Städte-Partnerschaft Städte-Partnerschaft: Wie Wernigerode und Hoi An (Vietnam) voneinander profitieren

Hoi An - Auf einmal flackern Fotos der Walpurgisnacht auf vor den Augen des Volkskomitees – Hexen mit krummen Nasen, dazu die Brockenbahn in einer Winterlandschaft und der Wernigeröder Weihnachtsmarkt.
„Aus der Städtepartnerschaft ist mittlerweile eine Städtefreundschaft geworden“, sagt Burkhard Rudo vor den Mitgliedern der kommunistischen Partei der Stadt Hoi An. Der Baudezernent aus Wernigerode ist nach Vietnam gereist, um eine besondere Partnerschaft mit der Sozialistischen Republik zu pflegen.
Mehr noch: Er will sie ausbauen. Dafür ist er Teil einer Delegation, die mit Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) eine Woche lang quer durch Vietnam reist.
Wernigerode und Vietnam: Beziehung seit 40 Jahren
Wernigerode und Vietnam, das ist eine besondere Geschichte: 2013 schloss die Stadt im Harz als erste deutsche Kommune überhaupt eine Städtepartnerschaft mit einem vietnamesischen Ort. Hoi An ist mit 75.000 Einwohnern ungefähr doppelt so groß wie Wernigerode, beide Städte setzen auf Tourismus. Teile des Küstenorts Hoi An sind Unesco-Weltkulturerbe, die Stadt empfängt jährlich fünf Millionen Besucher (Wernigerode: zwei Millionen).
Eine engere Verbindung besteht seit der DDR-Zeit. „Wernigerode und Vietnam, diese Beziehungen besteht im Grunde seit 40 Jahren“, sagt Rudo. „Damals kamen Vertragsarbeiter in die Stadt, die treffen sich heute immer noch.“
Deshalb stoppt Willingmanns Ministerdelegation – es geht um Fachkräfte und Wissenschaftskontakte – auch in Hoi An. „Wernigerode hat einen erheblichen Fachkräftemangel, vor allem im Gastronomiegewerbe und in der Pflege“, sagt Rudo.
2020 soll ein Austausch-Projekt zwischen Wernigerode und Hoi An starten:
Deswegen haben die zwei Partnerstädte jetzt ein Projekt angeschoben, das 2020 starten soll. 30 Vietnamesen sollen eine Ausbildung in Wernigerode beginnen, vor allem in der Pflege und Gastronomie, aber auch in Handwerksberufen. Dafür bekommen sie in Vietnam zunächst eine Sprachausbildung, die ersten vorbereiteten Azubis sollen dann im Januar 2021 in Wernigerode sein. Der zweite Schwung folgt im Oktober 2021.
Vom Volkskomitee heißt es beim offiziellen Empfang am Sonntag: „Warum sollen wir bei 30 bleiben, vielleicht können wir noch eine 0 dranhängen.“ Zugleich signalisieren die kommunistischen Parteivertreter aber, dass die Hürden für Vietnamesen dieser wachsenden Regionen hoch sind, ihr Land zu verlassen, um in Deutschland zu arbeiten.
„Das ist ein wichtiger, ehrlicher Hinweis“, sagt Willingmann. Für ihn geht es auf dieser Reise darum, eine Arbeitsgrundlage für weitere Unternehmungen in der Zukunft zu legen.
Auch neue Wissenschaftskontakte in Quy Nhon (Vietnam)
Das gilt auch für neue Wissenschaftskontakte nach Vietnam. Mitgereist ist deshalb Folker Roland, Präsident der Hochschule Harz in Wernigerode. An der Universität der Küstenstadt Quy Nhon (etwa 310.000 Einwohner), wirbt er um Kooperationen im Fachbereich Tourismus.
Die Quy Nhon University gehört zu den Top-10-Unis des Landes. Auch in Hoi An, der vietnamesischen Partnerstadt Wernigerodes, hofft er auf neue Hochschulkontakte – etwa für den Austausch von Wissenschaftlern oder gemeinsame Forschungsprojekte. „Bestenfalls können wir da an bestehende Strukturen anknüpfen“, sagt mit Blick auf die Kooperation der Städte. „Dann halte ich das für durchaus erfolgsversprechend.“
„Innovation Valley“ in Quy Nhon: Naturwissenschaftszentrum für internationale Forscher
Zum Trip der Delegation gehört auch ein Abstecher in die Wildnis: Mitten im wenig besiedelten, waldigen Hügelland von Quy Nhon steht das „Innovation Valley“, ein privat finanziertes Naturwissenschaftszentrum für internationale Forscher, die zeitweise zusammen arbeiten wollen. Ein modernes Kongresszentrum steht bereits, weitere Rohbauten sind in Arbeit. Roland gefällt‘s. „Das passt in die Zeit“, sagt er. „Für kurzfristige, staatenübergreifende Forschungsprojekte ist das genau das Richtige. Vor allem, wenn ohnehin disziplinübergreifend gearbeitet wird, ist das absolut attraktiv.“
Bis Dienstag ist Willingmanns Delegation noch auf Reisen. Der letzte Stopp ist in Singapur. (mz)