Kooperation Herrenlose Tiere in Harzgerode: Feuerwehren, Ordnungsamt und Hundesportler kümmern sich um Streuner

Harzgerode - Einer der ausgebüxten Hunde ist in einem fremden Garten auf die Poolabdeckung getreten und ging noch während des Einsatzes – unfreiwillig – baden. Ein anderer kam aus den Niederlanden. Unter Berücksichtigung aller Klischees klapperten die Helfer auf der Suche nach Frauchen und Herrchen die Campingplätze ab.
Und auch der Labrador, der erst vor Kurzem allein durch Harzgerode streifte und sich letztlich mit einer Bockwurst ködern ließ, war ein Fall für die Tierrettung. Anfang 2018 ist sie in der Stadt in Abstimmung mit den zuständigen Behörden neu organisiert worden.
Tierrettung im Raum Harzgerode ist seit Anfang 2018 neu organisiert
Seitdem gab es 17 Einsätze, weil irgendwo ein Hund entlaufen war oder ein entlaufener Hund gesichtet wurde. Das seien nicht auffällig viele oder wenige, sondern entspreche dem Aufkommen, mit dem man von Anfang an gerechnet habe, sagt Christian Herzer, Sachgebietsleiter Ordnungsverwaltung.
Ein Fundtier unterzubringen gehört zu den Pflichtaufgaben einer Kommune. Die einigt sich in der Regel mit einem Tierheim, das einspringt und für die Unterbringung eine Aufwandsentschädigung bekommt.
Im Landkreis Harz gibt es drei Tierheime – in Quedlinburg, in Halberstadt und in Derenburg. In Harzgerode hat man vor geraumer Zeit beschlossen, einen anderen Weg zu gehen. Hier kümmern sich die Ordnungsverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Hundesportverein und der Freiwilligen Feuerwehr Königerode um entlaufene Hunde.
Herzer spricht von der einzigen tierheimähnlichen Einrichtung im Landkreis. Die Idee sei eigentlich aus der Not heraus geboren worden, „wir brauchten eine eigene Lösung“, sagt Herzer. Verschiedene Gründe spielten rein – die Entfernung zu den Tierheimen, deren Auslastung.
Die Kooperation von Ordnungsamt, Feuerwehren und Hundesportverein funktioniert sehr gut
Nach anderthalb Jahren fällt die Bilanz nun positiv aus: „Das funktioniert erfolgreich“, so Bürgermeister Marcus Weise (CDU), „alle Beteiligten leisten eine tolle Arbeit.“ Herzer sagt, dass diese Lösung für alle angenehm sei, auch für die Tiere, da lange Transportwege wegfielen. Und er geht auf die 100-prozentige Erfolgsquote ein.
Theoretisch dürften die Hunde bis zu vier Tage in den Zwingern des Hundesportvereins bleiben, „die Zeit haben wir aber noch nie ansatzweise ausgenutzt“, in der Regel vergingen nur wenige Stunden, bis sich Tier und Halter wiedergefunden hätten.
„Die Freude der Halter zu erleben ist was sehr Schönes“, sagt Annegret Helmhold, die Vorsitzende des Harzgeröder Hundesportvereins. „Und die Freude ist auch auf unserer Seite, wenn der Halter seinen Hund wieder mit nach Hause nehmen kann“, so Herzer.
„Die Freude der Halter zu erleben ist was sehr Schönes“, sagt Annegret Helmhold
Länger als eine Nacht blieb noch kein Hund in der Tierauffangstation. Zu den Übernachtungsgästen gehörte der Labrador von neulich. Zunächst begab sich Herzer allein auf die Suche, im zweiten Anlauf entdeckte er den Ausreißer, konnte ihn „dingfest“ machen, rief aber die Feuerwehrleute zur Unterstützung hinzu, weil der Hund verängstigt war.
„In 15 Minuten sind sie vor Ort.“ Und auch der Hundesportverein wurde - wie immer in solchen Fällen - informiert, dass er unter Umständen gleich Besuch bekommt, sich die Mitglieder abstimmen können.
Unmittelbar nach dem Einsatz lief dann über private Kanäle im Internet die Suche an: Das Bild vom Hund verbreitete sich auf Facebook rasend schnell. Am nächsten Tag wurde er abgeholt.
Die Retter schafften sich einen klimatisierten Tiertransportanhänger an, gepolstert und gut ausgestattet
Auf ihre künftigen Einsätze bereiteten sich die Helfer damals akribisch vor: Ein Tiertransportanhänger wurde angeschafft. Der sei klimatisiert und gepolstert, und an Bord habe man alles, was man so brauche, sagt Feuerwehrmann Kai Stets, der das in der Umgebung einmalige Projekt damals mit auf den Weg brachte, und zählt auf:
Handschuhe und Maulkörbe, Leckerli und ein Lesegerät. Denn in Sachsen-Anhalt müssen alle ab dem 1. März 2009 geborenen Hunde gechippt sein. Aber nicht nur materiell sind die Tierretter ausgestattet: Sie holten sich in Vorbereitung auf die neue Aufgabe auch einen erfahrenen Hundetrainer ins Boot.
Ein Hundetrainer zeigte den Rettern, wie sie Tiere einfangen können
Der zeigte ihnen nicht nur, wie man, wenn sie erforderlich ist, eine Fangstange einsetzt. „Wir haben gelernt, auf das Tier zuzugehen, seine Zeichen richtig zu deuten“, sagt Tino Hahn, der stellvertretende Ortswehrleiter von Königerode.
Doch was ist zu tun, wenn einer, der kein Tierretter ist, einen entlaufenen Hund findet? Er ist angehalten, den Fund den Behörden zu melden. Das kann wochentags das Ordnungsamt sein – weil das Tier rein rechtlich eine Fundsache ist. In Harzgerode ist das Ordnungsamt montags bis freitags unter 039484/7 47 63 05 zu erreichen.
Wer im konkreten Fall zuständig ist, wissen aber auch die Rettungsleitstelle und die Polizei. Finder sollten sich keinesfalls selbst in Gefahr bringen, den Hund nicht anfassen, rät Helmhold. Wer es sich zutraue, könne versuchen, ihn mit Futter zu locken, am besten eine Futterspur legen in einen Raum, der sich verschließen lasse. (mz)
