Rappbode-Talsperre Im Tunnel der Rappbode-Talsperre bei Rübeland: Lärm von Motorrädern sorgt für Ärger

Rübeland - Ein lauter Knall zerfetzt die Luft, dann herrscht plötzlich absolute Stille. So muss es sich für Josef Köhne angehört haben, als er im Tunnel an der Rappbodetalsperre ein Knalltrauma erlitt. „Danach habe ich zunächst überhaupt nichts mehr gehört“, schildert der 65-Jährige aus dem Kreis Höxter seine Erfahrung.
Seine Frau bewegte den Mund, aber es schien kein Ton herauszukommen. Schuld war eine wortwörtlich ohrenbetäubende absichtliche Fehlzündung eines Motorradfahrers im Tunnel, der den Schall reflektiert.
Motorradfahrer sind hin und her im Tunnel unterwegs
Rund 50 Biker waren an jenem Samstag Mitte Oktober auf Harleys und ähnlichen Gefährten in und an dem Tunnel unterwegs, berichtet Köhne. „Wohl an die 20 davon sind immer und immer wieder im Tunnel hin- und hergefahren.“ Auf dem Hinterrad hätten sie die Schwellen vor dem Tunnel überfahren. „Ich hatte den Eindruck, dass sie dabei auch mit Sicherheit zu schnell unterwegs waren“, fügt Köhne hinzu.
Die Rüttelstreifen verkürzen Rasern auf der Staumauer seit 2015 die „Rennstrecke“, erklärt Nadine Sünnemann, Kriminalhauptkommissarin im Polizeirevier Harz. „Seit Jahren macht der Polizei die Tuningszene Probleme, die den Tunnel als Soundröhre bezeichnet und in sozialen Netzwerken mit Videos für Treffen wirbt“, erläutert die Polizistin.
Rüttelstreifen sollen Motorräder bremsen
An dem Wochenende habe die Polizei zahlreiche Beschwerden von Touristen registriert, die sich von der Lautstärke der Biker und Tuner beeinträchtigt fühlten.
Die Fahrer machen einen Lärm, der ohne Umbauten am Fahrzeug nicht entstehen könnte: „Um das Geräusch zu verstärken, wird vorher verbotenerweise der Absorber, auch Dezibel-Killer genannt, ausgebaut“, sagt Sünnemann.
„Andere Verkehrsteilnehmer, insbesondere Fußgänger, werden gefährdet“
Auf dem glatten Asphalt geben Biker und Tuning-Fans Gas und lassen die Motoren aufheulen. Die Betonwände verstärken das Geräusch zusätzlich. In der Regel überschreiten die Krachmacher dabei die Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde im Tunnel.
„Durch diese Aktionen werden andere Verkehrsteilnehmer, insbesondere Fußgänger, gefährdet“, erklärt die Polizistin.
Bei Josef Köhne hinterließ der Knall zum Glück keine schwere Verletzung: Eine Infusion stellte sein Gehör wieder her. „Darum geht es mir gar nicht hauptsächlich“, stellt er klar.
„Viel wichtiger ist, dass auch viele Eltern mit kleinen Kindern diesen Ort besuchen. Sie könnten bei so etwas bleibende Schäden davontragen.“ Er fordert ein härteres Vorgehen.
65-Jähriger fordert Kameras und Lärmmessungen
Seiner Meinung nach sollten Kameras installiert und der Lärm im Tunnel regelmäßig gemessen werden. „In Deutschland ist es gegen das Gesetz, aus Jux und Dollerei immer wieder hin- und herzufahren“, weiß er.
Laut Straßenverkehrsordnung ist die Ordnungswidrigkeit mit einem Verwarngeld von 20 Euro zu ahnden. Dafür muss man den Unruhestiftern ihr Tun aber erst nachweisen, und die haben laut Köhne ihre Tricks: „Sie fahren ohne Licht, damit man im Tunnel das Kennzeichen schlecht erkennen kann.“
Kreis, Stadt, Harzdrenalin und Polizei berieten mehrmals darüber
Mehrere Gespräche zu dem Problem gab es bereits zwischen Landkreis, Stadt Oberharz, Hängebrückenbetreiber „Harzdrenalin“ und der Polizei, wobei auch die für Fußgänger stellenweise gefährliche Parksituation zur Sprache kam (die MZ berichtete).
Drei Großkontrollen in diesem Jahr stellten bei knapp 10.000 Autos, die an den Tagen über die Rappbode-Talsperre fuhren, 278 Verkehrsverstöße fest, davon 112 Geschwindigkeitsverstöße. 30 Fahrer mussten ihren Wagen an der Staumauer stehen lassen.
„Des Weiteren hat die Polizei nicht nur geplante Aktionen in diesem Bereich, sondern hat die Rappbodetalsperre auch als einen Schwerpunkt während der Streifentätigkeit festgelegt“, erklärt Nadine Sünnemann.
Da Rüttelstreifen im Innern des Tunnels rechtlich nicht möglich sind, schlägt sie vor, den Wanderweg zwischen Parkplatz und Staumauer für Gehbehinderte und Kinderwagen auszubauen. Sie betont: „Der Tunnel sollte für Fußgänger gesperrt werden.“ (mz)