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Hedersleben Hedersleben: Heucke-Dampflug im Einsatz in der alten Heimat

Von Andreas Bürkner 21.08.2016, 15:50
 Mit dabei waren Andreas Heuckes Enkel Dietrich Heucke und des Erfinders Urururenkel Jakob. Sie durften auf dem Kipppflug mitfahren.
 Mit dabei waren Andreas Heuckes Enkel Dietrich Heucke und des Erfinders Urururenkel Jakob. Sie durften auf dem Kipppflug mitfahren. Chris Wohlfeld

Hedersleben/Hausneindorf - „Nur noch zwei Dampfseilpflüge sind wirklich funktionstüchtig“, weiß Dietrich Heucke. Als er kürzlich zu seinen Wurzeln zurückkehrte, seine ersten Lebensjahre verbrachte er in Hausneindorf, erlebte er hinter der Agrargenossenschaft Hedersleben, wie zwischen zwei stählernen Kolossen am Feldrain ein Pflug Furche um Furche in ein Stück Acker zog. Für den inzwischen in Nürnberg lebenden Ruheständler verbanden sich damit spezielle Erinnerungen.

„Dass ich die Maschinen noch mal in der alte Heimat im Einsatz sehe, ist schon etwas ganz besonderes“, erklärte der Nachfahre des Erbauers stolz. Sein Großvater Benno Heucke hatte diesen Dampfpflug-Satz , bestehend aus zwei Antriebsmaschinen mit den Nummern 743 und 744 und einem Pflug, 1928 in Gatersleben gebaut. Dietrich Heucke: „Als kleiner Junge bin ich noch auf solchen Geräten herumgeturnt.“

Das Schild „A. Heucke Dampfpflug-Lokomotiv-Fabrik Gatersleben“ an der Stirnseite des Druckbehälters weist indes auf den Firmengründer Andreas Heucke hin, der auf seinem Hof in Hausneindorf 1884 erstmals selbst einen modernen Dampfseilpflug baute. Zuvor hatte der Sohn eines Landwirts im Dorf mit einer solchen aus England importierten Maschine 1870 zunächst ein Lohn-Pflugunternehmen gegründet.

Eisenbahnanschluss inklusive

Nach Andreas Heuckes Tod 1904 übernahm Sohn Benno die Leitung und verlegte die Produktion aus Kapazitätsgründen nach Gatersleben. Das Nachbardorf besaß für die Versendung der Dampfpflüge in die weite Welt, darunter nach Indien, Namibia und Sumatra, zudem einen Eisenbahnanschluss.

Dietrich Heuckes Vater Ulrich folgte als Chef dem gesundheitlich angeschlagenen Benno. Allerdings wurde er 1945 denunziert und verhaftet - bis heute ist sein Schicksal ungeklärt. Mit der Enteignung und dem Umzug der Familie 1950 in den Westen endete Heuckes Dampfpfluggeschichte, die auch in der Heimatstube auf der Hausneindorfer Burg dargestellt ist.

Schon vorher war aus der Lokomotivenproduktion in Gatersleben ein Volkseigener Betrieb (VEB) geworden - für Baumaschinen. Auf dem Hof in Hausneindorf, auf dem einst alles begann, befindet sich heute die Kindertagesstätte.

„Mit dem technischen Fortschritt durch die Dampfturbinen konnten Ochsen und Pferde auf dem Acker ersetzt werden“, erklärt Lutz Trautmann, Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Hedersleben. Er besorgte für das Hoffest der Firma die alte Technik und nutzte dabei auch Dietrich Heuckes Kontakte.

„Wir zeigen die alten Maschinen vorwiegend im Osten, aber auch in Bayern“, kann Georg Sandbichler vom Agrarausbildungszentrum Landshut einiges über das Leben dieser Dampfpflug-Lokomotiven erzählen. „Von 1928 bis 1963 wurden sie in Bayerns Landwirtschaft eingesetzt, dann sollten sie verschwinden.“ Längst hatten starke Traktoren die Dampfrösser abgelöst. Die Uni München hatte kein Interesse, also holte sich die Schule für Landwirte die Technik. Sandbichler: „Jahrelang stand alles nur herum und rostete vor sich hin.

Häufig in der Börde

Ab 1981 haben wir begonnen, es wieder in Schuss zu bringen - bis 1984.“ Damit begannen die Vorführungen. „Einmal ging es sogar nach Österreich“, sagt der Bayer mit wunderbarem Dialekt. „So nah wie diesmal waren wir aber noch nie am Herkunftsort des Pfluges“, betont Sandbichler, dem im Osten „das große Interesse und viele persönliche Erinnerungen der Besucher“ aufgefallen sind.

Häufiger sind sie in der Börde. „Dort war die Technik im 19. Jahrhundert zum tiefen Pflügen des Bodens für den Zuckerrüben- und Kartoffelanbau eine große Erleichterung“, sagt er. Zwischen den mit Seilwinde verbundenen Dampfrössern, jedes etwa 23 Tonnen schwer, hält der Lenker den Fünfschar-Kipppflug in der Furche.

In Hedersleben kam nicht nur die Technik, sondern auch das Bedienpersonal aus Bayern. Natürlich durfte sich auch mal ein Besucher auf dem Zweitsitz platzieren, wie der elfjährige Jakob. „Das ist richtig spannend“, fand dieser, während Dietrich Heucke erklärte: „Das ist mein Enkel. Er soll kennenlernen, was in unserer Familie früher gebaut wurde.“ Ob Jakob später wie sein Großvater, der Maschinenbau studierte, in die technisch geprägten Fußstapfen der Vorfahren tritt, ist aber noch offen. (mz)

Georg und Markus Sandbichler montierten die Ringeisen
Georg und Markus Sandbichler montierten die Ringeisen
Chris Wohlfeld
Der Kipppflug
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Chris Wohlfeld