Harzsparkasse Harzsparkasse will Filiale in Neinstedt bei Thale schließen: Ortschaftsrat ruft zum Protest auf

Neinstedt - Der Neinstedter Ortschaftsrat ruft zu einer Demonstration auf: Hintergrund sind die Pläne der Harzsparkasse, ihre Geschäftsstelle im Ort zu schließen.
Am Freitag, 22. November, soll von 14 bis 14.30 Uhr für den Erhalt einer Bargeldversorgung im Ort demonstriert werden, sagt Heiko Marks (Bürgerliste), stellvertretender Ortsbürgermeister, und verweist auf den Aufruf des Rates:
„Wir wollen den Chefs der Sparkasse sagen: Das geht nicht! Wir wollen unser Geld in Neinstedt holen. Gebt uns einen Geldautomaten in Neinstedt“, heißt es hier.
Wie Heiko Marks weiter sagt, wurde auch eine Unterschriftensammlung begonnen. Der Aufruf des Rates ist in leichter Sprache formuliert: In Neinstedt leben auch viele Menschen mit einer Behinderung, „die auf eine Versorgung mit Bargeld vor Ort angewiesen sind“, erklärt Heiko Marks; der Ortschaftsrat sei daher auch mit dem Bewohnerbeirat und dem Werkstattrat der Evangelischen Stiftung Neinstedt in Kontakt.
„Hier leben viele Menschen, die auf eine Versorgung mit Bargeld vor Ort angewiesen sind”
Die Neinstedter ist eine von insgesamt fünf Geschäftsstellen - darunter auch die in Ditfurt und in Friedrichsbrunn -, die die Harzsparkasse zum Jahresende schließen will. Der Vorstand hatte die Schließung mit dem veränderten Kundenverhalten begründet:
Kunden kämen nicht mehr in dem Maße in die Geschäftsstellen, um Serviceleistungen in Anspruch zu nehmen, wie das früher der Fall gewesen sei. Hinzu komme die Situation am Zinsmarkt, durch die der Sparkasse Einnahmen fehlten.
Heiko Marks, der zudem Kreistagsmitglied ist und hier eine Anfrage zur Schließung von Geschäftsstellen der Harzsparkasse gestellt hat, verweist auch auf einen offenen Brief: Mit diesem hat sich der Neinstedter Ortschaftsrat an Landrat Martin Skiebe (CDU) gewandt, der auch Vorsitzender des Verwaltungsrates der Harzsparkasse ist.
Durch die Schließung der Geschäftsstelle in Neinstedt würden zahlreiche ältere, teils in ihrer Mobilität eingeschränkte Dorfbewohner von einer Versorgung mit Bargeld ausgeschlossen, heißt es in dem Brief. Hätten bisher alle die Sparkasse problemlos erreichen können, solle nun eine barrierefreie, an drei Tagen insgesamt 14 Stunden geöffnete Geschäftsstelle durch einen Sparkassenbus ersetzt werden, der an zwei Tagen je 1,5 Stunden vor Ort sein solle.
Viereinhalb Stunden Service im Sparkassenbus sollen 14 Stunden Öffnung der Geschäftsstelle ersetzen
Die Alternative sei, mit Bahn oder Bus - und Kosten für die Fahrscheine - nach Thale zu fahren. Das gelte auch für die in Neinstedt lebenden Menschen mit Handicap, „eine größer werdende Anzahl von Personen, die auf ei-
ne eigenständige Lebensführung vorbereitet werden“ - und ein eigenes Konto hätten. Die Schließung der Geschäftsstelle sei „aus vielerlei Gründen die schlechteste Lösung“, schreibt der Ortschaftsrat weiter, der sich „ein positives Signal der Harzsparkasse“ wünscht.
„Das Minimalziel ist, einen Geldautomaten vor Ort zu haben“, sagt Heiko Marks und fügt hinzu: „Die Zeit drängt“; bereits am 13. Dezember solle die Filiale in Neinstedt zum letzten Mal öffnen.
Das „Minimalziel Geldautomat“ unterstreicht auch Hans Jaekel, Pädagogisch-diakonischer Vorstand der Evangelischen Stiftung Neinstedt. Die Stiftung sei schon länger mit der Sparkasse in Kontakt gewesen und habe dabei „deutlich darauf hingewiesen“, dass es für die Menschen mit Behinderung und die Dorfbevölkerung wichtig sei, eine Bargeldversorgung vor Ort zu haben, erklärt Hans Jaekel.
Stiftungs-Vorstand Jaekel ärgert sich, dass vorm Beschluss zur Schließung der Geschäftsstelle nicht über Alternativen gesprochen wurde
Nach Thale zu fahren, sei mit dem Unterstützungs- und Assistenzsystem, das für die Menschen mit Behinderung aufgebaut worden sei, nicht zu leisten. Deshalb sei die Stiftung von dem Beschluss zur Schließung der Geschäftsstelle „schon überrascht“ gewesen; sie hätte erwartet, dass zuvor über Alternativen gesprochen werde, sagt Jaekel und verweist auf das Thema Geldautomat:
„Wir sind bereit als Stiftung, ein Gebäude zur Verfügung zu stellen, dass öffentlich zugänglich ist.“ Hier könnte ein Geldautomat aufgestellt werden, der für die Bevölkerung zu Verfügung stehe.
„Wir möchten gern, dass wir mit dem Sparkassenvorstand einen Kompromiss schließen können“, sagt Hans Jaekel. Deshalb rufe die Stiftung selbst nicht zum Protest auf. Die in den Einrichtungen der Stiftung arbeitenden und lebenden Menschen könnten sich natürlich an dem Protest beteiligen.
„Das passt das einfach nicht zum Trend der gesellschaftlichen Teilhabe“
Hans Jaekel sagt aber auch, dass ihn „in besonderer Weise ärgere“, dass seit mehr als zwei Jahren intensiv über einen inklusiven Harz diskutiert und daran gearbeitet werde, dass Menschen mit Behinderung am öffentlichen Leben teilhaben können. Wenn nun mehr als 400 Menschen mit Behinderung jeder Zugang zu Bargeld abgeschnitten werden solle - dann „passt das einfach nicht zum Trend der gesellschaftlichen Teilhabe“.
Sascha Neuhäuser, Sprecher der Harzsparkasse, bestätigt auf MZ-Anfrage, dass die Geschäftsstelle in Neinstedt am 13. Dezember zum letzten Mal geöffnet habe. An das Aufstellen eines Geldautomaten sei nicht gedacht; der Sparkassenbus werde zweimal pro Woche kommen. „Das reicht unserer Meinung nach aus, um Neinstedt zu versorgen.“ (mz)