Illegale Müllkippen Illegale Müllkippen in Anhalt-Bitterfeld: Teure Bequemlichkeit auf Kosten der Steuerzahler

Osternienburg/Pißdorf - Das Silo unweit von Pißdorf beschäftigt Maria Brucker vom Ordnungsamt des Osternienburger Landes seit Jahren. Immer wieder kippen Unbekannte dort ihren Müll hin. Illegal.
Der Speicher ist nicht der einzige Schandfleck in der Gemeinde. Auch am Silo zwischen Elsnigk und Kleinzerbst liegt immer wieder Müll. Ebenso am Brütereiweg in Libbesdorf und am Süßkirschweg in Kleinpaschleben, um nur einige Beispiele zu nennen.
Oft sind es Bürger, die bei Maria Brucker anrufen. In der Hoffnung, dass die illegale Müllkippe bald beseitigt wird. Doch das geht nicht immer sofort. Warum, erklärt die MZ - und beantwortet einige weitere Fragen.
Wer muss diesen Müll entsorgen?
Das regelt das Abfallgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Paragraf 11, um genau zu sein. Dort heißt es sinngemäß: Liegen die Abfälle auf einem Privatgelände, muss dessen Besitzer diese auf eigene Kosten einsammeln und entsorgen. Liegt Müll dagegen auf einem Gelände, das keinen „juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ gehört, muss dieser vom „öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger“ eingesammelt und entsorgt werden.
Das bedeutet fürs Osternienburger Land: Müll, der in den Ortsteilen herumliegt, muss von der Gemeinde beseitigt werden. Für Müll, der außerhalb illegal entsorgt wurde, ist der Landkreis Anhalt-Bitterfeld zuständig. Er beauftragt dafür die Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke.
Warum wird der Müll nicht sofort weggeräumt?
Der Müll, formuliert es Hartmut Eckelmann, Geschäftsführer der Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke, müsse erst einmal seinen Amtsweg gehen. Ein Beispiel: Meldet sich ein Bürger bei Maria Brucker und erzählt, dass erneut illegale Abfälle am Silo unweit von Pißdorf liegen, fährt die Sachbearbeiterin für öffentliche Sicherheit und Ordnung zum Silo. Sie sieht sich den Müll genau an, macht ein Foto. Dieses Foto schickt Maria Brucker - inklusive einer Karte - an den Landkreis.
„Die Meldung derartiger Ablagerungen muss beim Umweltamt des Landkreises eingehen“, teilt Landkreis-Sprecherin Marina Jank mit. Das heißt: Der Bürger müsste eigentlich beim Landkreis anrufen - und nicht bei Maria Brucker. Genau genommen müsste der dann auch einen Sachbearbeiter zum Silo schicken, der sich die Abfälle ansieht und dokumentiert. Erfasst werden unter anderem Ablagerungsort sowie Abfallart und -menge.
Landkreis und Gemeinde haben sich darauf verständigt, sich gegenseitig zu unterstützen. So fährt Maria Brucker in vielen Fällen zum illegalen Müllplatz und macht Fotos. Schon allein, um den Mitarbeitern des Landkreises die Fahrerei zu ersparen. Sie hat - von Osternienburg aus, wo die Verwaltung sitzt - schließlich einen deutlich kürzeren Weg.
Den Müll entsorgen die Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke. Sie haben dafür vom Landkreis einen Auftrag und die nötigen Unterlagen bekommen, um zu wissen, wo genau der Müll liegt. „Die Entsorgung wird in das normale Tagesgeschäft unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Technik und Mitarbeiter eingegliedert“, informiert Marina Jank.
Anders sieht es aus, wenn Gefahren vom Müll ausgehen. „Dann rücken wir zeitnah aus“, macht Hartmut Eckelmann deutlich.
Was kostet illegaler Müll den Landkreis?
Der Geschäftsführer der Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke spricht von einer Viertelmillion Euro pro Jahr. Bei rund 160.000 Einwohnern, die der Landkreis hat, macht das 6,25 Euro pro Kopf.
Die Kosten - das muss denjenigen klar sein, die ihren Müll illegal entsorgen - tragen am Ende alle. Über ihre Abfallgebühren nämlich.
Was wird entsorgt?
Abgekippt wird alles Mögliche. Maria Brucker zählt auf: Asbestplatten, Autoreifen, Bauschutt, Grünschnitt, Kinderwagen, Kühlschränke, Sofas, Tierkadaver. Sie staunt immer wieder, welcher Aufwand betrieben wird, um Müll in die Landschaft zu kippen. In ihren Augen deutlich mehr Aufwand, als ihn ordnungsgemäß zu entsorgen.
Hinter abgekipptem Bauschutt vermutet Hartmut Eckelmann in einigen Fällen sogar Firmen. Denn diese Mengen könnten nur mit einem großen Fahrzeug abgekippt werden, sagt er. Ein handelsübliches Fahrzeug reiche dafür nicht aus.
Kann herausgefunden werden, wer den Müll abgekippt hat?
Möglich ist das. Aber sehr schwer. Maria Brucker sieht sich den Müll genau an. Wie auch die Mitarbeiter des Umweltamtes des Landkreises. Sie suchen nach Hinweisen darauf, wer die Abfälle dort abgelegt haben könnte. Hilfreich können unter anderem persönliche Unterlagen sein, die mit entsorgt wurden. „Sehr vereinzelt liegen auch konkrete Angaben von Zeugen vor“, sagt Landkreis-Sprecherin Marina Jank. Denen wird nachgegangen.
Was droht denjenigen, die ihren Müll illegal entsorgen?
Kann jemandem die illegale Abfallentsorgung nachgewiesen werden, kann das ziemlich teuer werden. Wie hoch die Strafe ist, richtet sich nach Abfallart und -menge. Ein Verwarngeld bis zu einer Höhe von 55 Euro droht. Oder sogar ein Bußgeld. Das kann bis zu 100.000 Euro hoch sein.
Wirklich jemanden zur Kasse zu bitten, ist allerdings gar nicht so leicht. Denn selbst wenn persönliche Unterlagen im Müll gefunden werden sollten, können sich die vermeintlichen Entsorger immer noch damit herausreden, dass jemand anderes ihren Müll dort entsorgt hat.
Hartmut Eckelmann hat kein Verständnis dafür, dass es noch immer zahlreiche Bürger gibt, die ihren Müll illegal in der Landschaft entsorgen. „Manche wollen es nicht begreifen“, sagt er. „Da hilft alles Predigen nichts.“ Jeder könne seinen Müll bequem ordnungsgemäß entsorgen. Das finanzielle Argument lässt der Geschäftsführer der Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke nicht gelten. Auch bei Sperrmüll nicht. Schließlich wird der per Abrufkarte, die in der Abfallfibel zu finden ist, kostenlos abgeholt.
Das Osternienburger Land setzt seit Jahren ein Zeichen gegen illegale Müllkippen. Es beteiligt sich im Frühjahr an der Aktion „Let’s Clean Up Europe“. Neben den Gemeindearbeitern sammeln dann auch Mitglieder von Vereinen den Müll auf, den andere achtlos in der Natur entsorgt haben. (mz)
