Foto-Montage mit Spiegel-Reporter Foto-Montage mit Spiegel-Reporter: AfD verbreitet Fälschung - und löscht Twitter-Post

Köthen/Bitterfeld - Das Magazin „Der Spiegel“ hat den größten hausgemachten Skandal in seiner mehr als 70-jährigen Geschichte zu verdauen: Der Reporter Claas Relotius hat Passagen mehrerer Artikel erfunden. Ein Fall, der das Misstrauen mancher Bürger gegenüber etablierten Medien schürt - und eine Affäre, die ihrerseits Fälschungen im Netz hervorgerufen hat. Auch der hiesige AfD-Kreisverband hat eine solche Fälschung verwendet.
Von wem die Fälschung stammt, ist unklar
Das zuständige Team für das Konto des Kreisverbandes auf der Kurznachrichtenplattform Twitter ist einer Fotomontage aufgesessen: Auf dem Foto eines Buchdeckels ist ein Zusatz montiert. Es handelt sich um den Buchdeckel von „Haltung zeigen“ der ARD-Journalistin Anja Reschke. In gleicher Schriftart und -farbe ist beigefügt: „Mit Vorwort von Claas Relotius“. Eine Fälschung. Von wem, ist unklar. Reschke hat das Vorwort für ihr Buch (im September erschienen) selbst geschrieben.
Über dem gefälschten Bild schreibt der AfD-Kreisverband in höhnischen Worten: „Haltung zeigen! R…wie #Relotius, #Reschke oder #Restle“. Georg Restle ist der Moderator und Chef des ARD-Magazins „Monitor“. Der Journalist hatte sich wie Reschke mehrfach öffentlich gegen die AfD positioniert.
Roi: Man habe ein Vorwort von Relotius für möglich gehalten
Der Kreisverband der AfD hat den Beitrag gelöscht, nachdem klar geworden sei, dass es sich um eine Fälschung handelt, antwortet Daniel Roi, der Kreisvorsitzende der Partei, auf MZ-Nachfrage. Man habe ein Vorwort von Relotius zunächst für möglich gehalten, „denn Reschke vertritt wie auch Restle genau jene Art des Haltungsjournalismus, der zum Inhalt hat, dass Journalisten auch Meinungen zu transportieren haben“, schreibt Roi.
Und: „Reschke war zudem mehrfach in der Jury, als der vielfach preisgekrönte ,Journalist’ Relotius einen Preis erhielt.“ In den Jahren 2013, 2015, 2016 und 2018 erhielt Relotius den Deutschen Reporterpreis, Reschke saß mehrfach in der Jury.
(mz)