Pfadfinderzentrum Mulde-Fuhne Pfadfinderzentrum Mulde-Fuhne: Neustart im Seegarten

Raguhn - Schwärmerei gehört zum Leben. „Wir haben hier alles vor der Haustür. Wir können wandern, mit Karte und Kompass die Orientierung im Gelände üben. Wir dürfen Natur erleben.“ Silvan Dorn vom Pfadfinderzentrum Mulde-Fuhne blickt voraus. Denn ganz so rosig sieht die Realität doch nicht aus.
Zwar können die Pfadfinder aus Raguhn und den umliegenden Orten die Natur erkunden und dabei Gemeinschaftssinn stärken. Ein geeigneter Rückzugsort fehlt den Kindern und Jugendlichen allerdings. In der Kleingartenanlage „Seegarten“ haben sie direkt hinterm Muldedeich verwaiste Parzellen überlassen bekommen. Alles scheint ideal. Zumal die Kleingärtner den Pfadfindern nicht nur Tür und Tor öffneten. Sie verstehen sie nach wenigen Monaten Zusammenarbeit bereits als Mitspieler. „Unsere Kinder und Enkel schauen schon öfter, was die Pfadfinder machen“, bestätigt Spartenvorstand Heike Schneider.
„Wir haben noch viel vor“, ist Silvan Dorn ehrlich. Auch Pfadfinder-Vereinskollegin Birgit Henke sieht den Berg voller Arbeit. In den Parzellen ist zwar das zuvor mannshohe Gras gemäht, sind tote Bäume entfernt. Noch müssen allerdings Teile von Gewächshäusern und Pavillons verschwinden. Eine Kraftprobe für die 43 Mitglieder des Pfadfinderzentrums, von denen 35 Kinder und Jugendliche sind. „Allein geht es nicht“, ist Dorn ehrlich.
Im Seegarten legen die Pfadfinder einen Neustart hin. Dass sie nach Jahren unterm Dach des Verbands christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder wegen unterschiedlicher Auffassungen um Alltag und Vereinsarbeit eigene Wege gehen, verhehlen sie nicht. Aber sie machen es nicht zum zentralen Thema. „Es geht um uns, um das Miteinander. Das zählt“, sagt Silvan Dorn und stellt das größte Projekt des 2016 gegründeten Pfadfinderzentrums vor.
Im „Seegarten“ soll eine winterfeste Jurte entstehen: als zentraler Ort der Begegnung, aber auch als Markenzeichen. An Baukosten wird sich die Aktion „Mensch“ beteiligen. Die Raguhner wissen aber, dass der Aufbau kein Zuckerschlecken wird. „Da brauchen wir Helfer und die brauchen Verpflegung und Unterkunft“, denkt Birgit Henke praktisch. Gekocht wird selbst und wie so oft überm offenen Feuer. Geschlafen wird in Koten, den unter Pfadfindern beliebten Zelt-Unterkünften. So die Theorie. Denn auch die müssen von den Raguhnern nach dem Neustart erst wieder angeschafft werden. All das kostet.
Leicht haben es Dorn, Henke und Co. nicht. Dennoch sind sie nicht müde, ihre Vorstellungen von Gemeinschaft zu vermitteln. Pfadfinderdasein als Bildungsaufgabe: So deutlich sagen es die Verantwortlichen der Raguhner nicht. Aber sie erklären, was sie ihren Schützlingen mit auf den Weg geben wollen: „Hier geht es ums Miteinander. Ich mache jetzt den Egotrip, funktioniert einfach nicht.“ Für Silvan Dorn zählt außerdem, dass Kinder und Jugendliche einander verstehen: unabhängig ihrer gesellschaftlichen Herkunft, Bildungsstand, Möglich- und Fähigkeiten. „Wir nehmen alle auf, die ein Teil der Gruppe sein wollen“, bekräftigt Birgit Henke.
Als solche können sie tief eintauchen in das Leben mit und in der Natur. Der „Seegarten“ wird dabei mehr als Treffpunkt. „Es ist richtig toll, draußen zu sein“, erklären die Pfadfinder. Im Garten wollen sie Obst und Gemüse anbauen und die Ernte selbst verarbeiten. Der Nachwuchs soll lernen, wie so etwas funktioniert. Doch schnell geht der Blick wieder in die Ferne.
Mit Rucksack in den Zug und ab in die Welt. Auch das haben die Raguhner im Sinn. Länder und Menschen kennen- und verstehen lernen das wollen sie. Und am Ende über alles in ihrer großen Jurte erzählen. Zukunftsmusik, allerdings beileibe keine Utopie.
››Die Mitglieder des Pfadfinderzentrums Mulde-Fuhne treffen sich jeden Dienstag ab 15 Uhr in der Raguhner Kleingartensparte „Seegarten“. (mz)