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"Mindestens 45 Verletzungen" Prozess wegen Mord in Blankenburg Harz: Vier Männer aus Hasselfelde stehen vorm Landgericht Magdeburg

Von Benjamin Richter 29.05.2019, 07:56
Einer der vier Angeklagten im Mordprozess nimmt im Saal des Landgerichtes Magdeburg Platz.
Einer der vier Angeklagten im Mordprozess nimmt im Saal des Landgerichtes Magdeburg Platz. Richter

Blankenburg/Magdeburg - Sie schweigen. Die vier Angeklagten wollten sich am Dienstag zu Beginn des Prozesses um einen Mord in Blankenburg nicht zu den Vorwürfen gegen sie äußern. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, am 3. Januar „aus niederen Beweggründen“ gemeinsam einen 30-Jährigen getötet zu haben. Der Fall beschäftigt nun das Magdeburger Landgericht.

Staatsanwalt schildert die Ereignisse am 3. Januar 2019

Am ersten Verhandlungstag - angesetzt sind bereits acht weitere - ging es noch nicht um das Ob oder Warum, sondern vor allem um das Wie. Der Staatsanwalt schilderte in seiner Anklage, was sich aus Sicht der Staatsanwaltschaft am Abend des 3. Januar, einem Donnerstag, in Blankenburg zugetragen hat.

Demnach hat der Fall eine Vorgeschichte - das Opfer soll die vier Männer aus Hasselfelde im Alter zwischen 20 und 43 Jahren zuvor mit mehreren Straftaten geschädigt oder ihnen gedroht haben. „Der Mann traf vor der Filiale der Harzer Volksbank am Lühnertorplatz auf die Gruppe“, legte der Staatsanwalt dar.

Vier Männer und zwei Frauen verfolgten das spätere Opfer bis zur Herzogstraße in Blankenburg

Nach Erkenntnissen der Polizei sollen zu der Gruppe noch zwei junge Frauen gehört haben, gegen die sich der Tatverdacht nach der Verhaftung jedoch nicht erhärtete. Das Opfer habe die Flucht ergriffen, als es die sechs Personen auf sich zukommen sah, beschrieb der Staatsanwalt. Der Mann sei in die Herzogstraße eingebogen, wohin ihm die Angeklagten gefolgt seien.

Von der Verfolgungsjagd erschöpft, habe sich der 30-Jährige dort hingesetzt. Den Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft vor, ihn daraufhin getreten und mit Fäusten und „Schlagwerkzeug“ geschlagen zu haben. „Dies geschah ohne Rücksicht darauf, wo sie ihn trafen“, erklärte der Staatsanwalt.

Staatsanwalt: „Das Opfer trug mindestens 45 Verletzungen davon, davon allein 17 im Bereich des Kopfes“

Auch als der Kopf des Opfers aufs Straßenpflaster krachte, hätten die Männer ihre Prügelattacke fortgesetzt. „Das Opfer trug mindestens 45 Verletzungen davon, davon allein 17 im Bereich des Kopfes“, bezifferte der Staatsanwalt.

Der 30-Jährige starb an seinen Blessuren - die genaue Todesursache war dem Staatsanwalt zufolge, dass er „infolge komplexer Knochenbrüche des Mittelgesichts“ Blut eingeatmet habe. „Die Angeklagten haben den Tod mindestens billigend in Kauf genommen“, sagte der Staatsanwalt.

Die Angeklagten befinden sich seit Anfang Januar in Untersuchungshaft. Da einer von ihnen zum Zeitpunkt der Tat 20 Jahre alt war und unter das Jugendstrafrecht fällt, war am Dienstag auch eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe anwesend.

Eine der Nebenklägerinnen hatte einen Rahmen mit einem Bild des Verstorbenen an ihrem Platz aufgestellt, den sie auf Bitte von Richterin Anne Seydell so auf ihren Tisch legte, dass das Foto nicht mehr zu sehen war.

Ein Verteidiger will einen Arzt als Zeugen aussagen lassen

Zwei Anträge stellten die Verteidiger der Angeklagten am Dienstag. Einer davon war eine Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht für einen Arzt, der einem der Angeklagten Nachtblindheit attestieren soll.

Zum Tatzeitpunkt, einem Donnerstagabend, war es in Blankenburg bereits dunkel. Die im Saal anwesende Sachverständige kündigte an, mit dem Mediziner Kontakt aufzunehmen.

Den anderen Antrag stellte Anwalt Christian Schulz, der den 20-jährigen Angeklagten vertritt. Er beantragte, die Öffentlichkeit für das gesamte Verfahren auszuschließen. Sein Argument: Das Gericht sähe sich nicht in der Lage, sich ein Bild von der psychischen Verfassung seines Mandanten zu machen, wenn er von der Öffentlichkeit eingeschüchtert werde.

Richterin Anne Seydell verkündete nach einer nicht-öffentlichen Beratung, dass die Kammer bis zum nächsten Sitzungstag am 17. Juni über den Antrag entscheiden werde. Der Prozess wird fortgesetzt. (mz)