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Kirche fliegt mit Helikopter Kirche fliegt mit Helikopter: Gotteshaus soll sechs Kilometer weiter weg wieder landen

Von Sabine Herforth 17.05.2017, 07:55
Etwa 150 Personen haben in der Holzkirche Platz. Sie soll per Helikopter und Zug auf den Stieger Bahnhof umziehen.
Etwa 150 Personen haben in der Holzkirche Platz. Sie soll per Helikopter und Zug auf den Stieger Bahnhof umziehen. Chris Wohlfeld

Stiege - „Wir machen der Kirche Beine“ - das Motto des Vereins Stieger Stabkirche ist wortwörtlich gemeint. Der Verein sammelt Spenden - zuletzt am Tag des Wanderns, als die Kirche für Besucher geöffnet hatte -, um das denkmalgeschützte Gotteshaus mitten in einem Waldstück bei Stiege aus dem Dornröschenschlaf zu wecken.

Ziel ist es, die Kirche ins sechs Kilometer entfernte Stiege zu transportieren. Ein ungewöhnliches Unterfangen das etwa eine halbe Million Euro kosten wird. „Wir sind zuversichtlich, dass es klappt“, sagt Regina Bierwisch, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins.

Glocke wurde von Randalierern gestohlen

Als die ehemalige Lungenklinik Albrechtshaus direkt neben der Stabkirche 2013 brannte und die Rauchwolke bis nach Stiege zu sehen war, dachten die Vereinsmitglieder, dass das Gotteshaus endgültig verloren sei.

Immer wieder verschafften sich Unbekannte über die Jahre des Leerstands gewaltsam Zutritt zu der Kirche und zerstörten Bänke und Türen - selbst die Glocke wurde irgendwann gestohlen.

Deshalb soll die Umsetzung so schnell wie möglich realisiert werden. Im Idealfall kann das Projekt 2020 - also 115 Jahre nach Einweihung - beginnen. Bis dahin will der Verein Eigentümer werden, Förderanträge schreiben und alle Vorbereitungen treffen.

Derzeit befindet sich das Gebäude in Privatbesitz. In den kommenden Wochen, hofft Bierwisch, soll der Verein die Kirche übernehmen. „Wenn wir dann 2020 mit dem Abbau beginnen, wären wir unheimlich gut“, so Bierwisch weiter.

Die Umsetzung steht an erster Stelle des Vorhabens

Inzwischen hätten die Vereinsmitglieder aber erkannt, dass sie sich mit ihrem ursprünglichen Vorhaben - der Umsetzung bei gleichzeitiger Instandsetzung - übernehmen würden. „Wir müssen erst die Umsetzung schaffen“, erklärt Bierwisch.

„Wir werden hier keine Fenster sanieren - wofür?“, meint Mathias Wenzel vom Vorstand des Vereins. Bis der neue Standort erreicht sei, müsse jederzeit mit neuen Beschädigungen gerechnet werden, da wäre jede Investition womöglich vergebene Liebesmüh.

Erst am neuen Standort wolle der Verein seine Energie in die Instandsetzung der Kirche stecken.

Vier Standorte wurde geprüft

Das ausgesuchte Grundstück am Bahnhof gehört der Gemeinde, könne gepachtet werden und wurde zudem von der Bauaufsicht für das Vorhaben genehmigt.

Ursprünglich gab es vier Standortideen, von denen zwei - am Schloss und mitten in der Wendeschleife der Schmalspurbahn - jedoch frühzeitig aussortiert wurden. Beide hätten sich auf Privatgrundstück befunden und keine Aussicht auf Fördergeld gehabt.

Der dritte Vorschlag, am Kriegerdenkmal, wurde abgelehnt, weil die Kirche vom Denkmal abgelenkt hätte, erklärt Mathias Wenzel.

So erübrigte sich schließlich eine Abstimmung. Mit dem Ergebnis sind nicht alle glücklich, aber „es gibt bei einer Standortwahl immer verschiedene Meinungen“, sagt Regina Bierwisch.

Dabei sei die Lage sehr zentral, direkt für jedermann zu erreichen und erleichtert zudem den Transport ungemein.

Auch Transport mit der Harzer Schmalspurbahn vorgesehen

„Die Seitenschiffe sollen als Ganzes per Lastenhubschrauber nach Stiege zum Bahnhof gebracht werden“, berichtet Bierwisch. Die Holzkirche selbst soll mit der Harzer Schmalspurbahn bis zum etwa sechs Kilometer entfernten Bahnhof transportiert werden. „Besser geht es nicht“, meint Bierwisch.

Was abenteuerlich klingt, wurde genau berechnet, um sicher zu sein, dass die Kirche allem standhält. „Das war ein ganz wichtiger Schritt“, unterstreicht Bierwisch.

Von Anfang an holte sich der Verein die Denkmalschutzbehörde und die Stiftung Deutsche Denkmalpflege mit ins Boot. Denn das Denkmal soll auch nach seiner Umsetzung eines bleiben. Die Behörde habe dies bereits zugesichert, berichtet Bierwisch.

Kirche hat bisher keine Unterstützung gegeben

An Unterstützung fehle es bisher jedoch von Seiten der Kirche, kritisiert Mathias Wenzel. Der Verein sei auf sich gestellt, ein Gotteshaus zu erhalten, das immerhin zwei Weltkriege überstanden hat.

Doch im Verein sind alle fest entschlossen, die halbe Million Euro zusammenzubekommen, und packen bei Veranstaltungen tatkräftig mit an. Unterstützung für die Spendenkasse gibt es am Wochenende aus Straßberg.

Vereinsmitglied Sandra Klauß hofft, bei einem Schaukochen weitere Spenden für das ungewöhnliche Projekt sammeln zu können.

Umfassende Informationen zum Verein Stabkirche Stiege und seiner Arbeit gibt es im Internet auf  www.stabkirche-stiege.de  und www.facebook.com/Stabkirche.Stiege

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Die Lungenheilstätte Albrechtshaus bei Stiege wurde vor 120 Jahren eröffnet. Nur wenige Jahre später wurde neben der Klinik die Holzkirche errichtet, Als Vorbild diente die Stabkirche zu Wang im Riesengebirge. Am 20. Mai 1905 wurde das kleine Gotteshaus eingeweiht. An der Feier nahmen auch Prinzregent Albrecht und andere Würdenträger teil.

Bis auf die durch Ziegel ersetzten Holzschindeln ist die Kirche bis heute im Originalzustand erhalten. Verschiedene Sicherungsmaßnahmen sollen zudem Diebe und Randalierer fernhalten. Laut Überlieferung, das berichtet der Verein auf seiner Webseite, soll die Stabkirche durch einen skandinavischen Patienten als Dank für seine Heilung von der Tuberkulose gestiftet worden sein. Der Verein Stieger Stabkirche gründete sich im Dezember 2014. (mz)