1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Harz
  6. >
  7. Elterntaxi löst Schulbus ab: Elterntaxi löst Schulbus ab: Kaum Unterricht, aber ein Neun-Stunden-Tag

Elterntaxi löst Schulbus ab Elterntaxi löst Schulbus ab: Kaum Unterricht, aber ein Neun-Stunden-Tag

Von Rita Kunze 05.11.2020, 08:56
Schüler sind oft auf den Bus angewiesen - und müssen lange Fahrt- oder Wartezeiten in Kauf nehmen.
Schüler sind oft auf den Bus angewiesen - und müssen lange Fahrt- oder Wartezeiten in Kauf nehmen. dpa

Halberstadt/Siptenfelde - Müssen Schüler aus dem Unterharz, die auf den Bus angewiesen sind, um ans Gymnasium in Ballenstedt zu kommen, einen Neun-Stunden-Tag in Kauf nehmen, um zur Schule und wieder nach Hause zu gelangen? Der Siptenfelder Mario Hennig sagt Nein. Er stellte in der jüngsten Kreistagssitzung die Frage, ob sich da nichts verbessern ließe.

Verursacht werden die Probleme derzeit vor allem durch den Lehrermangel am Gymnasium. Dadurch fallen Unterrichtsstunden aus, und die Fahrzeiten der Busse passen dann nicht mehr zum Stundenplan: „Die Kinder sind neun Stunden unterwegs, das ist nicht mehr zumutbar“, sagt Hennig, Elternvertreter am Ballenstedter Gymnasium.

„Zur gleichen Zeit fährt ein leerer Bus in Richtung Güntersberge an den Kindern vorbei“

Eltern und Großeltern hätten in Alexisbad einen Treffpunkt organisiert, von dem aus sie die Kinder am frühen Nachmittag nach Hause bringen, sagt Hennig. „Zur gleichen Zeit fährt ein leerer Bus in Richtung Güntersberge an den Kindern vorbei“, erzählt er und fragt, ob sich solche Leerfahrten nicht vermeiden ließen und stattdessen im Schülerverkehr eingesetzt werden können.

Eltern hätten sich privat so organisiert, dass sie ihre Kinder selbst zur Schule bringen. „Aber das haut nicht hin, wenn ständig Stunden ausfallen“, macht Hennig deutlich. Er habe inzwischen ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Harzer Verkehrsbetriebe (HVB), Christian Fischer, geführt, sagt er und hofft, dass eine Lösung gefunden werden kann. „Es geht um ein paar Minuten“, setzt er hinzu.

Ein Bus kann auf den anderen nicht warten

„Es fährt ein Bus um 13 Uhr leer von Harzgerode nach Güntersberge“, sagt Gerald Hahne, Abteilungsleiter Verkehr der HVB. „Die Abfahrt der Folgefahrt ab Güntersberge ist 13.35 Uhr auf der Linie 255 nach Quedlinburg. Aufgrund dieses Umstandes kann der Bus der Leerfahrt nicht bis 13.25 Uhr in Alexisbad auf den Anschlussbus aus Ballenstedt warten.“ Dieser wiederum könne aber wegen des Schulschlusses am Gymnasium auch nicht eher in Ballenstedt abfahren.

„Wenn die Leerfahrt in Alexisbad den Anschluss abwartet und weiter nach Siptenfelde und Güntersberge fährt, kann dieser frühestens um 13.43 Uhr ab Güntersberge nach Quedlinburg fahren. Damit wären die Anschlüsse zum Landesbus Linie 240 in Gernrode und der Bahnanschluss in Quedlinburg nicht zu halten.“

Im öffentlichen Nahverkehr ist einiges verbesserungswürdig

Eine schnelle Lösung ist da wohl nicht in Sicht. Im öffentlichen Nahverkehr sei eine Reihe von Punkten „verbesserungswürdig“, sagt Martin Skiebe (CDU) - zu dem Zeitpunkt noch Landrat - in der Kreistagssitzung.

Der Nahverkehrsplan im Landkreis Harz werde demnächst fortgeschrieben, „ich setze auf das Beteiligungsverfahren. Der Nahverkehrsplan ist ein geeignetes Instrument, um Veränderungen herbeizuführen.“

Wieviel Kinder dürfen mitgenommen werden?

Angesichts der jüngsten Corona-Verordnung sieht der Elternvertreter aus Siptenfelde noch ein anderes Problem auf Schüler und Eltern zukommen: Manche nehmen nicht nur ihre Kinder, sondern auch deren Schulkameraden mit - aber dürfen sie das jetzt überhaupt noch?, fragt er im Kreistag - und bekommt keine Antwort. Nach Angaben des ADAC dürfen drei Freunde aus drei Hausständen nicht mehr gemeinsam in einem Auto fahren.

„Klare Benachteiligung von Kindern aus dem ländlichen Raum“

Mario Hennig sieht in der derzeitigen Situation auch eine „klare Benachteiligung von Kindern aus dem ländlichen Raum“ - Kinder aus dem Unterharz seien bis zu zwölf Stunden länger in der Woche unterwegs als Kinder aus Ballenstedt. Die langen Wartezeiten ließen sich seiner Meinung nach um sechs Stunden verkürzen, „wenn die Busse direkte Strecken fahren würden.“ (mz)