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Handarbeit in Westerhausen Handarbeit in Westerhausen: Alles Käse!

Von Sabine Herforth 08.02.2018, 08:55
Peter Gropengießer freut sich, dass sein Hofladen zu einem der 95 Favoriten gekürt wurde.
Peter Gropengießer freut sich, dass sein Hofladen zu einem der 95 Favoriten gekürt wurde. Archiv/Thomas Tobis

Westerhausen - Mit der Hand fährt Peter Gropengießer prüfend über den Käselaib. Sein erster Harzer Bergkäse - aus der Milch von Harzer Rotem Höhenvieh - scheint sich gut zu entwickeln, die Rinde ist genau so, wie es sich der 51-Jährige vorgestellt hat.

Mit im Regal liegen kleinere Käselaibe. Alle sind noch zu jung, um schon auf dem Frühstücksbrot zu landen.

Bis es soweit ist, werden sie jeden Tag mit einer Bürste abgewaschen und gedreht, erzählt Gropengießer.

Er betreibt in Westerhausen eine kleine Hofkäserei, in der in vielerlei Hinsicht noch „wie früher“ gearbeitet wird.

Handarbeit in Westerhausen: Landwirtschaft ist vorrangig

In erster Linie betreibe er Landwirtschaft. Darüber hinaus hat er aber mittlerweile auch 60 Ziegen und 13 Kühe, die alle gemolken werden. 19.000 Liter Ziegen- und 15.000 Liter Kuhmilch hat Peter Gropengießer 2017 in seinem Betrieb zu Käse verarbeitet.

Aus der Milch der Harzer Ziegen und dem Harzer Roten Höhenvieh wird Weichkäse, Camembert und Hartkäse.

Ein Unikum, denn: „Wir gehören zu den wenigen, die die Harzer Kühe noch melken“, erklärt Gropengießer.

Handarbeit in Westerhausen: Der letzte Ziegekäsehersteller

Harzer Kühe und Ziegen gehören zu den vom Aussterben bedrohten Nutztierrassen, erklärt er. In Sachsen-Anhalt gebe es derzeit nur noch zwei Betriebe, die die Ziegen melken. Er sei vermutlich der Letzte, der aus der Milch Käse herstelle.

Dafür wird die Milch - für die Produktion kauft er in einem anderen Betrieb auch Milch dazu - zunächst bei 65 Grad Celsius pasteurisiert, erklärt Gropengießer. Die dann abgekühlte Milch versetzt er mit Säuerungskulturen und später mit Lab. „Und dann sieht es aus wie Pudding“, sagt der Landwirt und lacht.

Handarbeit in Westerhausen: Weichkäse in zwei Tagen fertig, der Camembert kann sich ausruhen

Mit dünnmaschigen Siebformen werden dann die Laibe aus der Masse herausgelöst und geformt. Nach zwei Tagen ist der Weichkäse bereits fertig. „Der reift ja nicht“, weiß Gropengießer.

Der Camembert darf sich eine gute Woche - je nach Witterung - ausruhen. Und der Hartkäse darf hier auch schon mal mehrere Monate reifen. Einige seiner Käsesorten werden mit einer Kräutermischung oder Boxhornklee verfeinert.

Übertreiben will er es mit dem Experimentieren aber nicht, sagt Gropengießer. „Käse soll nach Käse schmecken“, betont er.

Handarbeit in Westerhausen: Alles begann mit einer Ziege

Alles begann Mitte der 1990er mit einer Ziege. Das Tier sollte ihm damals vor allem das Rasenmähen ersparen, verrät der 51-Jährige. Denn zu DDR-Zeiten hatten seine Eltern das Grundstück gepachtet, bauten Gemüse an, das dann verkauft wurde.

„Mit der Wende wollte keiner mehr unser Gemüse.“ Die Fläche, die Peter Gropengießer später kaufte, blieb unbewirtschaftet, das Gras wucherte. Deshalb wurde eine Ziege angeschafft.

Das Tier musste allerdings gemolken werden, der Grundstein war gelegt.

Handarbeit in Westerhausen: Käserei in Österreich besucht

2003 besichtigten er und seine Frau dann eine Käserei in Österreich und waren schnell überzeugt: „Das können wir auch!“ Ein Jahr später, als die Räume auch den hygienischen Ansprüchen genügten, ging es los mit der Käseproduktion.

Mittlerweile hatte die Familie weitere Ziegen und auch Kühe angeschafft. „So ist das im Laufe der Jahre gewachsen“, erzählt Gropengießer.

In dem kleinen Familienbetrieb greifen ihm heute vor allem seine Kinder und seine Schwiegermutter unter die Arme, nachdem seine Frau - sie kümmerte sich vor allem um die Ziegen - vor zwei Jahren starb.

Handarbeit in Westerhausen: Auf ökologische Landwirtschaft umgestellt

2009 folgte zudem eine größere Veränderung: Der Betrieb stellte auf ökologische Landwirtschaft um, trägt mittlerweile das „Bioland“-Siegel, für das eine Zertifizierung nötig ist.

Eine Entscheidung aus Überzeugung, wie der Landwirt betont.

Für die Harzer Kühe und Ziegen hätten er und seine Frau sich ganz bewusst entschieden, obwohl die Tiere früher häufiger für Gespanne oder auch heute noch als Fleischlieferant genutzt werden.

Sie geben jedoch deutlich weniger Milch als andere Kühe. „Aber es ist von den Inhaltsstoffen etwas ganz anderes als bei einer Holsteinischen Kuh“, erklärt Gropengießer, was ihn überzeugte.

Sie enthalte mehr Fett, Kasein und Eiweiß - genau richtig also für die Käseherstellung.

Handarbeit in Westerhausen: Alles selbst probieren

Bei Familie Gropengießer kommt natürlich nur Käse aus eigener Produktion auf den Tisch. „Ich muss doch probieren, was wir machen“, erklärt der 51-Jährige.

Besonders freut er sich nun aber auf die erste Kostprobe seines Harzer Bergkäses, der beim Kuhball in Tanne angeschnitten werden soll. „Das passt hier her“, sagt der 51-Jährige, der findet, dass dem Harz noch ein echter Bergkäse fehle.

Handarbeit in Westerhausen: Verkauf im eigenen Hofladen

Seinen Käse verkauft Peter Gropengießer in seinem Hofladen, aber auch in der Biothek sowie Naturata in Wernigerode. In Quedlinburg gibt es seine Waren auf dem Wochenmarkt am Samstag und im Regionalladen.

Darüber hinaus beliefert er verschiedene Hotels in der Region und steht einmal im Monat in Halle mit seinem Stand auf dem Bio-Abendmarkt. (mz)

In seinem Hofladen in Westerhausen verkauft Peter Gropengießer den Käse aus eigener Produktion.
In seinem Hofladen in Westerhausen verkauft Peter Gropengießer den Käse aus eigener Produktion.
Thomas Tobis