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"Tankerziehen" in Bad Suderode "Tankerziehen" in Bad Suderode: Acht Frauen und ein Löschfahrzeug

Von Detlef Anders 29.06.2016, 12:59
Einmal mehr legten sich die Schicksalsschwestern ordentlich ins Zeug. Angeführt von Sylvia Braeuer-Schober zogen sie den Tanker bergan.
Einmal mehr legten sich die Schicksalsschwestern ordentlich ins Zeug. Angeführt von Sylvia Braeuer-Schober zogen sie den Tanker bergan. Detlef Anders

Bad Suderode - Sechs Mann, ein Seil und am Ende ein Siegerschrei - statt 30 Spiele zu 90 Minuten reichten den Harzoberliga-Fußballern von Germania Gernrode zweimal 15 Sekunden, um zum ersten Meistertitel der neuen Saison zu kommen. Sie gewannen ein Tauziehen der besonderen Art. Torwart Kevin Schulze hofft auf eine kleine Anerkennung der Leistung durch den Trainer: „Ich finde, wir sollten die ersten zwei Wochen befreit werden von der Vorbereitung.“

Seit 1998 gibt es in Bad Suderode im Rahmen des jährlichen Brunnenfestes auch einige sportliche Höhepunkte. Zu denen zählt neben dem Alt-Herren-Turnier des SV Blau-Weiß 90 (die MZ berichtete) auch ein Tankerziehen, das im Jahr 2000 erstmals von der Freiwilligen Feuerwehr durchgeführt wurde. Die Wehr gibt es so im Ort nicht mehr, der Tanker wurde abgegeben. Doch die Vereine Bad Suderodes, die sich auf Einladung der Kur-Café-Chefin Marion Winderlich seit der Schließung des Kurzentrums vor drei Jahren zum „Kleinen Brunnenfest“ treffen, führen die Tradition inzwischen fort.

Die Freiwillige Feuerwehr aus Harzgerode hilft mit dem Tanker, und zumindest eine, die Wehr aus Neinstedt, tritt noch als reines Feuerwehrteam zum Ziehen an. Heute sind es vor allem Fußballer, die in der Sommerpause ans Seil treten und vereint ihre Kräfte unter Beweis stellen. Waren es früher oft die Kicker des Kurortes, die das Tankerziehen gewannen, so siegten nun die des Nachbarortes.

Zweimal zogen Steve Bothe, Benjamin Krull, Steffen Lilienthal, Dimitri Klimov, Kevin Schulze, Mannschaftsleiter Lars Kollmann und Torwart-Oldie Jürgen Schmidt Bestzeiten. Der Bad Suderöder Alte-Herren-Kicker Erhard Schmidt überlegte als Moderator scherzhaft schon, ob die höherklassige Konkurrenz von der anderen Seite des Schwedderbergs nächstes Jahr wieder eingeladen werden sollte. „Die sind zu schnell!“

Zwölf-Tonner wird 50 Meter gezogen

Die Gastgeber aus der Harzliga, die im ersten „Lauf“ als Dritter noch fast eine Sekunde Rückstand auf die höherklassigen Ortsnachbarn hatten, konnten ihre Zeit um eine Sekunde verbessern. Damit unterboten sie zwar die erste Zeit der Gernröder um fünf Hundertstelsekunden. Doch die Germanen hatten sich im zweiten Durchgang auch verbessert und gewannen mit acht Hundertsteln vor den Bad Suderöder Fußballern und dem Team der „Oldstars“ (Bad Suderode), die nach dem ersten Lauf noch Zweiter waren. Sie konnten ihre Zeit aber nicht mehr verbessern. Die Neinstedter Feuerwehr wurde Vierter vor „Nicht freiwillig - alias Soleboys“.

„Eigentlich wollte ich gar nicht hingehen, aber meine Tochter wollte die Feuerwehr sehen“, gestand Stahl Thales Landesliga-Fußballer Michael Umgelder, der vor Ort von Erhard Schmidt für die Soleboys akquiriert wurde. „Es war ganz lustig“, fand Umgelder. Auf die Frage, ob er im nächsten Jahr mit den Thalensern kommen würde, sagte er: „Mal sehen. Um die ganze Sache aufzumischen, bringe ich sie vielleicht mit“. Zumindest als Beobachter war auch Thomas Kleist vor Ort, der Kapitän des Landesklasse-Aufsteigers Quedlinburger SV.

Stammgast als Aktive beim Tankerziehen ist Antje Schulze. Sie gehört zu den „Schicksalsschwestern“. Diese wurden 2004 von Erhard Schmidt als reine Mannschaft der Fußballer-Frauen ins Leben gerufen. „Ihr Kerle seid doch alle von gestern, heute kommen die Schicksalsschwestern“, lautete ihr Schlachtruf am Zwölftonner. Monatelang wurde damals mit 18 Frauen trainiert, um den Männern zu zeigen, dass sie den Tanker auch 50 Meter weit auf der Schwedderbergstraße ziehen können.

Seit einem Jahr wird der Tanker in der Ellernstraße gezogen - und das nicht bergab, sondern leicht bergan! „Wir wollen es den Mädels ja nicht zu leicht machen“, kommentierte Schmidt. Allerdings trainierten die Damen diesmal nicht.

„Es war nicht schwieriger als sonst, aber es ist immer anstrengend“, sagte Antje Schulze, die Frau des Germania-Keepers, der jahrelang das Bad Suderöder Tor gehütet hatte. Laura Koschwitz (21), Freundin des Germanen-Kickers Sascha Piontek, der wegen einer Verletzung nicht ans Seil konnte, war erstmals im Damen-Team dabei. „Es war ganz schön schwer“, gestand sie ausgepumpt mit schmerzenden Beinen.

Mit über 21 Sekunden waren die Schicksalsschwestern nicht so schnell wie die Männer. Aber auch nicht so schnell wie die Kinder, die als erste den Tanker zogen, noch von Helfern unterstützt. Im nächsten Jahr bekommen die Frauen aber einen neuen Versuch, um es allen Männern zu zeigen.

Endstand: 1. Germania Gernrode (15:42 s), 2. Blau-Weiß 90 Bad Suderode (15:50 s), 3. Oldstars Bad Suderode (15:75 s), 4. Feuerwehr Neinstedt (17:45 s), 5. „Nicht freiwillig alias Soleboys“ (18:25 s), 6. Kinder (20:05 s), 7. Schicksalsschwestern (21:40 s). (mz)

Viele Schaulustige verfolgten den Wettkampf in der Ellernstraße, hier die Oldstars mit Frank Umgelder.
Viele Schaulustige verfolgten den Wettkampf in der Ellernstraße, hier die Oldstars mit Frank Umgelder.
Detlef Anders
Der Jubel kannte nach der Bekanntgabe der erneuten Bestzeit bei den Gernröder Germania-Fußballern keine Grenzen.
Der Jubel kannte nach der Bekanntgabe der erneuten Bestzeit bei den Gernröder Germania-Fußballern keine Grenzen.
Detlef Anders