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Trainierkarriere in der Schweiz  Trainierkarriere in der Schweiz : Ex-Dessauer zum Besuch in der Heimat

Von Marcus Bräuer 01.01.2016, 20:24
Wahl-Schweizer auf Heimatbesuch: Ralf Stojan bleibt noch bis Mitte Januar in Dessau.
Wahl-Schweizer auf Heimatbesuch: Ralf Stojan bleibt noch bis Mitte Januar in Dessau. Hartmut Bösener Lizenz

Dessau - Stolz wie Bolle kommt Ralf Stojan am Montag vor Weihnachten die Tür zur Redaktion herein. Der 39-Jährige ist auf Heimatbesuch in Dessau. Als er am 20. Dezember in den Flieger stieg, wusste er schon, dass er ein neues Familienmitglied würde begrüßen können. Arne Justus Stojan erblickte am 19. Dezember das Licht der Welt. Es ist das zweite Kind von Ralf und Janet Stojan, Tochter Sontje ist sieben Jahre alt.

Ralf Stojan konnte diesmal nicht bei der Geburt dabei sein. Der Geburtstermin war eigentlich für Anfang Januar ausgerechnet, aber das interessierte den kleinen Arne nicht. Sein Papa hatte am Sonnabend noch ein Spiel. Stojan ist seit Sommer Trainer beim BSV Stans in der ersten Schweizer Frauen-Liga. Es gab eine satte 21:33-Niederlage gegen den Tabellenführer LC Brühl. „Aber wir haben uns gut geschlagen“, sagt Stojan dennoch.

Herausforderungen

Dass er einmal Trainer in der Premium League 1 werden würde, erstaunt ihn selbst. „Ein Jahr wollte ich Trainer sein“, erinnert er sich zurück. Damals, in der Saison 2011/12, übernahm er das Amt des Spielertrainers der HG 85 Köthen. Ein weiteres Jahr blieb er dort, es folgten zwei Jahre beim TuS Radis. Im Sommer 2015 war eigentlich alles fix für eine Rückkehr nach Köthen. Doch dann kam das Angebot aus der Schweiz.

„Ich habe die Möglichkeit bekommen, dort zu arbeiten, und dann kam noch das Trainerangebot dazu“, erzählt Stojan. Eine Chance, die er sich nicht entgehen lassen wollte. Er arbeitet bei einem Sponsor des Vereins in der Buchhaltung, vier Mal pro Woche trainiert er die Frauen des BSV Stans. Das erste halbe Jahr war schön, aber nicht einfach. Seine Familie war in Deutschland geblieben, nur kurze Besuche waren möglich. „Die Tochter nicht da, meine Frau schwanger, das war schwer“, erzählt Stojan, „ich ziehe den Hut vor meiner Frau, dass sie mir so den Rücken gestärkt hat. So etwas macht nicht jede Frau mit.“

Es ist aber nicht nur aus privaten Gründen eine Herausforderung, sondern auch aus sportlichen. „Ich musste meine lockere Art ein wenig umstellen“, sagt Stojan lächelnd. Derbe Sprüche, wie sie unter Männern üblich sind, stoßen bei Frauen auf sensible Ohren. „Und man muss auch aufmerksam bei Dingen sein, die nichts mit dem Handball zu tun haben“, so Stojan.

Er hat sich in sein neues Leben in der Schweiz reingefuchst. Stans ist ein kleiner Ort, unweit von Luzern. Viele junge Familien haben sich dort niedergelassen. „Die Menschen hier sind alle sehr freundlich und entspannt“, sagt Stojan. Im Verein hat er Unterstützung, ein Co-Trainer und ein Torwart-Trainer helfen ihm. „So etwas kannte ich nicht und im ersten Moment dachte ich, das brauche ich nicht, das kann ich selber. Aber ich bin froh, dass sie da sind“, erzählt Stojan. Mit den Spielerinnen versteht er sich gut und die Ergebnisse sprechen dafür, dass Ralf Stojan eine gute Arbeit macht. Als klarer Absteiger wurde Stans vor der Saison gehandelt, 2014/15 hielt man nur die Klasse, weil eine andere Mannschaft zurückzog. Unter Stojan hat der BSV nun schon doppelt so viele Punkte geholt, wie in der gesamten letzten Saison. „Wenn wir die Klasse halten, dann wäre das eine Sensation“, sagt er.

Vertrag bis 2017 verlängert

Obwohl es für ihn in der Schweiz gut läuft, tut ihm der Heimatbesuch gut. 20 Jahre lebte er in Dessau. Nun wolle er hier „Luft holen, relaxen, mich mit Freunden treffen“. Und das wichtigste: „Die Familie genießen.“ Natürlich verfolgt er den sportlichen Weg seiner alten Vereine Radis, Köthen und vor allem Dessau. Gerade die Tabellenführung des Dessau-Roßlauer HV in der 3. Liga Nord freut ihn sehr: „Ich hoffe, sie können das durchziehen.“

Seinen Weg in der Schweiz will Ralf Stojan weitergehen. Bis Mitte Januar ist er noch in Dessau, dann geht es zurück nach Stans. Vor wenigen Wochen verlängerte er seinen Vertrag beim BSV bis 2017. Im März oder April will er seine Familie zu sich holen. Als Auswanderung will Stojan es nicht bezeichnen. Es ist eher ein Erweitern des persönlichen Horizonts. „Auch wenn es nicht klappen sollte und ich irgendwann aus der Schweiz zurückkomme, habe ich so viele neue Erfahrungen gemacht, die mein Leben bereichern“, sagt Stojan. 2016 wird er seinen A-Schein machen. Ralf Stojan, der nur ein Jahr lang Trainer sein wollte, qualifiziert sich weiter. „Was in Zukunft passiert“, sagt er, „wird man sehen. Ich sehe das alles ganz entspannt.“ (mz)