Fußball Fußball: Von Balljungen zum Chef
Thale/MZ. - Als Karsten Erdmann im Kindergartenalter bei Stahl Thale begann, Fußball zu spielen, da war Stahl eine Hausnummer im ostdeutschen Fußball. Tausende pilgerten zu den Spielen in den Sportpark. Als Balljunge hockte er damals hinter dem Tor von Thomas Große und warf seinem Idol die ins Aus gegangenen Bälle zu. Seit einer Woche ist Erdmann, gerade 33 Jahre alt geworden, Fußball-Chef beim SV Stahl. Einem Verein, mit dem er in den letzten Jahren Höhen und Tiefen mitmachte. Und mit einer ersten Mannschaft, die er nach dem Abstieg in die Landesklasse langfristig wieder höherklassig spielen sehen möchte.
Mit gutem Namen überzeugen
"In den nächsten Jahren sehe ich den Aufstieg noch nicht. Wir brauchen noch ein bis zwei Jahre, um in der Landesklasse Tritt zu fassen und den Nachwuchs aufzubauen", kommt er dem Gedanken, dass mit einem neuen Vorstand vielleicht Spieler mit Verbandsliga-Erfahrung an die Bode kommen, zuvor. "Wir müssen den Verein auf andere Weise attraktiv machen, damit Spieler nicht wegen Geld kommen, sondern weil es Stahl Thale ist."
In der Vergangenheit habe sich der Verein etwas den Ruf "versaut", als polnische Spieler geholt wurden, um die Landesliga zu halten, aber bei den Spielern, die da waren, an den Fahrtkosten gespart wurde. Finanziell größere Sprünge kann sich Stahl weiterhin nicht erlauben. Und so will Erdmann einfach mit einem begeisternden Vereinsleben, das zusammenschweißt, und der tollen Sportanlage samt Entspannungsbecken und Sauna Spieler halten und locken.
Nach dem Abstieg hatte es sich der alte Vorstand etwas blauäugig leichter vorgestellt. Das Ziel, möglichst höherklassig zu spielen, wie er es selbst kennengelernt hat, sei nicht mehr so ausgeprägt. Manch einer hätte "keinen Bock, nach Salzwedel zu fahren, wenn man in Westerhausen, Blankenburg oder Gernrode Derbys spielen kann, zu denen man mit dem Fahrrad hinfahren kann." Das Anspruchsdenken sei heute nicht mehr da. Und mit "400 Euro netto plus Fahrgeld und Prämien" könne Thale nicht mithalten. Nur etwas Fahrgeld für auswärtige Spieler und Miniprämien seien möglich.
Erdmann sitzt leger im T-Shirt mit der Aufschrift "Stahl-Feuer" in der Thalenser Sportlergaststätte. Er brennt für den Verein, seitdem er mit fünf Jahren in der Krabbelgruppe anfing, weil seine Freunde da auch waren. Mit 18 kam Erdmann in den Kader der ersten Mannschaft. "Aber ich bin am Trainer Roland Zahn und an mir selber gescheitert." Ein Spiel bestritt er, dann rutschte er in den Kader der zweiten Mannschaft, spielte in der Landesklasse mit und fing nach der Auflösung des Vereins in der Kreisklasse wieder an. Höhepunkt war der Kreispokalsieg im Jahr 2000 gegen Westerhausen. "Die Westerhäuser hatten schon Trikots gedruckt, auf dem Pokalsieger 2000 drauf stand. Die haben sie uns dann geschenkt", erinnert er sich noch gern.
Trainer abgegeben
2005 übernahm er das Traineramt mit Mike Traska durch den Rücktritt von Ralf Steinat. Von 2009 bis 2011 war er allein für das Team verantwortlich und übergab nun das Amt aufgrund der Gründung einer Familie und eines Hausbaus in Weddersleben an Ronny Haupt. Die Geschäfte eines Abteilungsleiters könne er sich zeitlich besser organisieren. Wenn Not am Mann ist, wie zuletzt bei der Harzliga-Partie in Dankerode, dann spielt Erdmann auch noch mal selbst mit. "Aber an mir lag es nicht, dass wir verloren haben", ist er sich sicher.
Seit einigen Jahren zeichnet der junge Mann auch für die Internetseite der Abteilung verantwortlich, die einst als reine Fan-Seite neben der offiziellen Seite von Wolfgang Grünefeld gegründet und von ihm weitergeführt wurde. Nun ist die "Thale-Fans-Seite" offizielle Homepage: "Ich wusste, dass man das besser aufziehen kann." Vielleicht kann er ja tatsächlich das Vereinsleben bereichern - mit Vereinsfesten und Stammtischen will er für eine positive Stimmung sorgen.