten, um diese Emission auszugleichen.

Es ist unterdessen nicht das erste Mal, dass Ösa und SDW im Namen des Naturschutzes gemeinsame Sache machen: Schon im November des vergangenen Jahres hatten sie in einem Waldgebiet bei Letzlingen (Altmarkkreis Salzwedel) ebenfalls rund 2.000 Jungbäume in die Erde gesetzt.

Damals waren es, wie Ösa-Sprecherin Kerstin Winter schilderte, jedoch überwiegend Douglasien gewesen, nebst einer Reihe anderer Laubbaumarten. Ohne weitere Details zu verraten, ließ Detlef Swieter durchblicken, dass für den Herbst bereits eine weitere Pflanzaktion im Land geplant ist.

Die Allröder seien jedenfalls froh, dass sich etwas tue und die Kahlflächen nicht sich selbst überlassen blieben, stellte Ortsbürgermeister Wolfgang Kurch (Einzelbewerber) klar, der dann selbst zum Spaten griff und einem jungen Bergahorn über der Landesstraße 95 mit einer Portion Erde einen festen Stand verlieh. (mz/brt)