Harzer Schmalspurbahnen Harzer Schmalspurbahnen: Aushängeschilder

Quedlinburg - Es gab eine Zeit, da waren Bahnhöfe Aushängeschilder. Die Empfangsgebäude - oft prachtvolle Kaiserzeit-Bauten - machten was her. In und um den Bahnhof, der nicht selten das Erste war, was man von einer Stadt zu Gesicht bekam, tobte das Leben. Inzwischen verkommt vielerorts, was einst der aus Backstein gemauerte Stolz war, weil sich Schalterbetriebe nicht rechnen, keine Bahnbediensteten mehr darin wohnen und manche Strecken gar stillgelegt wurden.
„Würde man heute Bahnhöfe bauen, sähen sie ganz anders aus“, sagt Dirk Bahnsen. Er ist Eisenbahnkenner und Sprecher der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB).
Früher tobte in den Bahnhöfen das Leben
Auch an der Schmalspurstrecke gibt es Bahnhöfe, Bahnhöfe, an denen früher das Bahnhofsleben tobte und die heute anders genutzt werden: In Hasselfelde ist der Bahnhof Hauptsitz der RR Software GmbH. In Hasserode haben die Schützen Quartier bezogen. In Ilfeld ist die Waldgruppe eines Nordhäuser Kindergartens untergebracht. In Sorge ist das Gebäude vom Grenzmuseum-Verein zu einem Museum umgebaut worden.
In Harzgerode ist das Bahnhofsgebäude Gaststätte, oben im Haus gibt es eine Ferienwohnung. Als Landgasthaus und Pension kommt das Empfangsgebäude des Bahnhofs Eisfelder Talmühle daher. Gastronomie gibt es auch in Güntersberge, Drei Annen Hohne, Schierke und am Brockenbahnhof. In Straßberg - hier ist wie auch in Güntersberge nicht die HSB Verpächter - wird der Bahnhof als Wohnhaus genutzt, ebenso in Stiege.
Mehrere Stationen nutzt die HSB selbst, etwa für Technik. Auch Fahrkartenausgaben gibt es und „Dampfläden“ - in Nordhausen Nord in Kombination mit dem Stadtwerke-Servicecenter. Im Gebäude befinden sich weitere Ladengeschäfte. Das Obergeschoss ist nicht vermietet. Auch Gernrode hat einen „Dampfladen“. Die HSB übernahm hier nur die Infrastruktur der Deutschen Bahn - die Strecke wurde 2004 stillgelegt - und baute auf Meterspur um. (mz)
Den Haltepunkt Tiefenbachmühle nutzt die Interessengemeinschaft Harzer Schmalspurbahnen. Und im Mägdesprunger Bahnhof hat sich im Frühjahr eine Korbflechterfamilie niedergelassen. Dass er verpachtet wurde, „werten wir als Erfolg“, sagt Bahnsen. Zehn Jahre war das Gebäude vorher ungenutzt. Andere warten noch darauf, aus dem Dornröschenschlaf geholt zu werden, wie das in Alexisbad, oder darauf, dass es weitergeht: In Benneckenstein - hier wurde äußerlich saniert - werde ein Pachtvertrag gerade rückabgewickelt, so Bahnsen.
Die Belebung der leerstehenden Bahnhöfe ist, was der Landkreis Harz und die Städte Quedlinburg und Harzgerode als Gesellschafter jetzt unter anderem von dem Unternehmen fordern.
Derzeit wird in den Gremien eine Vorlage diskutiert, in der es um die Finanzierung der HSB geht. Die Gesellschafter sollen ab 2020 doppelt so viel zahlen wie bisher. Das würden sie grundsätzlich, wollen ihre Zahlung aber an Bedingungen knüpfen. Zuletzt stand das Thema in den Haupt- und Finanzausschüssen auf der Tagesordnung.
„Eigentlich sind es die Bahnhöfe in Elend und Alexisbad, die leerstehen“, sagt Bahnsen, „alle anderen werden - mehr oder weniger - genutzt.“ In beiden Orten sei es „nicht ganz einfach“, jemanden zu finden. Die Gebäude stehen als Immobilienangebote momentan nur auf der Website der HSB.
Anfragen sind nicht immer seriös gewesen
„Wir sind uns bewusst, dass da noch aktiver Werbung betrieben werden muss“, sagt Bahnsen. In Elend gab es mal eine Gaststätte, die Getränke kamen mit einer Modelleisenbahn an den Platz. In Alexisbad war zuletzt nur noch ein Fahrkartenschalter in Betrieb. Aber auch das ist Jahre her. Anfragen habe es gegeben, so der HSB-Sprecher, aber die seien nicht seriös gewesen. Architektonisch, sagt Bahnsen, sei das ein sehr schöner Bahnhof, „man könnte ein Schmuckstück draus machen“.
Allein: Die HSB kann es aus eigener Kraft nicht - und sucht deshalb einen Pächter, dem man „sehr entgegenkommen“ würde. Aber „es ist schwer ins Selketal, das Leben reinzubringen, das es bis in die 1980er Jahre gegeben hat“, sagt Bahnsen. Und er ist überzeugt: „Wenn Alexisbad an der Brockenstrecke liegen würde, würde der Bahnhof nicht mehr leerstehen.“ Sie ist besser frequentiert als die Strecke der Selketalbahn: Rund drei Viertel der Fahrgäste nutzen ihm zufolge die Brockenbahn.
Dabei mangelt es Alexisbad nicht an Touristen: Nach Angaben der Stadt Harzgerode wurden 2018 knapp 107.000 Übernachtungen verzeichnet. Im Ortsteil gibt es zwei Hotels. Mit denen arbeite man sehr intensiv zusammen, so Bahnsen; es gebe Pauschalangebote, die HSB-Tickets enthielten. „Wir sind da offen für Kooperationen.“ (mz)