"Sieger der Herzen" Special-Olympics-Triathlon Quedlinburg: Hölle Special könnte Teil werden der Special Olympics World Games 2023

Neinstedt - Karsten Kregel hat am Samstag bei der „Hölle Special“, einem Triathlon für Menschen mit geistiger Behinderung, den größten privaten Fan-Klub. Das Transparent „Karsten - Sieger der Herzen“ prangt am Ufer des Ditfurter Sees, es begrüßt ihn reichlich zwei Stunden später wieder auf dem Quedlinburger Marktplatz. 13 Fans begleiten ihn bei diesem so wichtigen Rennen.
Bei der dritten „Hölle von Q“ gibt es eine Premiere: „Es ist einer der ersten Special Olympics Triathlons in Deutschland überhaupt“, sagt Organisator Mark Hörstermann und fügt hinzu: „Erstmals führt ein solcher Triathlon in eine Innenstadt.“
Und dies auf der Originalstrecke der „Hölle von Q“, nur halt wesentlich kürzer, erzählt Ideengeber Winfried Knorr, Mitarbeiter im Freizeitwerk der Evangelischen Stiftung Neinstedt. Dort haben von Freitag bis Sonntag die meisten der rund 80 Teilnehmer im wahrsten Wortsinne ihre Zelte aufgeschlagen und feiern abends ihre Athleten-Party.
Special Olympics Triathlon der Hölle von Q wurde am Samstagnachmittag gestartet
Samstagmittag wird es dann für die Akteure des Special Olympics Triathlon ernst. 14.03 Uhr schickt Marathon-Ikone Waldemar Cierpinski als Schirmherr die ersten Schwimmer ins Rennen. Martin Köhler stürzt sich als Erster in die Fluten des Ditfurter Gewässers.
Dass nicht nur die Evangelische Stiftung Neinstedt, dessen Vorstand Stephan Zwick alle Teilnehmer begrüßt, mit allem Engagement die „Hölle Special“ mitgestaltet, macht eine besondere Triathlon-Staffel deutlich. Die Verwaltungsspitzen der beteiligten Kommunen schickt Kommunalpolitiker ins Rennen. „Die gehen ja auch sonst für ihre Bürger durch die Hölle“, heißt es zum Höllen-Trip der Politik.
Das Teilnehmerfeld kann es kaum erwarten, schließlich haben die Behindertensportler für diesen Tag hart trainiert und viele Vorurteile auch in den eigenen Wohngruppen abbauen müssen.
Der erfahrene Sportsmann Winfried Knorr weiß, es kommt oft nicht nur auf einen trainierten Körper, sondern auch auf den festen Willen an. „Es gleicht einem Experiment mit unbekanntem Ergebnis, aber dank vieler Helfer sind wir auf alles Erdenkliche vorbereitet.“
Ein Dreier-Team reiste aus Calvörde im Landkreis Börde zum Triathlon an
Betreuerin Kristin Klatt reist mit einem Dreier-Team der Außengruppe der Stiftung in Calvörde (Landkreis Börde) nach Neinstedt. „Schwimmen haben wir im Steinbruch Süpplingen trainiert. Nun startet eine Mix-Staffel.“ Sebastian Haack übernimmt Schwimmen und Laufen, dazwischen setzt sich Franzi auf ihr Mountainbike, um aus der Neinstedter Schlangengrube zum Quedlinburger Brühl zu radeln.
Karsten Kregel (Stiftung Neinstedt) geht recht abgeklärt auf die Strecke. Aber setzt sich ein klares Ziel. Nach den drei Disziplinen will er auf einem einstelligen Platz landen. „Also mindestens Neunter.“
Er lässt in seinen Trainingsplan schauen. Zum Schwimmen ging es in die Quedlinburger Halle, dort lief er zwischen Hoher Straße und Brühl. „Mit dem Rad bin ich von Quedlinburg bis zur Stiftung unterwegs gewesen oder bis Rieder, wo die Verwandtschaft wohnt.“
Kann Quedlinburg mitmischen bei den Special Olympics Weltspielen 2023 in Berlin?
Zu jenen, die die 80 Teilnehmer auf die Strecke verabschieden, sind auch Orthopädin Marion Giesecke und ihr Mann Frank, ein Augenarzt. Die Merseburger gehören zum Präsidium von Special Olympics Sachsen-Anhalt und zählten im März zum Mediziner-Team der Special-Olympics-Weltsommerspielen in Abu Dhabi. Sie loben das große Engagement der Truppe um Knorr und Hörstermann, geistig behinderte Menschen in den Sport einzubinden.
Das Paar, das später mit Special Olympics-Landesgeschäftsführerin Susann Albrecht auf dem Marktplatz der Welterbestadt die Athleten auf den letzten Metern anfeuert, sieht das Quedlinburger „Hölle Special“ als einen ganz wertvollen Schritt auf dem Weg zu den Special Olympics Weltspielen 2023 in Berlin. „Wenn die Welt nach Deutschland kommt, könnte das Host Town-Programm durchaus den Standort hier auf der Liste haben.“
Gegen 16 Uhr füllt sich der bisher von Touristen bestimmte Quedlinburger Markt immer mehr mit Hölle-Fans. Die Stadtwerke Quedlinburg unterstützen nicht nur großzügig das Sportereignis, sie bauen auch eine große Videowand auf. Auf der ein „Höllen“-Programm läuft, passend zur Musik aus den Lautsprechern und der Moderation von „Teufel“ Konrad Sutor, der nicht minder gut agiert wie beim „großen“ Zieleinlauf am Sonntag.
Immer spannender wird es. Als Erster läuft mit deutlichem Vorsprung der bekannte Halberstädter Germania-Sportler Lukas Froese ein, der sein Tagwerk in der Tischlerei der dortigen Diakonie-Werkstätten verrichtet. Deren starkes Team holt gleich noch den dritten Platz. Doch dann ein Jubeln aus der Fan-Ecke.
„Anstrengend ist gar kein Ausdruck", sagt Karsten Kregel im Ziel
Karsten Kregel lässt die Hölle von Q. hinter sich, biegt aus dem Schuhhof auf den Markt. Trotz allen Aufbäumens, er holt den Vierten mit der Startnummer 26 nicht mehr ein und landet auf Platz fünf. Seine Unterstützer gratulieren begeistert. Wie der Kampf zwischen Kiessee und Marktplatz war? „Anstrengend ist gar kein Ausdruck“, sagt er. Fügt dann an: „Ich bin ziemlich glücklich.“ Nicht nur, weil er seine Stunden vorher eigentlich locker hingeworfene Zielstellung, noch überboten hat.
Dann nimmt er sein Stadtwerke-Handtuch und geht zur Massage ins Grünhagenhaus. Das, was er hier vollbracht hat, muss sich erstmal setzen.
(mz)


