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Kein Geld nach Unfall Kein Geld nach Unfall: Wandern im Wald auf eigene Gefahr

Von Susanne Thon und Benjamin Richter 05.03.2020, 13:56
Ein Mann aus Niedersachsen wurde im Juli 2018 beim Wandern im Bodetal auf einem Nebenabschnitt des Harzer Hexenstiegs in der Nähe des Hexentanzplatzes von einer umstürzenden Eiche getroffen. Er hat deshalb die Stadt Thale verklagt - ohne Erfolg.
Ein Mann aus Niedersachsen wurde im Juli 2018 beim Wandern im Bodetal auf einem Nebenabschnitt des Harzer Hexenstiegs in der Nähe des Hexentanzplatzes von einer umstürzenden Eiche getroffen. Er hat deshalb die Stadt Thale verklagt - ohne Erfolg. Caroline Seidel/dpa

Thale - Ein nach einem Unfall im Bodetal querschnittsgelähmter Mann aus dem Landkreis Friesland bekommt kein Schmerzensgeld. Dieses Urteil hat das Landgericht Magdeburg am Mittwoch gefällt. Wandern im Wald erfolgt demnach auf eigene Gefahr. Der Kläger hatte unter anderem von der Stadt Thale mindestens 200.000 Euro verlangt.

Der Mann war im Juli 2018 vom Hexentanzplatz in Richtung Thale gewandert, auf dem Brunhildenweg von einer umstürzenden Eiche getroffen, schwerst verletzt und mit einem Hubschrauber in eine Klinik geflogen worden. An der Rettung waren neben der Bergwacht und dem Rettungsdienst auch die Ortsfeuerwehren beteiligt. Der Weg zweigt vom Harzer Hexenstieg ab, der von Osterode nach Thale führt, das letzte Stück entlang der Bode. Hexenstiegwanderern werden verschiedene Abstecher empfohlen, unter anderem der zum Hexentanzplatz.

Der Kläger moniert, dass die Stadt als Grundstückseigentümer ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt habe. Der Baum sei deutlich erkennbar abgestorben gewesen und wäre bei einer Baumschau sofort als „Gefährdungsbaum“ ersichtlich gewesen und gefällt worden, so dass es nicht zu dem Unfall gekommen wäre, teilte Gerichtssprecher Christian Löffler mit.

Christian Löffler: „Mit diesen Gefahren müsse der Waldbesucher auch auf Wegen rechnen“

Das Gericht folgte dem nicht und wies die Klage ab. „Der Waldbesucher kann grundsätzlich nicht erwarten, dass der Waldbesitzer Sicherungsmaßnahmen gegen waldtypische Gefahren ergreift.“ Mit diesen Gefahren müsse der Waldbesucher auch auf Wegen rechnen, so Löffler. „Er ist primär selbst für seine Sicherheit verantwortlich.“ Er sprach von einem „entschädigungslos hinzunehmenden allgemeinen Lebensrisiko“, das ein freies Bewegen in der Natur mit sich bringe.

Auf Wanderwegen könnten und müssten nicht sämtliche Gefahren ausgeschlossen werden. „Würde man eine völlige Gefahrlosigkeit der Wanderwege fordern, müsste man auf reizvolle Routen im Bergland ebenso wie auf einsame Waldpfade im Flachland aus Haftungsgründen verzichten“, so Löffler.

Das Risiko beim Wandern muss jedem klar sein

Thales Bürgermeister Thomas Balcerowski war nach eigenen Angaben bei der mündlichen Verhandlung dabei. „Das Gericht hatte die Entscheidung bereits angedeutet“, berichtet er auf MZ-Anfrage. Der Rathauschef misst dem Urteil „grundsätzliche Bedeutung“ bei. „Wir sind mit der Naturkatastrophe Waldsterben konfrontiert, der Forstbetrieb warnt vor dem Betreten der Wälder.“ Das Risiko beim Wandern müsse daher jedem klar sein.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger hat die Möglichkeit, binnen eines Monats Berufung zum Oberlandesgericht Naumburg einzulegen.

Das hatte im Februar vergangenen Jahres bereits die Klage eines 79-jähriger Braunschweigers abgewiesen. Der Mann war im März 2017 auf einem verschneiten und als Loipe gekennzeichneten Weg oberhalb von Schierke gestürzt. Er hatte mindestens 7.000 Euro Schmerzensgeld gefordert. Das Landgericht Magdeburg hatte es zunächst als erwiesen angesehen, dass es dort kein Schild gebe, das Wanderer darauf hinweise, dass sie ihren Weg nicht fortsetzen dürften. Die Nationalparkverwaltung, die das Land in dem Verfahren vertrat, hatte auf die Loipenbeschilderung an den Waldeingängen verwiesen. Das Urteil sorgte für Aufsehen, von amerikanischen Verhältnissen war die Rede.

Das Land habe seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt, urteilte das Oberlandesgericht im Juli 2019. Der Weg sei klar als Skiloipe gekennzeichnet, also gar nicht für die Benutzung durch Wanderer gedacht gewesen, erklärte ein OLG-Sprecher. (mz)

So berichtete die Mitteldeutsche Zeitung am 16. Juli 2018.
So berichtete die Mitteldeutsche Zeitung am 16. Juli 2018.
Redaktion