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Experten bestätigen Foto Ballenstedt im Harz: der Wolf ist zurück

Von Jessica Hanack und Wolfram Schlaikier 11.05.2016, 16:33
Der Wolf in der Fotofalle: Der Schnappschuss gelang am 3. Februar zwischen Ballenstedt und Meisdorf.
Der Wolf in der Fotofalle: Der Schnappschuss gelang am 3. Februar zwischen Ballenstedt und Meisdorf. Piegert

Ballenstedt - Es ist morgens kurz nach halb zehn Uhr, die Sonne scheint, das Thermometer zeigt minus vier Grad Celsius, als das etwa 35 Kilogramm schwere Raubtier von der Fotofalle eingefangen  wird. Auch wenn das Bild bereits ein Vierteljahr alt ist, so zeigt es doch eine kleine Sensation:

Biologen der Abteilung „Wolfsmonitoring“ im Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt in Halle haben versichert, dass die am 3. Februar zwischen Ballenstedt und Meisdorf entstandene Aufnahme tatsächlich einen Wolf zeigt – es ist damit das erste bestätigte Foto des Raubtiers im Harz.

„Die Bildqualität ist in diesem Fall so gut, dass man sich sicher sein kann, dass auf dem Foto ein Wolf zu sehen ist“, sagt Martin Trost, der das Wolfsmonitoring in Sachsen-Anhalt koordiniert. Mit Kollegen im Landesamt für Umweltschutz überwacht er, wie sich die Wölfe im Land entwickeln.

Immer wieder Falschmeldungen

In der Vergangenheit hatte es immer wieder Falschmeldungen gegeben, bei denen Hunde vermeintlich für Wölfe gehalten wurden. Tatsächlich sei die Unterscheidung nicht einfach, erklärt Trost. „Es gibt Hunde, die sehr wolfsähnlich sind. Man kann einen Wolf daher nicht an einem Merkmal, sondern nur an einer ganzen Kombination von Merkmalen eindeutig erkennen.“ Dazu gehören beispielsweise Kopf- und Körperform und Fellzeichnungen.

Sobald sich die Hinweise verdichten, dass ein Wolf ein bestimmtes Territorium dauerhaft besiedelt, werde vom Landesamt ein sogenanntes gezieltes Monitoring durchgeführt. Dabei werden unter anderem Kameras aufgestellt, die das Gebiet überwachen. Im Harz gibt es solch ein gezieltes Monitoring noch nicht. „Das ist ein großer Aufwand, für den ein nachgewiesenes Tier nicht ausreicht. Dafür brauchen wir mehrere Hinweise, um räumlich konkret zu suchen“, sagt Trost. Außerdem lasse sich beim Wolf von Ballenstedt noch nicht sagen, ob er den Harz nur durchwandert oder sich hier auch niedergelassen hat. Dennoch verspricht Trost: „Wir halten die Augen offen.“

Für Kreisjägermeister Holger Piegert war es keine Überraschung, dass nun der erste Wolf im Harz fotografiert wurde. „Wir haben geahnt, dass das irgendwann passiert.“ Im Alter von einem bis zwei Jahren lösen sich die Jungtiere auf der Suche nach einem eigenen Revier aus dem Rudel, so Piegert. Auch er weiß, dass ein Foto noch nicht heißt, dass sich Wölfe im Harz angesiedelt haben. Trotzdem vermutet der Jägermeister: „Das ist alles nur noch eine Frage der Zeit.“

Das sagt der Chef des Bauernverbands Nordharz

Den letzten freilebenden Wolf im Harz erlegte Graf Ferdinand zu Stolberg-Wernigerode (1775 bis 1854) am 29. März 1798 nahe der Plessenburg in Ilsenburg. Rund 100 Jahre später war der Wolf dann in ganz Deutschland ausgerottet. Seit 2008 sind Wölfe in Sachsen-Anhalt wieder heimisch und werden seitdem durch ein Monitoring des Landesamtes für Umweltschutz gemeinsam mit lokalen Kooperationspartnern überwacht.

Wie die ersten Ergebnisse des Wolfsmonitorings für 2015/16 zeigen, gibt es in ganz Sachsen-Anhalt im Vergleich zum vorherigen Untersuchungszeitraum mehr Wölfe.  Aktuell werden noch Details wie Genetik-Daten ausgewertet. Dennoch könne bereits gesagt werden, dass es Nachwuchs gegeben habe, so Martin Trost. Aus Wolfspaaren seien in einigen Territorien Rudel geworden. Viele Naturschützer unterstützen, dass das im 19. Jahrhundert ausgerottete Raubtier in Deutschland wieder heimisch wird. 

Vorm Besucherzentrum des Nationalparks Harz in Torfhaus (Landkreis Goslar) steht seit 2010 eine Maschine, die unter anderem einen Wolfskopf mit dem Slogan „Willkommen wilder Wolf“ auf 5-Cent-Münzen prägt. Rund 12 000 Münzen seien seitdem durch den Apparat gelaufen, berichtete Maret Heydenreich vom Besucherzentrum der MZ. Und in der Ausstellung im Gebäude gibt es seit 2009 einen präparierten Wolf, der sich bei den Besuchern „außerordentlich großer Beliebtheit“ erfreue.

So euphorisch wie die Nationalpark-Mitarbeiterin ist Kreisjägermeister Piegert wegen des Wolfes nicht. Piegert will keine Panik verbreiten, doch er gesteht: „Das Foto flößt Respekt ein.“ Skeptisch ist auch Jürgen Zywitzki, der Geschäftsführer des Bauerverbands Nordharz. Er fordert, Schafhalter zu beraten und beim Bau von Weidezäunen sowie der Anschaffung von Hütehunden zu unterstützen.  „Denn es wird Konflikte geben.“ (mz)