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Hospizdienst Hospizdienst "Hoffnung" in Ballenstedt: 50 Ehrenamtliche begleiten Sterbende

Von Sophie Elstner 25.11.2017, 11:55
Brita Frensel (links) und Kristin Gloger koordinieren alle Aufgaben.
Brita Frensel (links) und Kristin Gloger koordinieren alle Aufgaben. Chris Wohlfeld

Ballenstedt - Wenn ein Leben zu Ende geht, ist das eine Zeit der Hoffnungslosigkeit, der Veränderung, der Trauer, der Hilflosigkeit und vielleicht auch der Wut. Eine außergewöhnliche Situation, für die es außergewöhnliche Menschen gibt: die Begleiter des Hospizdienstes Ballenstedt, der sein Zuhause in der Lungenklinik hat.

Damit ist der Hospizdienst Ballenstedt einer von 25 Diensten im Land, zwei von ihnen kümmern sich ausschließlich um schwerstkranke und sterbende Kinder und ihre Angehörigen. Nach Angaben des Hospiz- und Palliativverbandes Sachsen-Anhalt (HPV) sind sowohl die Begleitzahlen der ambulanten Dienste als auch die Zahl der ausgebildeten Ehrenamtlichen und auch der Koordinatoren gestiegen. Über die ambulanten Hospizdienste wurden 2016 weit mehr als 800 Menschen begleitet.

„Wir werden von Ärzten, Angehörigen und Pflegeheimen angefragt"

50 ehrenamtliche Männer und Frauen stehen den Patienten im Altkreis Quedlinburg in ihren letzten Monaten, Wochen, Tagen, Stunden bei. „Wir werden von Ärzten, Angehörigen oder den Pflegeheimen angefragt, wenn ein sterbender Mensch oder seine Familie Hilfe braucht“, erklärt Brita Frensel. Sie ist leitende Koordinatorin des Hospizdienstes „Hoffnung“ in Ballenstedt. Dieser kümmert sich nicht nur um die Patienten, die auf der Palliativstation der Lungenklinik behandelt werden, sondern auch um schwer kranke Menschen zu Hause.

Eine oder zwei Stunden in der Woche kommen die Begleiter zu den Patienten. „Wir schenken Zeit“, sagt Brita Frensel. Vor allem den Familienangehörigen, die sich manchmal nicht mehr trauen, das Haus zu verlassen. „Wie geben ihnen die Chance, Zeit für sich zu nutzen und Kraft zu schöpfen, ohne dass sie sich Gedanken machen müssen“, sagt die Koordinatorin. Selbst wenn das nur ein Friseurbesuch oder der Wocheneinkauf ist. Jederzeit dürften Angehörige anrufen, wenn sie unsicher seien und Hilfe bräuchten.

Der Hospizbegleiter  oder  die -begleiterin wird dabei ein Familienmitglied auf Zeit. „Obwohl die Ehrenamtlichen nur ein Mal in der Woche vorbeikommen, entsteht schnell eine Bindung“, weiß Kristin Gloger, ebenfalls Koordinatorin des Hospizdienstes. Dadurch würden sie aber Veränderungen mitbekommen, die Angehörigen vielleicht nicht auffallen. „Wenn ein Patient schwächer auf den Beinen ist oder an Gewicht verloren hat, bemerken das die Begleiter häufig eher“, sagt Kristin Gloger.

Schulungen über Recht, Pflege, Schmerztherapie und Spiritualität

Die beiden Koordinatorinnen unterstützen die Ehrenamtlichen nach allen Kräften. „In einer Grundausbildung werden die Männer und Frauen zwar geschult, aber in der Finalphase arbeiten wir auch häufig alle zusammen“, erklärt Brita Frensel. Nachdem der Patient verstorben ist, hat sein Begleiter erst einmal Pause. „Wir geben unseren Ehrenamtlichen die Zeit, die sie brauchen“, sagt die Koordinatorin. „Viele kommen allerdings schon wenig später wieder zu uns und möchten den nächsten Fall übernehmen“, weiß sie aus Erfahrung.

Bevor die Ehrenamtlichen Männer und Frauen allerdings selbst Patienten betreuen dürfen, absolvieren sie eine mehrmonatige Grundausbildung. Hier geht es nicht nur um das Thema Tod. „Vor allem erfahren die Kursteilnehmer etwas über rechtliche Fragen, Kommunikation, Pflege, Schmerztherapie, künstliche Ernährung, Rituale und Spiritualität“, sagt Brita Frensel.

Aktuell läuft ein Kurs, darin enthalten sind auch mehrere Stunden Praktikum in einem Hospiz oder einem Palliativ-Pflegedienst. Im Juni 2018 sollen die Teilnehmer ihre Zertifikate bekommen. Im Jahr 2019 wird dann ein neuer Kurs starten, Interessierte können sich auch jetzt schon beim Hospizdienst melden. Die Teilnahme ist kostenfrei. „Allerdings erwarten wir als Gegenleistung, dass der- oder diejenige dann mindestens zwei Jahre im Hospizdienst mitarbeiten“, so Frensel.

Herz, Gefühle und Empathie sind wichtig

Dafür bekommen die Männer und Frauen - jeden Alters, jeder Berufsgruppe - unter anderem Supervision. Sie werden also von den beiden erfahrenen Koordinatorinnen betreut, bekommen Hilfe bei Fragen. „Unsere Ehrenamtlichen sollten vor allem Zeit mitbringen, dazu eine große Portion Herz, Gefühle und Empathie“, sagt Kristin Gloger. Ein Mal im Jahr verbringen alle Hospizhelfer ein gemeinsames Wochenende miteinander.

Die Leistungen des Hospizdienstes sind für Patienten und angehörige kostenfrei - gerade deshalb ist der Hospizdienst aber auf Spenden angewiesen.

Die Ehrenamtlichen des Hospizdienstes kümmern sich nicht nur um sterbende, schwer kranke Menschen. Sie besetzen auch das Bereitschaftshandy, helfen im Büro und betreiben Öffentlichkeitsarbeit. Zwei Programme, „Hospiz macht Schule“ und „Hospiz macht Schule weiter“ sind speziell für Schulklassen entwickelt, die Ehrenamtlichen dafür gesondert ausgebildet.

Gespräche mit Kindern über Verlust und Trauer

„Mit Hospiz macht Schule gehen wir in die vierten Klassen“, sagt Frensel. Auch das sei eine Zeit des Abschieds, wenn sich Kinder, die jahrelang zusammen gelernt haben, plötzlich aufgrund verschiedener Schulformen trennen müssen. Eine ganze Projektwoche drehe sich dann rund um die Themen Verlust, Trauer, Weinen und den Umgang damit.

Auch unter Erwachsenen sei das Thema Tod und Hospiz nach wie vor ein Tabuthema. „Viele sagen, das trifft mich doch noch nicht in den nächsten Jahren, ich will gar nicht darüber nachdenken“, sagt Brita Frensel. Dabei sei es sinnvoll, sich frühzeitig Gedanken über den letzten Weg zu machen, Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten zu verfassen oder sogar schon Wünsche zur eigenen Beerdigung festzuhalten. „Das hilft der Familie sehr in der schweren Zeit, die sie dann erleben wird“, sagt die Koordinatorin.

Kontakt zum Hospizdienst „Hoffnung“ in Ballenstedt unter Telefon 039483/7 01 44 oder per Mail unter [email protected] (mz)