Gewalt in ZastGewalt im Asylbewerberheim ZAST Halberstadt: Sprechstunden künftig nur hinter Plexiglas
Halberstadt - Die Polizei zählt mehr Körperverletzungen in der Zast in Halberstadt. Mit welchen Schritten das Innenministerium ab sofort die Ordnung wahren will.

Die Zahlen alarmieren: In der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber (Zast) in Halberstadt zählt die Polizei in den ersten zehn Monaten dieses Jahres mehr gefährliche Körperverletzungen als in allen Vorjahren. 23 Mal hat in diesem Zeitraum ein Mensch bei einer Auseinandersetzung in der Unterbringung eine schwere Verletzung davongetragen.
Auch die Gesamtzahl der Körperverletzungen, einschließlich einfacher, fahrlässiger und schwerer, liegt höher als in den Vorjahren: 54 waren es von Januar bis Oktober 2019, gegenüber 42 im Jahr 2017 und 35 in 2018.
Sprechstunden für Flüchtlinge finden nun im Wachgebäude statt, das mit einem Drehkreuz gesichert ist
Das sachsen-anhaltische Innenministerium hat den Ernst der Lage erkannt und will mit mehreren Mitteln die Sicherheit und Ordnung wahren, wie Pressereferent Lars Fischer erklärt. Er schildert, dass es bereits eine Ortsbegehung gegeben habe, bei der der Schutz der Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Landkreises Harz erörtert worden sei.
„So konnte umgehend der Schutz der Mitarbeiter durch organisatorische Maßnahmen bei der Durchführung der Sprechzeiten sichergestellt werden.“ Die Sprechstunden finden jetzt in der Auszahlungsstelle des Sozialamtes im Wachgebäude statt. Die Räume dort sind mit Drehkreuz und Ampel gesichert, die Mitarbeiter der Ausländerbehörde sitzen hinter einer Plexiglasscheibe.
Dieser Schritt habe keine gesonderten Kosten verursacht, legt Lars Fischer dar. Eine zweite Maßnahme bestehe darin, einzelne Bewohner bei Bedarf getrennt sowie in den Nebenstellen der Zast in Magdeburg und Bernburg unterzubringen.
„Die Maßnahmen werden einzelfallbezogen umgesetzt“, schildert der Pressereferent des Innenministeriums. So könnten Konflikte entschärft und Störer aus ihrem Umfeld genommen werden.
Vier Wachleute, 38 Asylbewerber und eine Sozialarbeiterin wurden in diesem Jahr bisher verletzt
Dass es in einer Einrichtung wie der Halberstädter Zast hin und wieder Konflikte gebe, könne nicht ausgeschlossen werden. „Wenn Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur, Religion, Ethnie und Aufenthaltsstatus zusammentreffen, kann es zu Spannungen zwischen den Bewohnern kommen“, erläutert Lars Fischer.
Auch eine geringe Bleibeperspektive und die Durchsetzung der Ausreisepflicht offenbarten Konfliktpotenzial. Der Ministeriumssprecher betont, dass es sich dabei nicht um ein ausschließliches Problem der Unterbringung in der Zast handle.
Unter den Verletzten in diesem Jahr sind laut Ministerium vier Wachleute, 38 Asylbewerber und eine Sozialarbeiterin. „Polizeibeamte wurden im Jahr 2019 bei Einsätzen nicht verletzt“, ergänzt Lars Fischer. 151 Mal rückten Polizisten in den ersten 303 Tagen des Jahres, bis 31. Oktober, zu Einsätzen im Zusammenhang mit der Zast Halberstadt aus - also im Schnitt jeden zweiten Tag.
Bis Ende Oktober gab es 151 Polizeieinsätze im Asylbewerberheim in Halberstadt
Als Anlässe zählt der Referent die Vollstreckung von Abschiebehaftbefehlen, Einsätze zur Gefahrenabwehr nach Alarmauslösungen und körperliche Auseinandersetzungen auf. Aber auch Einsätze zur Verhinderung von Gefahren für Mitarbeiter der Ausländerbehörde und zur Sicherstellung von Abschiebemaßnahmen seien darunter gewesen.
262 Straftaten in der Zast sind für den gleichen Zeitraum im Polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem Ivopol registriert. Von der Anzahl her stechen die 99 Sachbeschädigungen hervor, zudem wurde 35 Mal der Notruf missbraucht.
Die Beamten zählten darüber hinaus acht Sexualdelikte, neun Bedrohungen und vier Hausfriedensbrüche. Den Vollstreckungsbeamten widersetzten sich Asylbewerber in vier Fällen. Im Übrigen wurde zehn Mal gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen.
Da es sich bei den Ivopol-Zahlen um eine Eingangsstatistik handle, in der durch neue Erkenntnisse noch Veränderungen entstehen können, sei kein direkter Vergleich der Daten aus 2019 mit denen aus den übrigen Jahren möglich, betont der Ministeriumssprecher.
Ob und wie viele Polizeibeamte künftig aus anderen Dienststellen, etwa aus Quedlinburg, nach Halberstadt entsandt werden, dazu gibt das Innenministerium keine Auskunft. Nur so viel verrät der Referent: „Die Polizei ist in der Lage, auf sicherheitsrelevante Vorkommnisse in der Zast zu reagieren und die Sicherheit zu gewährleisten.“ (mz)