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„Der get/heilte Himmel“ Autorin aus Ballenstedt zeigt Biografien aus Ost und West

Bettina Fügemann hat für ein Podcast-Projekt Frauen interviewt.

Von Rita Kunze Aktualisiert: 01.12.2021, 09:41
Bettina Fügemann hat  für ein Podcast-Projekt Frauen aus Ost und West befragt.
Bettina Fügemann hat für ein Podcast-Projekt Frauen aus Ost und West befragt. Foto: Marco Junghans

Ballenstedt/MZ - „Bist du dir sicher, dass du in den Osten willst?“ Diese Frage sei ihr gestellt worden, als sie sich entschloss, ihrem Mann von Osnabrück nach Sachsen-Anhalt zu folgen, erzählt Carolin Jacobs. In Asmusstedt bei Ballenstedt führt er einen landwirtschaftlichen Betrieb, sie unterstützt ihn dort und führt dazu eine Pension mit Ferienwohnungen.

Die gebürtige Hildesheimerin ist die jüngste der vier Frauen, mit denen die Autorin Bettina Fügemann in einem gemeinsamen Podcast-Projekt des Ballenstedter Akzente-Vereins mit dem Verein heimatbewegen das Gespräch gesucht hat. Fotografiert wurden die Frauen von Jana Dünnhaupt. „Ohne das Zusammenspiel von Texten, Technik und Fotos wäre das Projekt nicht möglich gewesen“, betont Bettina Fügemann. Die vier Gespräche seien ein Anfang, weitere Porträts sollen folgen.

Unter dem Motto „Der get/heilte Himmel“ will sie den unterschiedlichen Biografien von Frauen auf den Grund gehen, die im Westen und im Osten aufgewachsen sind.

Wie sehen sich Frauen in Ost und West?

Und natürlich stellt sich auch die Frage, ob es diese Unterschiede nach drei Jahrzehnten deutscher Einheit heute überhaupt noch gibt.

Die vergangenen 14 Jahre in Sachsen-Anhalt hätten auch 14 Jahre in Bayern sein können, davon ist Carolin Jacobs überzeugt. Als die Wende kam, war sie keine zwölf Jahre alt. Sie glaube nicht, dass eine 40-Jährige im Westen heute anders denkt als eine Gleichaltrige im Osten. Früher sei das vielleicht anders gewesen, da hätten junge Mütter ihre Kinder nach einem Jahr in die Krippe gebracht, „das war im Osten normal“. Carolin Jacobs hat das später ähnlich gemacht - „und ich musste mich bei meiner Mutter ein bisschen rechtfertigen, sie war skeptisch“.

Wie sehen sich Frauen in Ost und West? Zeitlich weit näher an der politischen Wende und dem bis dahin geteilten Land wollte Bettina Fügemann das schon einmal wissen. 1999 entstand so ihr Buch „Parallelen und Kontraste – Frauenleben in Ost und West“. Einige Frauen von damals hat sie jetzt wieder befragt, einige sind hinzugekommen.

Leben in zwei Welten

Bettina Fügemann kommt ins Gespräch mit der Pfarrerin Angela Heimann Trosien, die sich als „Wossi“ betrachtet und betont, „es geht nicht um Wessi oder Ossi, es geht um Anders“. Als bekennende Christin sei sie in ein atheistisches Land gekommen. Im Westen aufgewachsen, habe sie die DDR als Diktatur erlebt, in der die Menschen verfolgt wurden. Durch ihre Arbeit im Osten habe sie gelernt umzudenken.

Verfolgung in der eigenen Familie hat Antje Gather erfahren - ihr Vater wurde von der Staatssicherheit verhaftet, da war sie elf Jahre alt. Kurz nach seiner Verhaftung starb er. Als 19-Jährige floh Antje Gather über Ungarn und Österreich in den Westen, noch vor der Maueröffnung. Ende 2006 kommt sie mit ihrem Mann nach Ballenstedt.

Vom Leben in zwei Welten erzählt Friederun Krosch. Auch sie verlässt die DDR Richtung Westen. Sie will Medizin studieren, Arzt werden wie ihr Vater. Das Abitur wird ihr verwehrt, und so entscheidet sie sich bewusst für eine kirchliche Ausbildung: Weil sie enttäuscht gewesen sei, dass sie kein Abitur machen darf. Als Jugendliche hat sie den Mauerbau miterlebt. „Es war eine bedrückende Stille, weil man nicht wusste, wie es weitergeht.“ Seit 2015 hilft sie Asylsuchenden, „in Deutschland ein bisschen Fuß zu fassen“, wie sie sagt. „Ich war ja auch sowas wie’n Asylant. Wenn ich nicht Hilfe gehabt hätte, dann wäre es mir sehr viel schwerer gefallen.“

Der Podcast ist abrufbar unter heimatbewegen.de/harzer-kleinstadtkaleidoskop-2/