1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Harz
  6. >
  7. Burg aus Mittelalter: Burg aus Mittelalter: Wer findet den Alten Falkenstein?

Burg aus Mittelalter Burg aus Mittelalter: Wer findet den Alten Falkenstein?

Von Kurt Großkreutz 30.09.2018, 12:55
Die verwitterten Festungsgräben der Burg Alter Falkenstein sind noch gut zu erkennen und lassen das Ausmaß erahnen, welche Ausmaße dieser Burgstall mit seiner damaligen Länge von etwa 200 Meter gehabt haben muss.
Die verwitterten Festungsgräben der Burg Alter Falkenstein sind noch gut zu erkennen und lassen das Ausmaß erahnen, welche Ausmaße dieser Burgstall mit seiner damaligen Länge von etwa 200 Meter gehabt haben muss. Großkreutz

Pansfelde/Aschersleben - Die Burg Falkenstein thront erhaben über dem Selketal und gehört zu den begehrtesten Ausflugszielen der Region. Nicht nur wegen ihrer romantischen Lage, wechselvollen Geschichte und guten Erreichbarkeit gehört sie zum Pflichtentdeckungsprogramm für Groß und Klein aus Nah und Fern.

Doch dieser Tourenvorschlag soll dem kleinen Bruder des Falkensteins gewidmet sein, der nur in etwa 1,8 Kilometer Entfernung als „Alter Falkenstein“ einen Ableger des berühmten Verwandten erwarten lässt.

Etwa 1,8 Kilometer von Burg Falkenstein entfernt

Doch weit gefehlt, denn der Alte Falkenstein ist völlig anders als man erwarten könnte und birgt so manches Geheimnis in seinem Dornröschenschlaf.

Schicke Hochglanzprospekte und unbeschwerliche Erreichbarkeit sucht man hier vergeblich. Und gerade diese Umstände sollen es wert sein, dieses versteckte Kleinod aufzuspüren und zu erkunden.

Die Bezeichnung „Alter Falkenstein“ lässt vermuten, dass er vor seinem herausgeputzten Namensvetter erbaut wurde. Die Entstehung des Alten Falkensteins geht in das 11. Jahrhundert zurück, als die salischen Kaiser ihrer Autorität in der Harzregion mehr Geltung verschaffen wollten. Neben dem Alten Falkenstein entstanden weitere Festen im Norden des Reiches.

Fürsten und Zentralgewalt kämpften 1115 bei Welfesholz

Es gefiel den selbstbewussten hier ansässigen Sachsen aber gar nicht, dass diese Burgen durch Ministerialen und Vertraute des Kaisers verwaltet wurden, die nicht aus ihren Reihen stammten. Die ungeschickte Politik Kaiser Heinrichs V. (1081 bis 1125) und seine zum Teil desaströsen Entscheidungen führten dazu, dass sich nicht nur die sächsischen Fürsten gegen ihn auflehnten.

So kam es am 11. Februar 1115 bei Welfesholz, nur 20 Kilometer von Aschersleben entfernt, zu einer richtungsweisenden Entscheidungsschlacht zwischen den aufsässigen sächsischen Fürsten und der Zentralgewalt.

Viele der Burgen des Kaisers wurde zerstört, darunter der Alte Falkenstein

Die Niederlage der kaiserlichen Truppen bei Welfesholz unter dem Feldherrn Hoyer von Mansfeld wird als eine der Ursachen gewertet, warum Deutschland bis 1871 territorial zersplittert und politisch rückständig blieb.

Der Alte Falkenstein existierte unter diesen Umständen nicht lange, denn nach dem innerdeutschen Kräftemessen wurden viele der verhassten Burgen des Kaisers in der Region zerstört, wie die Kyffhäuserburg, die Burg Allstedt und eben vermutlich auch der Alte Falkenstein.

Ab 1120 wurde die neue Burg Falkenstein gebaut

Die erstarkten Territorialfürsten hingegen ließen neue Burgen errichten, um ihre Macht zu etablieren. So entstand ab 1120 nur 1,8 Kilometer vom Alten Falkenstein entfernt der (neue) Falkenstein, der wegen des sehr guten Erhaltungszustandes auch heute noch als Symbol der Machtkämpfe an jene Zeit erinnert.

In diesem Reisebericht wird die Perspektive eines Radfahrers gewählt. Doch auch für Wanderer ist die Wegebeschreibung zu empfehlen. Allerdings ist das Auffinden des Reisezieles schwierig, weil es versteckt im Naturschutzgebiet am felsigen Selketalhang liegt. Nach Hinweisschildern hält man vergeblich Ausschau. Im Naturschutzgebiet dürfen die Wege nicht verlassen werden.

Die Tour mit dem Rad startet am Café Gartenhaus

Die als Ausgangspunkt gewählte Gaststätte, die heute kurz als „Gartenhaus“ von den Einheimischen bezeichnet wird, wies bereits 1607 „als Baumgarten beim Falkenstein“ die Richtung zur berühmten Burg auf dem Höhenzug westlich des Selketales. Schon im 17. Jahrhundert gelangte durch die zunehmende Wanderlust die Gastwirtschaft zu erster Blüte.

Um von Aschersleben zum „Gartenhaus“ zu gelangen, gibt es viele Möglichkeiten. Für die Radfahrer aus Aschersleben kann die relativ verkehrsberuhigte Strecke über Westdorf, Welbsleben, Harkerode, Wieserode und Degenershausen (19 Kilometer) vorgeschlagen werden. Allerdings sind einige Anstiege mit etwa 220 Meter Höhenunterschied zu überwinden. Die restlichen 4,15 Kilometer vom Gartenhaus bis zum Reiseziel erfordern jedoch für den Ortsunkundigen höchste Konzentration.

Vorbei am Reiterhof Pilger auf die Friederikenstraße

Wir starten am „Gartenhaus“ und bewältigen zuerst einen Anstieg auf Kopfsteinpflaster in westlicher Richtung. Dabei passieren wir den Reiterhof Pilger, wo man essen, übernachten, heiraten oder sich kutschieren lassen kann. Nach etwa 440 Meter Pflasterung gelangen wir auf den gut ausgebauten Waldweg der Friederikenstraße (K 1366).

Hier biegen die meisten Harztouristen rechts (nördlich) ab, um zum „neuen“ Falkenstein zu gelangen. Wir folgen aber unserer eingeschlagenen Richtung auf der Friederikenstraße, während nur noch Kraftfahrzeuge der Land- u. Forstwirtschaft passieren dürfen.

Wir befinden uns auf einem alten Handelsweg zwischen Aschersleben und Harzgerode. Dieser hat den Namen von der letzten Herzogin Friderike Caroline Juliane von Anhalt-Bernburg Friederike (1811 bis 1902), die sich auch um den Ausbau der Verkehrswege verdient gemacht hatte.

An der Schutzhütte nach rechts abbiegen auf den Hirschsteinweg

Wir folgen der Friederikenstraße in südwestlicher Richtung für 1,75 Kilometer, um dort, wo eine Schutzhütte steht, nach rechts (nordwestlich) auf einen gut präparierten Waldweg (Hirschsteinweg) abzubiegen. An dieser Stelle finden wir ein Hinweisschild „Köhlerhütte“ und es geht etwas bergab.

Nach 350 Metern biegt der Hirschsteinweg links ins Selketal ab. Wir fahren aber geradeaus und passieren 230 Meter nach dem Abzweig die Köhlerhütte am Hirschstein aus dem Jahre 1871.

Nach weiteren 1000 Meter gelangen wir an eine Wegkreuzung. Obwohl der Alte Falkenstein nur 400 Meter Luftlinie von uns entfernt ist, können wir ihn von hier im Gelände noch immer nicht wahrnehmen.

An Kreuzung nach rechts abbiegen, an Weggabelung nach links

Es beginnt der schwierigste Teil der Suche, denn eine Ausschilderung gibt es auch hier nicht. Wir biegen an dieser Wegkreuzung rechts (nordöstlich) ab, wo das Schild „Naturschutzgebiet“ steht und folgen diesem Weg für 140 Meter.

Die Wegequalität lässt, im Naturschutzgebiet Selketal angekommen, immer mehr nach und an der folgenden unscheinbaren Weggabelung heißt es nach links (nordwestlich) abzubiegen. Nun sind es noch etwa 320 unwegsame Meter, um auf die Wälle und das Plateau der einstigen Burg zu stoßen. Das Rad sollte man ab hier besser schieben.

Zugang zur ehemaligen Burg über einen schmalen Grat

Der Zugang zur ehemaligen Burg ist über einen schmalen Grat zu erreichen, und man sollte auf die Balance achten. Wir sind auf 335,6 Meter über Null angekommen und ungewollt will man sich zuerst am grandiosen Ausblick ins Selketal aus einer ungewöhnlichen Perspektive erfreuen.

Die verwitterten Festungsgräben sind noch gut zu erkennen und lassen erahnen, welche Ausmaße dieser Burgstall mit seiner damaligen Länge von etwa 200 Meter gehabt haben muss. Viel ist allerdings nicht übrig vom Alten Falkenstein, denn nach der Zerstörung vor etwa 900 Jahren wurde die Festung nicht mehr genutzt.

Kreuz erinnert an verunglückten Heimatforscher Hans Reißmann

Die Burganlage bestand aus einer etwa 25 mal 65 Meter großen, ovalen Hauptburg. Diese erreichte man über eine etwa 85 Meter lange schmale Vorburg. Wir werden auf ein Erinnerungskreuz aufmerksam, das Hans Reißmann gewidmet ist. Am 11. Juli 2003 verunglückte der Heimatforscher und Bodendenkmalpfleger aus Molmerswende (Jahrgang 1918) hier tödlich.

Am Alten Falkenstein wird klar, warum der betagte Mann hier gestürzt war, denn das Areal ist bei all seiner Idylle sehr unwegsam, steil, abgelegen und gefährlich. Man sollte die Tour nicht allein unternehmen, gutes Schuhwerk tragen und ein Smartphone dabei haben.

Im Gipfelbuch gibt es Handzettel, die über die Burg informieren

Man kann sich in ein Gipfelbuch eintragen, das für diejenigen bereit liegt, die tatsächlich hierher gefunden haben. Im Gipfelbuch hat Ronny Reitzig, den wir als Stadtführer aus Aschersleben kennen, Handzettel eingelegt, die über die Burg und Hans Reißmann berichten. Eine feine Geste des Heimat- und Naturfreundes für die Besucher.

Wir umrunden die Burg durch Büsche und Hecken und genießen einen Blick auf die Selke, der wir das herrliche Tal zu verdanken haben.

Der Rückweg fällt wesentlich leichter, weil man sich besser orientieren kann. Man war den Wolken ein Stück näher und fühlte sich von der Natur umrankt und gut aufgehoben. (mz)