1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Harz
  6. >
  7. Hausarztpraxis in Thale: Hausarztpraxis in Thale: Christine Grönick schloss nach 41 Jahren ihre Praxis

Hausarztpraxis in Thale Hausarztpraxis in Thale: Christine Grönick schloss nach 41 Jahren ihre Praxis

Von Detlef Horenburg 08.03.2017, 06:55
Christine Grönick (Mitte) , Nachfolgerin Enikö-Ana Dumitru und ihr Team: Schwester Iris, Schwester Kerstin und Schwester Antje (v.l.).
Christine Grönick (Mitte) , Nachfolgerin Enikö-Ana Dumitru und ihr Team: Schwester Iris, Schwester Kerstin und Schwester Antje (v.l.). Wohlfeld

Thale - Das Praxisschild ist zwar noch an der Hausfassade befestigt, doch Christine Grönick hat schon seit Jahresanfang ihren Arztkittel nicht mehr angezogen. Die Diplommedizinerin hat diesen nach 41 Jahren als Allgemeinmedizinerin an den Haken gehängt.

„Seit Januar bekomme ich Rente“, sagt die 65-Jährige.

Eine Institution geht in den Ruhestand

Für viele Menschen in der Region in und um Thale trat damit eine Institution in den Ruhestand. Viele, die bereits als Kind in die Sprechstunde kamen, kamen zuletzt mit ihren Enkeln.

„Gerade dieser enge, familiäre Kontakt macht den Reiz eines Hausarztes gegenüber eines Klinikarztes aus“, meinte sie.

Die Türen der Arztpraxis in der Stephanstraße 1 in Thale bleiben allerdings für sie weiter offen. Die Nachfolge ist nämlich mit der promovierten Medizinerin Enikö-Ana Dumitru gesichert.

Die 34-Jährige aus Rumänien stammende Allgemeinmedizinerin arbeitete zuvor im Harzklinikum Blankenburg als Fachärztin in der Geriatrie.

Der Wechsel erfolgte schleichend

Der Wechsel in der Praxis erfolgte schleichend. „Ich hatte schon immer vor, eine eigene Praxis zu eröffnen, bin aber davor immer wieder zurückgeschreckt“, sagte die Mutter einer zweijährigen Tochter.

Vor einem Jahr erfuhr sie dann über das Medizinische Versorgungszentrum des Klinikums, dass in Thale eine Arztpraxisnachfolge gesucht wird. Im Juli nahm Christine Grönick sie schließlich unter ihre Fittiche, arbeitete die junge Ärztin ein. So konnten sich Ärztin und Patienten schon langsam einander gewöhnen.

„Ich habe hier eine gut funktionierende Praxis vorgefunden, das Team ist professionell“, lobt Enikö-Ana Dumitru das Klima. Das sehen vermutlich auch die Patienten so: Sie vertrauen Grönicks Nachfolgerin und ihrem Team.

Eine waschechte Thalenserin

Christine Grönick ist waschechte Thalenserin. Hier ging sie zur Schule, legte ihr Abitur ab. Neben der Hochschulzugangsberechtigung gab es noch etwas Wichtiges mit auf den Weg: einen Berufsabschluss. Sie lernte nebenher Elektromonteur.

Doch in der 11. Klasse stand für sie fest: „Ich will kein Ingenieurstudium aufnehmen, sondern Ärztin werden, um so kranken Menschen helfen zu können.“ So studierte sie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) Humanmedizin, schloss es 1975 mit dem Staatsexamen und der Approbation ab. Danach folgte die Facharztausbildung für Allgemeinmedizin an der Poliklinik-Süd in Halle, heute als Klinik Bergmannstrost bekanntes Lehrkrankenhaus der MLU. Promoviert hat sie nie, bedauert die Diplommedizinerin rückblickend. Dafür war einfach keine Zeit mehr.

1978 ging es nämlich zurück in die Bodestadt. An ihren ersten Arbeitstag in der Poliklinik in der Rudolf-Breitscheid-Straße kann sie sich genau erinnern: Es musste ein Herzinfarkt behandelt werden.

Bis zur Wende Betriebsärztin

Bis zur Wende arbeitete sie als Facharzt für Allgemeinmedizin in den Vereinigten Gesundheitseinrichtungen der Stadt und des Eisenhüttenwerkes - eine Art Poliklinik mit Betriebsärzten, die auch für die Einwohner zuständig waren. „Wir waren schon ein gutes Kollektiv“, blickt sie zurück.

Heute gibt es wieder Medizinische Versorgungszentren in der Region. Viele ihrer damaligen Kollegen wollten nach der Wende zusammenbleiben, erinnert sie sich.

Damals hätten die Berater aus den alten Bundesländern dem Poliklinikmodell aber keine Chance gegeben. Die Zukunft würde in den Einzelpraxen, also in den freien Niederlassungen für Hausärzte liegen. „Und wir haben es so auch geglaubt“, gesteht sie.

So gründet die Thalenserin 1991 also ihre eigene Arztpraxis. Seit 1995 befindet die sich in der Stehpanstraße. Der bürokratische Aufwand stieg enorm. Die 60-Stunden-Woche wurde zur Regel.

Am Arbeitstag läutet um 5.30 Uhr der Wecker. In dieser Situation, so lobt sie, war es gut, dass man sich auf das Schwesternteam verlassen konnte. Zu den Mitarbeiterinnen der ersten Stunde zählt Schwester Kerstin, erinnert sie sich.

„Wir haben ein sehr gutes Arbeitsklima. Jede Schwester weiß, was sie selbstständig erledigen darf und was Arztsache ist.“ Klar, sei ihr der Abschied schwer gefallen, gesteht Christine Grönick. „Aber ich bin beruhigt, dass alles ordentlich weitergeht, die Patienten gut versorgt werden.“

Keines ihrer Kinder trat in ihre Fußstapfen

Arzt sei keines ihrer beiden Kindern geworden. Sie habe sie auch nie in diese Richtung gedrängt. Die Tochter wurde Humanbiologin, den Sohn hat es in die IT-Branche verschlagen.

Den ersten freien Tag als Rentner nutzte sie übrigens zum Ausschlafen - bis sieben Uhr. „Ich bleibe halt ein Frühaufsteher“, schmunzelt sie.

Was will sie nun in der vielen Freizeit anfangen? „Englisch lernen“, kommt es ihr prompt über die Lippen. Damit sie sich besser verständigen kann, wenn der Computer mal wieder eine Fehlermeldung anzeigt. Und ihrem Hobby will sie verstärkt nachgehen: dem Lesen von historischen Romanen. Häufiger als bisher soll es auch zu Konzerten nach Leipzig ins Gewandhaus gehen.

Klar, die beiden Enkel werden jetzt ebenfalls öfters Oma und Opa zu sehen bekommen. Und die weite Welt wollen Grönicks erkunden. Spontan, ohne Termindruck. So ging es dieser Tage nach Gran Canaria. Und dann wartet da noch der Abschiedsgutschein ihres Praxisteams, über den sie sich riesig gefreut hat, wie sie gestand, auf seine Einlösung: Ein Wellnessurlaub für zwei Personen in Bad Sachsa. (mz)