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Harzer Schmalspurbahnen Harzer Schmalspurbahnen: Aushängeschilder

08.12.2019, 10:56
Das ehemalige Empfangsgebäude des Hasselfelder Bahnhofs ist heute Sitz der RR Software GmbH.
Das ehemalige Empfangsgebäude des Hasselfelder Bahnhofs ist heute Sitz der RR Software GmbH. Susanne Thon

Quedlinburg - Es gab eine Zeit, da waren Bahnhöfe  Aushängeschilder. Die  Empfangsgebäude - oft prachtvolle Kaiserzeit-Bauten - machten  was her. In und um den Bahnhof, der nicht selten das Erste war, was man von einer Stadt zu Gesicht bekam, tobte das Leben. Inzwischen verkommt vielerorts, was einst der aus Backstein gemauerte Stolz war, weil sich Schalterbetriebe nicht rechnen, keine Bahnbediensteten mehr darin wohnen und  manche  Strecken gar stillgelegt wurden.

„Würde man heute Bahnhöfe bauen, sähen sie  ganz anders aus“, sagt Dirk Bahnsen. Er ist Eisenbahnkenner  und  Sprecher der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB).

Früher tobte in den Bahnhöfen das Leben

Auch an der Schmalspurstrecke gibt es Bahnhöfe, Bahnhöfe, an denen früher das Bahnhofsleben tobte und die heute  anders genutzt werden: In Hasselfelde ist der Bahnhof Hauptsitz der  RR Software GmbH. In Hasserode haben die Schützen Quartier bezogen. In Ilfeld ist die Waldgruppe eines Nordhäuser Kindergartens untergebracht. In Sorge ist das Gebäude vom Grenzmuseum-Verein zu einem Museum umgebaut worden.

In Harzgerode ist das Bahnhofsgebäude Gaststätte,  oben im Haus gibt es eine Ferienwohnung. Als Landgasthaus und Pension kommt  das Empfangsgebäude des Bahnhofs Eisfelder Talmühle daher. Gastronomie gibt es auch in Güntersberge, Drei Annen Hohne, Schierke und am Brockenbahnhof. In Straßberg - hier ist wie  auch in Güntersberge nicht die HSB Verpächter  - wird  der Bahnhof als Wohnhaus genutzt, ebenso in Stiege.

Mehrere Stationen nutzt die HSB selbst, etwa für  Technik.  Auch  Fahrkartenausgaben gibt es  und  „Dampfläden“ - in  Nordhausen Nord  in Kombination mit dem  Stadtwerke-Servicecenter. Im Gebäude  befinden sich  weitere Ladengeschäfte. Das Obergeschoss ist  nicht vermietet.   Auch Gernrode hat einen „Dampfladen“. Die HSB übernahm hier nur die Infrastruktur der Deutschen Bahn - die Strecke wurde 2004 stillgelegt - und baute auf Meterspur um. (mz)

Den Haltepunkt Tiefenbachmühle nutzt die Interessengemeinschaft Harzer Schmalspurbahnen. Und im Mägdesprunger Bahnhof hat sich im Frühjahr eine Korbflechterfamilie niedergelassen.  Dass er verpachtet wurde, „werten wir als Erfolg“, sagt Bahnsen. Zehn  Jahre war das Gebäude vorher ungenutzt. Andere warten noch darauf, aus dem Dornröschenschlaf geholt zu werden, wie das in Alexisbad,   oder darauf, dass es weitergeht:  In Benneckenstein - hier wurde äußerlich saniert - werde ein Pachtvertrag gerade  rückabgewickelt, so Bahnsen.

Die Belebung der leerstehenden Bahnhöfe ist, was der Landkreis Harz und die Städte Quedlinburg und Harzgerode als Gesellschafter jetzt unter anderem  von dem Unternehmen fordern. 

Derzeit wird in den Gremien eine Vorlage diskutiert, in der es um die Finanzierung der HSB geht. Die Gesellschafter sollen  ab 2020 doppelt so viel zahlen wie bisher. Das würden sie grundsätzlich, wollen ihre Zahlung aber an Bedingungen knüpfen.  Zuletzt stand das Thema in den Haupt- und Finanzausschüssen auf der Tagesordnung.

„Eigentlich sind es die Bahnhöfe in Elend und Alexisbad, die leerstehen“, sagt Bahnsen, „alle anderen werden - mehr oder weniger - genutzt.“  In beiden Orten sei es „nicht ganz einfach“, jemanden zu finden. Die Gebäude stehen als Immobilienangebote momentan  nur  auf der Website der HSB.  

Anfragen sind  nicht immer seriös gewesen

„Wir sind uns  bewusst, dass da noch aktiver Werbung betrieben werden muss“, sagt Bahnsen. In Elend gab es mal eine Gaststätte, die Getränke kamen mit einer Modelleisenbahn an den Platz. In Alexisbad war zuletzt nur noch ein Fahrkartenschalter in Betrieb. Aber auch das ist Jahre her.  Anfragen habe es  gegeben, so der HSB-Sprecher, aber die seien nicht seriös gewesen. Architektonisch, sagt  Bahnsen, sei das ein sehr schöner Bahnhof, „man könnte ein Schmuckstück draus machen“.

Allein: Die HSB kann es aus eigener Kraft nicht - und sucht deshalb einen Pächter, dem man  „sehr entgegenkommen“ würde.  Aber „es ist schwer ins Selketal, das Leben reinzubringen, das es  bis in die 1980er Jahre gegeben hat“, sagt Bahnsen. Und er ist überzeugt: „Wenn Alexisbad an der Brockenstrecke liegen würde, würde der Bahnhof nicht mehr leerstehen.“ Sie ist besser frequentiert als die Strecke der Selketalbahn: Rund drei Viertel der Fahrgäste nutzen ihm zufolge die Brockenbahn.

Dabei  mangelt es Alexisbad nicht an Touristen: Nach Angaben der Stadt Harzgerode wurden 2018 knapp 107.000    Übernachtungen verzeichnet.  Im Ortsteil gibt es zwei  Hotels. Mit  denen arbeite man sehr intensiv zusammen, so Bahnsen;  es gebe Pauschalangebote, die HSB-Tickets enthielten. „Wir sind  da offen für Kooperationen.“ (mz)