1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Anhalt-Bitterfeld
  6. >
  7. Fußball: Fußball: Nur Lippenbekenntnisse?

Fußball Fußball: Nur Lippenbekenntnisse?

Von christian kattner 14.05.2012, 18:05

sandersdorf/MZ. - Die Mitteilung kam per Post. Kurz und knapp wurde den Verantwortlichen von Union Sandersdorf und allen anderen Fußball-Verbandsligisten am Ende der vergangenen Woche mitgeteilt, dass Rot-Weiß Kemberg in der kommenden Saison in der Landesliga spielen wird. "Mit Schreiben vom 13.04.2012 an das Präsidium des Fußballverbandes Sachsen-Anhalt, bat der SV Rot-Weiß Kemberg um Prüfung der Einordnung in die Landesliga für das Spieljahr 2012 / 2013, unabhängig der erreichten sportlichen Qualifikation. Begründet wurde dieser Antrag mit der wirtschaftlichen Situation des Vereins", hieß es in der Mitteilung des Fußballverbandes.

Diesem Antrag gab der statt und Kemberg steht damit neben dem insolventen FC Grün-Weiß Wolfen als zweiter Absteiger fest. Doch verhält sich die weitere Verfahrensweise in diesem Fall etwas anders. Denn Kemberg wird noch alle angesetzten Spiele der Rückrunde absolvieren - auch die bereits ausgetragenen Partien werden, nicht wie im Fall Wolfen, weiter angerechnet und nicht annulliert. "Es ist nicht wettbewerbsfördernd", sagt Ralf Streich, "die Spieler werden nicht mehr mit einhundert Prozent zur Sache gehen", so der Sandersdorfer Mannschaftsleiter. Der musste erst vor zweieinhalb Wochen in Kemberg eine 1:2-Niederlage mit seiner Mannschaft hinnehmen. "Daran waren wir letztendlich selber schuld", so Streich, "wir hätten da gewinnen müssen." Es ginge ihm bei seinem Ärger über dieser Entscheidung nicht um das eigene Interesse, sondern viel mehr um das der gesamten Liga.

Was er damit meint, zeigte die Kemberger Partie gegen Haldensleben. Gerade noch gegen Sandersdorf mit 2:1 gewonnen, ergaben sich die Rot-Weißen bereits im Vorfeld, indem sie nur mit zehn Spielern anreisten. Auf dem Feld gab es dann eine 0:14-Klatsche und damit ein sattes Toreplus für Haldensleben, welches zu diesem Zeitpunkt immer noch Hoffnungen in Richtung Tabellenspitze hegte. Genau das kann nun auch im Schlussspurt der Verbandsliga passieren. "Sie haben natürlich nicht den Kopf frei wegen der ganzen Situation. Aber sie haben Charakter bewiesen", sagte Kembergs Trainer Falko Rupprecht nach dem 0:0 am vergangenen Spieltag gegen Lok Stendal. Leicht sei es niemanden gefallen, diesen Antrag beim FSA zu stellen, betonte ausdrücklich Stefan Kohnert, Mitglied Abteilungsleitung. "Wir wissen, dass wir damit Enttäuschungen bei den Verbandsliga-Spielern und den Fans hervorrufen."

Doch warum jetzt dieser Schritt kurz vor Saisonende? Kohnert geht nicht im Detail auf die wirtschaftlichen Gründe ein, "dies ist Vereinssache". Er deutete jedoch an, "dass wir in den vergangenen Monaten festgestellt haben, dass die Verbandsliga finanziell eine Nummer zu groß ist". Der Verein besteht seit 80 Jahren, "wir wollten nicht wie andere in die Situation kommen, in einigen Monaten die Insolvenz anmelden zu müssen." Das Abteilungsmitglied spricht davon, dass man nicht mehr den Weg beschreiten kann und will, das Team mit teuren, auswärtigen Spielern zu bestücken, um in der Liga zu bestehen.

Aus rein sportlicher Sicht kannFalko Rupprecht den freiwilligen Abstieg nicht verstehen. "Ich kann mir keine Meinung bilden, was finanzielle Belange betrifft. Da habe ich keinen Einblick." Er findet jedoch, dass sich der Verein selbst um Chancen bringt. "Die Attraktivität und die Anziehungskraft leiden mit der Aussage, dass man nicht höher als Landesliga spielen will, auf jedem Fall."

Rupprecht war Anfang der vergangenen Woche über die Entscheidung informiert worden. Zur Wochenmitte hatte er die Mannschaft unterrichtet. "Da ist die Meinung zweigeteilt", sagte er, fügte aber zugleich an: "Vor unseren Fans gegenüber haben wir die Pflicht, anständig die Liga zu verlassen. Auch wenn wir wissen, dass der Abstieg jetzt doch kommt, wollen wir die letzten Begegnungen erfolgreich abschließen." Im Sinne der Liga, des Vereins und des Fußballs bleibt zu hoffen, dass das nicht nur Lippenbekenntnisse sind, sondern den Worten auch Taten folgen.