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Tödlicher Sex mit Chefarzt Prozess nach tödlichem Sex unter Drogen: Notarzt und Sanitäter beschreiben tragischen EInsatz

Von Petra Korn 05.10.2018, 09:57
Der ehemalige Chefarzt wird von Justizbeamten in den Verhandlungssaal im Landgericht Magdeburg geführt.
Der ehemalige Chefarzt wird von Justizbeamten in den Verhandlungssaal im Landgericht Magdeburg geführt. Kugenbuch

Magdeburg/Halberstadt - „Eine Reanimation“, meldet ein Mann in dem Notruf, der am 20. Februar gegen 15.30 Uhr in der Einsatzleitstelle des Landkreises Harz eingeht, „bitte ganz schnell“. Als die Rettungssanitäter an der angegebenen Adresse in Halberstadt eintreffen, bringt der Anrufer sie ins Schlafzimmer.

Dort liegt eine Frau auf dem Boden vor dem Bett: unbekleidet, leblos, ohne Atmung, ohne Puls, die Augen offen. Die Frau, eine 38-Jährige aus Schönebeck, stirbt später im Krankenhaus. An einer Überdosis Kokain. Diese soll der 42-jährige Mann ihr beim einvernehmlichen Sex ohne ihr Wissen verabreicht haben.

Vorwurf: Mehrfache Vergewaltigung, ein Fall mit Todesfolge

Der 42-Jährige, damals Chefarzt am Ameos-Klinikum Halberstadt, muss sich derzeit vor dem Landgericht Magdeburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem mehrfache Vergewaltigung vor - davon in einem Fall mit Todesfolge, weshalb auch Mord oder Totschlag in Betracht kommen - und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.

So soll er seit September 2015 noch vier weiteren Frauen im Alter zwischen 29 und 45 Jahren heimlich und gegen deren Willen Drogen verabreicht und teilweise sexuell mit ihnen verkehrt haben.

Mann mit T-Shirt und Boxershorts öffnete die Tür

Mit T-Shirt und Boxershorts bekleidet, habe der 42-Jährige ihnen die Tür geöffnet, berichten die beiden Rettungssanitäter, die an jenem 20. Februar alarmiert worden waren, am Donnerstag als Zeugen vor Gericht.

Einer erklärt, der 42-Jährige sei „ruhig“ gewesen, der andere beschreibt ihn als „uschig“, als aufgeregt und nervös. Noch über die Einsatzleitstelle hätten sie erfahren, dass vor Ort bereits mit einer „laienhaften Reanimation“, also einer Reanimation ohne technische Hilfsmittel, begonnen worden sei.

Der Angeklagte übernahm anfangs die Herzdruckmassage

Ob der 42-Jährige erklärt habe, was passiert sei, daran können die Sanitäter sich nicht erinnern. Während sie sich um die Versorgung der Frau kümmerten, habe der Angeklagte anfangs die Herzdruckmassage übernommen. Dann sei auch der Notarzt vor Ort gewesen.

Er habe den Angeklagten noch kurz gesehen, während dieser die Herzdruckmassage durchgeführt habe, sagt der Notarzt. Die sei „seriös“ gewesen; er habe „genug gedrückt und oft genug auch“, so der 61-Jährige.

„Das Herz begann wieder zu schlagen“

Habe die Frau anfangs weder Atmung noch Puls gehabt, sei letzterer „nach 10, 15 Minuten Reanimation“ wieder dagewesen. „Das Herz begann wieder zu schlagen.“ Aufgefallen sei ihm, dass die 38-Jährige „extrem erweiterte“ Pupillen gehabt habe, die auf Licht nicht reagiert hätten.

„Solche extrem erweiterten Pupillen habe ich persönlich zuvor noch niemals gesehen“, so der Notarzt. „Man denkt da schon an Drogen.“ Ob er den 42-Jährigen danach gefragt habe, weiß er nicht mehr; aber er habe „Drogeneinnahme?“ im Protokoll notiert.

Notarzt notierte „Drogeneinnahme?“ im Protokoll

Die 38-Jährige war ins Krankenhaus und dort auf die Intensivstation gebracht worden. Untersuchungen ergaben, dass sie keinen Herzinfarkt hatte, aber eine starke Hirnschwellung. Das sei eine „Reaktion auf die Unterbrechung der Sauerstoffversorgung“, erklärt der Leiter der Intensivstation.

Ein Drogentest habe positiv auf Kokain reagiert. Die Dosis sei sehr hoch gewesen. Kokain habe die Eigenschaft, „die Körperfunktionen extrem stark anzuheizen“, und könne ebenso zu Herzflimmern und Herzstillstand führen.

Es sei, so der Arzt, eine „unselige Kombination zwischen Vollgas im Kreislaufsystem und dem plötzlichen Stillstand der Versorgung“, die zum Hirntod der 38-Jährigen geführt habe. Wie er weiter sagt, könne mit einer „einigermaßen vernünftigen Reanimation ein Kreislauf, wenn auch minimal, aufrechterhalten werden, was sehr wichtig, weil ausreichend ist“.

Bei der 38-Jährigen aber sei der Stillstand „zu lange“ gewesen. Wie der Arzt noch hinzufügte, seien die Angehörigen der Frau „außer sich“ gewesen, als sie von dem Kokain erfahren hätten: Die Frau hätte nicht einmal Alkohol getrunken.

Der Prozess wird fortgesetzt. Das Gericht hat zusätzlich zu den zwölf feststehenden und den acht vorsorglich anberaumten Terminen noch einmal weitere zehn vorsorglich benannt. (mz)