Rettungsdienst-Ausschreibung Landkreis Harz schreibt Rettungsdienst neu aus: DRK-Mitarbeiter sorgen sich um ihre Arbeitsplätze

Quedlinburg - Komplett neue Aufenthalts-, Schlaf- und Sanitärräume für das Personal, eine vergrößerte und modernisierte Waschgarage für die Fahrzeuge, neu eingebaute Schnelllauftorwege: Anfang August wird der DRK-Kreisverband Quedlinburg/Halberstadt seine sanierte Rettungswache in der Quedlinburger Ballstraße - Arbeitsplatz für 28 Mitarbeiter - offiziell übergeben.
Rund 650.000 Euro hat der Kreisverband für die Arbeiten investiert. Wie lange er aber die Wache - wie auch die in Halberstadt - betreiben wird, ist derzeit völlig offen.
Der Hintergrund: Die Genehmigungen für den Rettungsdienst laufen am 31. Dezember aus. Der Landkreis hat die Vergabe für die nächsten Jahre neu ausgeschrieben. Zu einer Entscheidung - geplant im nichtöffentlichen Teil der Kreistagssitzung im Juni - kam es nicht.
Es soll, so sickerte durch, offene Fragen gegeben haben, weil die Kreisverwaltung für die Standorte Quedlinburg und Halberstadt einen anderen Hilfsdienst als das DRK vorgeschlagen haben soll.
28 Arbeitsplätze in Quedlinburg und 37 weitere in Halberstadt
Eine Vergabe an einen anderen Hilfsdienst würde bedeuten, dass sich 28 Mitarbeiter in Quedlinburg und 37 in Halberstadt einen neuen Arbeitgeber suchen müssten und auch die Zukunft der zwölf Auszubildenden offen wäre.
Entsprechend ist die Stimmung: „Wir retten hier jeden Tag Leben, müssen uns alle fünf Jahre neu orientieren und nun vielleicht bei null anfangen“, sagt ein Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte.
Neuvergabe ist „Gesprächsthema Nummer eins“ beim DRK
Kein Blatt vor den Mund nimmt Michael Kerst. Der 54-jährige Quedlinburger engagiert sich als ehrenamtlicher Sanitäter beim DRK. Ob Rettungsdienst - „eine zusammengeschmiedete Truppe, die die Patientenklientel und die Anfahrtswege in der Region kennt“ - oder Ehrenamtler, bei allen sei die Vergabe „Gesprächsthema Nummer eins“.
Die Mitarbeiter des Rettungsdienstes „sind in ihrer Arbeit schon extrem angespannt. Und dann nehmen sie mit nach Hause, dass ihre Arbeit auf der Kippe steht“, sagt Michael Kerst. Aus seiner Sicht wäre ein Aus für das DRK auch eine „Missachtung“ des Ehrenamtes. Kerst hat deshalb eine Online-Petition gestartet, die den Erhalt des DRK-Rettungsdienstes und der ehrenamtlichen Strukturen fordert.
Sanitäter Michael Kerst startete eine Petition
Es sei ein noch laufendes Verfahren, sagt DRK-Kreischef Michael Funke, fügt aber hinzu: Das DRK wolle die Rettungswachen auch zukünftig betreiben. „Das sind Investitionen, die wir nicht zum Spaß gemacht haben“, verweist Funke auf die Arbeiten, die jetzt in Quedlinburg und über die Jahre auch in Halberstadt erfolgten.
„Wir haben uns für die Standorte beworben, deutlich gemacht, was wir können und was wir haben.“ Dazu, sagt er, gehören „hervorragend ausgebildete Mitarbeiter“, von denen viele seit langem dabei seien und so nicht nur „ein gewisses Gehalt“ hätten, sondern sich auch dem DRK verbunden fühlten.
Ehrenamtlicher Einsatz bei Wasser-, Bergwacht oder Notfallseelsorge
Und dazu gehöre auch die Mitwirkung beim Katastrophenschutz - eine Voraussetzung, sich überhaupt für den Rettungsdienst bewerben zu können, so Funke weiter. Hier sei der Kreisverband ehrenamtlich aktiv - sei es Wasserwacht, Bergwacht oder Notfallseelsorge. Und viele, die sich hier engagierten, seien Mitarbeiter der Rettungswachen, so Funke.
Wie auch jene 15 aus der Quedlinburger Wache, die bei Feuerwehren der Region mitarbeiten. Allein sieben davon engagieren sich ehrenamtlich bei den Feuerwehren in Quedlinburg und Gernrode. Das entspricht zehn Prozent der aktiven Einsatzkräfte, sagt Stadtwehrleiter Mike Possekel.
Schon laut der bisherige Risikoanalyse, die derzeit überarbeitet werde, habe die Feuerwehr zu wenig Personal. „Die überarbeitete Analyse wird deutlicher zeigen, dass wir aufstocken müssen. Wenn nun der Arbeitgeber, bei dem zehn Prozent unserer Einsatzkräfte beschäftigt sind, wegbrechen sollte, wird das schwierig“, so Possekel.
Kreisverwaltung verweist auf laufendes Vergabeverfahren
Beim Landkreis Harz hält man sich bedeckt. „Wir befinden uns in einem laufenden, nicht abgeschlossenen Vergabeverfahren, das so vom Gesetzgeber auch verlangt wird“, erklärte Sprecher Manuel Slawig. Zu Einzelheiten könnten deshalb aus rechtlichen Gründen keine Angaben gemacht werden.
Wie Slawig hinzufügt, sei „Ziel des Landkreises mit der Entscheidung des Kreistages am 15. August das Verfahren abzuschließen und damit die Versorgung der Patienten ab 1. Januar 2019 landkreisweit uneingeschränkt sicherzustellen“.
„Ich denke“, sagt Michael Funke, „die Abgeordneten und die Verwaltung haben eine politische Verantwortung. Die Verwaltung hat einen Ermessensspielraum, und den sollte sie zugunsten des Bevölkerungsschutzes und der bisherigen Leistungserbringer - und damit meine ich alle - auch nutzen.“
(mz)