Eine außergewöhnlich Sportart Eine außergewöhnlich Sportart in Ermsleben: Angeln ohne Haken

Ermsleben - Es ist kalt und feucht, das Wasser wirkt fast gefroren. An solch ungünstiges Wetter kann sich Klaus-Jürgen Bruder kaum erinnern.
„Vor 15 Jahren hatten wir mal ein Turnier in Berlin, das sind die Fliegen fast auf den Zielen angefroren.“
Doch auf dem Ermslebener Sportplatz schwirren am Sonntag die Fliegen doch in der Luft. Nein, es gibt keine Insekteninvasion im April zu bestaunen, sondern sportliche Erfolge. Die Angler schwingen ihre Ruten durch die Luft.
Das erste Landesligaturnier
„Wir treffen uns hier zum ersten von drei Landesligaturnieren des Landesanglerverbandes Sachsen-Anhalt“, erläutert Bruder.
Schnell wird klar, „hier geht keiner auf Hecht oder Forelle“. Trocken- oder Turnierangeln oder eben Casting heißt die nichtolympische Disziplin, in der der Vorharz einen guten Namen hat.
Erek Kelterer aus Meisdorf und Christian Hildebrandt, die im Jugendbereich einst Weltmeisterschaftsmedaillen holten, stehen für diese Tradition.
Der Ascherslebener Klaus-Jürgen Bruder, der seit 1980 für den Ermslebener Verein startet und einst bei den World Games für Deutschland Silber holte, räumt bei den Deutschen Casting-Meisterschaften durchaus in der Leistungsklasse und bei den Senioren Medaillen ab.
Sein Wissen und Können gibt er als Landestrainer für das nördliche Sachen-Anhalt weiter.
Junge Leute bei der Stange halten
Der Angel- und Castingverein Ermsleben vereint immerhin rund 70 Mitglieder. Auch junge Leute, aber es fällt wie bei anderen Vereinen schwer, sie bei der Stange zu halten. Ausbildung und Beruf machen die Logistik für Training und Wettkampf schwierig. Viele
Ermslebener Sportler erinnern sich noch an die gut besuchten Turniere, die Mitte der 1970er Jahre in der Stadt aus der Taufe gehoben wurden.
So stehen am Sonntag nicht die heimischen Fußballer auf dem Feld, sondern die Podeste und Ziele der Casting-Sportler, die aus dem Ort, aus Hohenmölsen, Halle und Magdeburg zum Wettstreit im „Angeln ohne Haken“, wie Klaus-Jürgen Bruder sagt, kommen.
Einige große Namen fehlen, da parallel der Nationalmannschaftskader einen Lehrgang besucht.
Fast wie Fliegenfischen
Ziel- und Weitwerfen mit Angelgeräten, das irritiert etwas. An den für jede Disziplin unterschiedlichen Angelruten hängen Plastikgewichte und Plastikfliegen.
„Was wir da machen ähnelt dem klassischen Fliegenfischen, wie es oft an der Bode zu beobachten ist“, beschreibt es Bruder. „Doch bei uns geht es nicht um Frischfisch, sondern um Weite und Genauigkeit.“
Das nicht sehr sonntägliche Wetter lässt bereits beim Start um 9 Uhr keine großen Weiten erwarten. Werte um die 50 bis 60 Meter erwarten die Kampfrichter, die aus den Vereinen mit ihren Sportlern nach Ermsleben gereist sind.
Bei entsprechender Witterung können es mit der Fliege schon mal 75 Meter werden.
Die fünf Disziplinen
Für den Laien wirkt es auf den ersten Blick ziemlich kompliziert, was da auf den Rasen abgeht. Es gibt fünf Disziplinen: Fliege Ziel und Weite, das Casting mit dem Gewicht an der Schnur, das zusätzlich zu Ziel und Weite noch auf Präzision geworfen wird.
Dazu liegt ein grünes Tuch auf dem Rasen, auf dem sich wie beim Schießen Ringe befinden.
Aus fünf Positionen treten die Wettkampfteilnehmer dabei mit jeweils zwei Würfen an. Während die Erwachsenen einen Fünfkampf absolvieren, treten Jugendliche wie die Pendelfischer vom Verband der Angler Hohenmölsen im Dreikampf an.
Anna Henich, Anastasia Pfaschner und Jason Thomas haben sich in Ermsleben viel vorgenommen. Schließlich beginnt nach dem Zielwerfen beim heimischen Hallenturnier sowie dem in Haldensleben die „Freiluftsaison“ mit dem Weitwerfen, auch wenn sie sich in Ermsleben für ihren Auftritt noch warm halten müssen. (mz)