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Erst Tischler, dann Pfarrer Erst Tischler, dann Pfarrer: Gott zeigt sich nicht jeden Tag

Von Rita Kunze 01.10.2020, 07:56
Pfarrer Winfried Runge ist Administrator für die Pfarreien St. Elisabeth in Ballenstedt und St. Mathilde in Quedlinburg.
Pfarrer Winfried Runge ist Administrator für die Pfarreien St. Elisabeth in Ballenstedt und St. Mathilde in Quedlinburg. Jürgen Meusel

Ballenstedt/Quedlinburg - Nach acht Jahren ist es für Winfried Runge Zeit geworden, etwas Neues anzugehen: Der katholische Pfarrer wechselte von Haldensleben nach Quedlinburg. Die Pfarreien Sankt Elisabeth in Ballenstedt und Sankt Mathilde in Quedlinburg bilden jetzt seinen Wirkungskreis; rund 2.500 Katholiken insgesamt gehören zu beiden Pfarreien.

In der turnusmäßigen Versetzung - Pfarrer im Bistum Magdeburg wechseln etwa alle zehn Jahre die Arbeitsstelle - sieht der 53-Jährige ein Für und Wider. „Man muss innovativ sein, das ist gut. Aber um Vertrauen bei den Menschen aufzubauen, sind acht Jahre wenig.“ Im Harz sei er sehr herzlich aufgenommen worden, sagt er. Unbekannt ist ihm die Region nicht: Bis 2012 arbeitete er in Wernigerode, sechs Jahre lang.

„In der elften habe ich mich dann entschieden, diesen Weg einzuschlagen“

1995 wurde Runge zum Priester geweiht. Die Entscheidung für die Theologie fiel früh. „Der erste Impuls kam sehr zeitig, in der fünften Klasse“, erzählt er. „In der elften habe ich mich dann entschieden, diesen Weg einzuschlagen.“ Durch sein Elternhaus sei er stark kirchlich orientiert gewesen; der Vater war aktiv beim Kolpingwerk, die Mutter spielte Orgel. Und die Musik hat einen Anteil an Runges Berufswahl: Als Mitglied der Dresdner Kapellknaben hat er „beizeiten Kirchenluft geschnuppert und Gottesdienste gestaltet“, sagt Runge.

Doch direkt im Anschluss ein Theologiestudium absolvieren wollte er nicht, sondern nahm - ganz weltlich - eine Tischlerlehre auf. „Ich habe bei einem privaten Meister gelernt. Die Fenster, die wir damals gebaut haben, gibt’s heute nicht mehr.“

Den Glauben im Alltag leben

Seine Aufgaben als Pfarrer in Ballenstedt und Quedlinburg sieht er darin, „erst einmal die Gemeinden so stark zu machen, dass die Menschen ihren Glauben im Alltag leben können“. Durch Corona seien viele „aus Selbstschutz“ ferngeblieben. „Ich hoffe nicht, dass es dabei bleibt“, so der Pfarrer.

In einem atheistisch geprägten Land und immer kleiner werdenden Gemeinden müsse man „schauen, was missionarisch möglich ist“, sagt Winfried Runge. In seiner eigenen Schulzeit sei er mit drei bis fünf kirchlich geprägten Kindern in einer Klasse gewesen, „heute ist das viel vereinzelter“ und deswegen auch eine Herausforderung, „die zu sammeln, damit sie gemeinsam Glauben erleben“ können.

Die Heilige Messe - der Gottesdienst am Sonntag - ist für den Pfarrer dabei ein ganz wichtiger Punkt, denn dort ließen sich Gebet und Gemeinschaft erfahren.

Und was ist für ihn Gott? Runge überlegt. „Ein persönliches Gegenüber, mit dem ich sprechen kann“, sagt er dann. Und der Glaube? „Ein tägliches Sich-Bemühen um die Beziehung zu Gott“, sagt der Pfarrer. „Manchmal zeigt er sich auch. Aber nicht jeden Tag.“ (mz)