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Caspar David Friedrich Wie er wurde, was er war

Das Pommersche Landesmuseum in Greifwald zeigt eine besondere Ausstellung über den berühmtesten Sohn der Stadt – den vor 250 Jahren geborenen Caspar David Friedrich.

Von Uta Baier 29.04.2024, 17:29
Geboren in Greifswald: Porträt des Malers Caspar David Friedrich in der Ausstellung „Lebenslinien“
Geboren in Greifswald: Porträt des Malers Caspar David Friedrich in der Ausstellung „Lebenslinien“ (Foto: Stefan Sauer/dpa)

Greifswald/MZ. - Jeder Künstler hat eine Geburtsstadt, doch nicht jeder berühmte Künstler bringt auch seiner Geburtsstadt Ruhm. Meist bleiben Geburtsorte nicht mehr als eine biografische Notiz. Greifswald, die Stadt, in der Caspar David Friedrich am 5. September vor 250 Jahren geboren wurde, könnte eine solche Notiz sein – selbst im Jubiläumsjahr. Denn die großen Ausstellungen mit den berühmtesten Gemälden werden von Hamburg, Berlin, Dresden und im kommenden Jahr von New York ausgerichtet. Für die Geburtsstadt bleiben da keine Werke übrig. Sollte man meinen.

Doch Greifswald und sein Pommersches Landesmuseum sind gar nicht auf die großen Sammlungen angewiesen. Das Museum besitzt selbst 60 Zeichnungen, bedeutende Archivalien und sechs Friedrich-Gemälde. Diese Schätze zeigt es jetzt erstmals vollständig in einer liebevoll arrangierten Zusammenstellung – samt einiger Leihgaben. „Lebenslinien“ heißt die Ausstellung, die bis 4. August zu sehen ist.

200 Jahre im Privatbesitz

Beginnend mit dem Taufbucheintrag im Register der Domgemeinde, über Zeichnungen des Schülers beim ersten Zeichenlehrer Johann Gottfried Quistorp bis zu späten Gemälden folgt sie dem Lebenslauf des Künstlers. Weil Friedrichs Beziehungen zur Familie, zu Greifswald und zur Ostseelandschaft immer eng waren, blieben Werke in der Stadt.

Unter ihnen nimmt das Gemäldepaar „Hinabsteigende Frau mit Leuchter“ und „Zum Licht hinaufsteigende Frau“ eine Sonderstellung ein. Beide Bilder entstanden nach 1820 wohl für Friedrichs Bruder Adolf. Stimmt die Annahme des Museums, sind es Erinnerungsbilder an dessen 1820 gestorbene Frau Margarete. Niemals Teil einer öffentlichen Sammlung waren die beiden Bilder fast 200 Jahre in Privatbesitz. 2005 kaufte das Museum mit Hilfe zahlreicher Unterstützer die „Zum Licht hinaufsteigende Frau“. Die „Hinabsteigende Frau“ war da bereits als Dauerleihgabe vor Ort. Seit kurzem gehört sie dem Museum vollständig, denn nicht nur Friedrich blieb seiner Heimat verbunden.

Der in Greifswald geborene Hans-Georg Lorenz aus Bremerhaven, der mit 19 Jahren mit einem Segelboot aus der DDR floh, schenkte aus Anlass des Jubiläums dem Museum seinen Anteil am Bild. Damit besitzt es ein einmaliges Bilderpaar, denn diese Bilder zeigen Innenräume. Die anderen zehn Paare sind Friedrich-typische Landschaften in unterschiedlichen Lichtstimmungen, zu verschiedenen Jahreszeiten oder zu korrespondierenden Themen. Die aktuelle Berliner Ausstellung versammelt acht dieser Paare, darunter das wohl berühmteste „Mönch am Meer“ und „Abtei im Eichwald“.

„Fühlen, was schön ist“

Natürlich zeigen die großen Ausstellungen mehr Bilder als die kleine Geburtsstadt. Natürlich erzählen sie die Geschichte des Künstlers und der Entstehung seines Ruhmes mit aufwendigen Inszenierungen und großartigen Gemälden. Doch wie aus dem Sohn eines Seifensieders und Kerzenziehers ein Künstler wurde, das erfährt man am besten in der Greifswalder Ausstellung mit ihren Zeichenübungsblättern und den Gemälden, wie etwa „Ruine Eldena im Riesengebirge“.

Es ist nicht das eindrucksvollste Gemälde im Werk Friedrichs, aber es illustriert das Prinzip des Friedrichschen Bildergestaltens perfekt: Er saß (oder stand) in seinem penibel aufgeräumten, fast leeren Atelier vor der Staffelei und setzte seine Gemälde aus dem zusammen, was ihm wichtig war. So hat ihn sein Freund Georg Friedrich Kersting auf den beiden berühmten Atelierbildern dargestellt. „Vor der Staffelei musst du fühlen, was schön ist“, hat Friedrich geschrieben und kombinierte für das Gemälde von 1830/34 die Klosterruine Eldena in Greifswald mit der Kulisse des Riesengebirges. Was sein Leben war, was ihn am meisten inspirierte, ist in diesem Bild versammelt – nicht die Natur-Realität. Ein Jahr nach Vollendung des Bildes erlitt der Künstler einen Schlaganfall, der auch seine Malhand lähmte, fünf Jahre danach (1840) starb er in Dresden.

Seine Heimatstadt ist nicht erst seit den Vorbereitungen zum 250. Geburtstag im Friedrich-Fieber. Es gibt eine Caspar-David Friedrich-Straße, das Caspar-David-Friedrich-Zentrum am Ort des Stammhauses der Familie informiert über den Maler, 2025 soll eine Galerie der Romantik eröffnen. Seit Ostern ist eine dauerhafte Hommage im evangelischen Dom, in dem Friedrich getauft wurde, zu sehen. Der isländisch-dänische Künstler Olafur Eliasson hat die Fenster des Ostchors neu gestaltet.

Chorfenster von Eliasson

Grundlage ist das eindeutig politische Friedrich-Gemälde „Huttens Grab“ von 1823/24. Eliasson entnimmt ihm (nur) die Lichtstimmung und überträgt sie in die gotischen Chorfenster des Doms. Dank hochmoderner Lichtführung mittels Effektspiegeln strahlen die Fenster aus 3.383 einzelnen Scheiben in 65 Farbtönen nun den ganzen Tag von zartrosa über leuchtend gelb bis hellblau – wie über Huttens Grab.Greifswald, Pommersches Landesmuseum, bis zum 4. August, kein Katalog. Berlin, Alte Nationalgalerie, ebenfalls bis zum 4. August, Katalog im Prestel Verlag, 49 Euro.