Handball Handball: Schiedsrichter-Duo rückt in Bundesliga-Kader des DHB
Köthen/Kühnau/MZ - Gibt es etwas Undankbareres, als Schiedsrichter zu sein? Steuerprüfer vielleicht, aber das ist vom Prinzip her das gleiche: Anhand eines Regelwerkes wird überprüft, ob sich der Prüfling an festgelegte Regeln gehalten hat. Ein Unterschied aber gibt es: Der Steuerprüfer wird beim Ausüben seiner Tätigkeit nicht von Zuschauern beobachtet.
Marcus Pesth und Tobias Fröbe sind keine Steuerprüfer, sondern Handball-Schiedsrichter. Wie man dazu kommt? „Mein Verein brauchte Schiedsrichter“, sagt Marcus Pesth. Sein Verein, das ist die HG 85 Köthen. Bei Tobias Fröbe lief es etwas anders. Bei der SG Kühnau hatte er in der Jugend gespielt. Wegen der Ausbildung verschlug es ihn nach Berlin. Das Spielen rückte in den Hintergrund. „Aber ich wollte dem Handball verbunden bleiben und habe dann angefangen zu pfeifen“, erzählt Fröbe.
Akzeptanz erarbeiten
Seit 2007 pfeifen Pesth (Jahrgang 81) und Fröbe (Jahrgang 86) nun schon zusammen. Seit dieser Saison gehören sie zum Bundesliga-Kader des Deutschen Handball Bundes, das heißt, Pesth und Fröbe dürfen nun Spiele der 2. Bundesliga der Männer und Frauen pfeifen. Ein Aufstieg, den sich die beiden durch gute Leistungen in der 3. Liga ermöglicht haben.
Als sie 2007 in der Verbandsliga starteten, dachte keiner der beiden an den Bundesligakader. Doch sie entwickelten sich stetig weiter. In der Saison 2010/11 pfiffen sie das Eröffnungsspiel der Mitteldeutschen Oberliga. Dann folgte der Aufstieg in die 3. Liga. „Die Beurteilungen wurden von Saison zu Saison besser“, sagt Tobias Fröbe. Am Ende der Saison 2012/13 konnten sie sich berechtigte Hoffnungen auf den Bundesligakader machen. „Wir hatten ein gutes Gefühl“, so Fröbe. Es täuschte nicht.
Am 28. September war es nun soweit. Marcus Pesth und Tobias Fröbe pfiffen ihr erstes Spiel in der 2. Bundesliga. TV Hüttenberg gegen HSG Tarp-Wanderup, beide Teams zum damaligen Zeitpunkt noch ohne Punkt. „Logisch“, sagt Pesth, „wir waren aufgeregt.“ Mit dem ersten Pfiff war das aber überstanden. „Es wurde dann besser und besser“, sagt Fröbe. Das sportliche Resultat hieß 27:19 für Hüttenberg. Das Resultat für das Gespann Pesth/Fröbe war erfreulich. „Wir wurden von den Spielern akzeptiert, nicht kritisiert und haben eine gute Beurteilung bekommen“, sagt Marcus Pesth.
Akzeptanz bei Spielern und Trainern muss sich das Schiedsrichtergespann in der 2. Bundesliga noch erarbeiten. Das ist einer der Unterschiede zur 3. Liga. „Wir müssen erst einmal in der Liga ankommen“, sagt Tobias Fröbe. Das brauche seine Zeit. Ein weiterer Unterschied: „Es geht professioneller zu“, sagt Marcus Pesth. Es steckt mehr Geld dahinter, die Spieler sind meist Profisportler. Fröbe nennt das „Zirkus der Bundesliga.“ Und: Die Hallen sind voller. Kommen in der 3. Liga im Schnitt zwischen 500 und 600 Zuschauern, sind es in der 2. Bundesliga meist über 1 000. „Damit muss man erstmal klar kommen“, sagt Pesth.
Ein Umstand, der aber sein Gutes hat. Die Beleidigungen der Zuschauer verschwimmen nicht identifizierbar im Stimmen-Meer. „Am schlimmsten ist es, wenn 30 Leute dasitzen“, sagt Pesth: „Da hörst du jeden Kommentar.“ Mit den Jahren blendet das ein Schiedsrichter aus.
„Wir ergänzen uns sehr gut“
Marcus Pesth fällt das manchmal schwerer als seinem Kollegen Tobias Fröbe. „Marcus reagiert emotionaler als ich“, sagt Fröbe. Ein Vorteil für Fröbe, der aber manchmal auch ein Nachteil sein kann, wie er selbst findet. „Ich lasse mir von Spielern und Trainern länger etwas gefallen“, sagt Fröbe: „Da ist Marcus energischer. Das ist ein Vorteil.“
Kurzum: Das Schiedsrichterpaar Marcus Pesth und Tobias Fröbe passt gut zusammen. „Unser größter Pluspunkt ist“, sagt Fröbe, „dass wir uns sehr gut ergänzen.“ Das haben auch die Schiedsrichterbeobachter gesehen. Und deshalb pfeifen Pesth/Fröbe nun 2. Bundesliga. In der 3. Liga kommt das Gespann aber nach wie vor zum Einsatz. Zu unterschätzen ist das nicht. Auch in Deutschlands dritthöchster Spielklasse geht es um viel. Das wissen Pesth und Fröbe. Es gibt aber Tage, da können sie so gut pfeifen, wie nur möglich, sie werden von den Fans gnadenlos ausgepfiffen. „Bei einem Derby wie Bernburg gegen Aschersleben kannst du als Schiedsrichter machen, was du willst, du hast verloren“, sagt Marcus Pesth. Dann doch lieber Steuerprüfer.