Stadtmuseum Zerbst Ausstellung in Zerbst: Fasch - Ein vortrefflicher Herr
Auch er brachte Anhalt zum Klingen: Das Stadtmuseum Zerbst erinnert an den großen Barock-Komponisten Johann Friedrich Fasch aus Anlass seines 300. Geburtstages.
Zerbst/MZ - Ein Porträt von ihm ist nicht erhalten, Mobiliar und Bücher mussten verkauft werden, um Familienschulden zu tilgen. Die Noten wurden im Feuersturm des 16. April 1945 mit dem Zerbster Stadtarchiv zum Großteil vernichtet. Was übrig blieb, ist mit Blick auf den Gesamtbestand schmerzlich wenig, aber doch genug, um sicher zu wissen: Johann Friedrich Fasch, Hofkapellmeister im anhaltischen Zerbst, war nicht einer von zahllosen ordentlichen Barockkomponisten, wie es sie an jedem deutschen Adelshof gab. Er war ein ganz Großer seiner Zunft, durchaus im gleichen Atemzug mit Bach, Telemann und Händel zu nennen.
Letzte große Blüte
Die Barockszene weiß ihren Fasch wohl zu schätzen. Doch gebührend gefeiert wird der 1688 in Buttelstedt bei Weimar geborene Sohn eines Schulrektors in seiner Heimatstadt Zerbst. Ein „nur“ sollte man dabei getrost weglassen, denn das würde die Zerbster Anstrengungen der vergangenen Jahrzehnte herabsetzen. Seit 1983 finden hier Fasch-Festtage und wissenschaftliche Fasch-Konferenzen mit weltweiter Beteiligung statt. Die Internationale Fasch-Gesellschaft sorgt mit der Stadt und manch anderen dafür, dass es nie still wird um den Meister.
Lange vorbereitet, mehrfach unter Corona verschoben, ist nun im Museum der Stadt Zerbst (geleitet von Agnes-Almuth Griesbach) eine Ausstellung über Johann Friedrich Fasch zu sehen, die an den 300. Jahrestag seines Amtsantritts im Jahr 1722 erinnert.
Fasch wollte kein Latein unterrichten
1722, das ist ein spannendes Jahr, in dem Bach gerade noch Hofkapellmeister in Köthen war und sich anschickte, Thomaskantor in Leipzig zu werden. Für das Amt gab es mit Georg Philipp Telemann und Christoph Graupner freilich zwei andere Favoriten – eigentlich sogar drei, denn Fasch, der in Leipzig studiert hatte, wurde vom Rat der Stadt aufgefordert, sich ebenfalls zu bewerben. Woraus letztlich nichts wurde, weil der damals in Prag ansässige Komponist nicht bereit war, den geforderten Lateinunterricht zu erteilen.
Der Rest ist Geschichte: Telemann blieb in Hamburg und handelte eine Gehaltserhöhung dafür aus, dass er nicht nach Leipzig ging. Graupner sagte ebenfalls ab, und Bach wurde Thomaskantor. Johann Friedrich Fasch aber sollte bis zu seinem Lebensende im Fürstentum Anhalt-Zerbst bleiben, das um 1750 eine letzte große Blüte erlebte. Er formte die Zerbster Hofkapelle zu einem herausragenden Klangkörper der Zeit.
Ein Inventar der „Zerbster Concert-Stube“ aus dem Jahr 1743 belegt nicht nur, welch anspruchsvolle Musik am Zerbster Hof gepflegt wurde. Es macht auch deutlich, welches Arbeitspensum Fasch bewältigte. Rund 1.000 Kantaten hat er geschrieben, an die 80 Orchestersuiten, mannigfaltige Konzerte, Kammermusik, auch einige (verschollene) Opern und so manches mehr. Frappierend ist die Qualität all dieser Werke. Maik Richter, Leiter des Heinrich-Schütz-Hauses in Weißenfels, Fasch-Experte und Autor der Ausstellung, fasst zusammen: „Es heißt oft, wer mehr als Bach komponierte, war ein Vielschreiber und lieferte keine Qualität. Fasch hat das Gegenteil bewiesen.“
Musikalischer Europäer
Die kleine Schau in den alten Mauern des Zerbster Francisceums zeigt historische Dokumente und Instrumente, Fayencen und Geschirr. Sie bietet knapp und gut formulierte Einführungstexte. Und in den Medienstationen umfänglich das, was Fasch wirklich ausmacht: seine Musik. Doch wie klingt sie?
Erstaunlich genug, der Zerbster Hofkapellmeister ist musikalischer Europäer, obgleich er selbst den deutschen Sprachraum nie verlassen hat: In seinen Werken findet sich Französisches ebenso wie Italienisches und noch manch anderes Idiom. Er hat prächtig repräsentative Musik geschrieben, etwa eine Feuerwerksmusik anlässlich der Hochzeit der Zerbster Fürstentochter und späteren Zarin Katharina II. Doch eigentlich dominieren bei ihm feine Töne und zarte Klangfarben. Gespielt auf den nuancenreichen historischen Instrumenten, rühren Faschs Werke das Herz besonders an. Ganz besonders ist die Hervorhebung der Blasinstrumente, die er mit wunderbaren Aufgaben bedenkt, etwa in den Ouvertürensuiten, Konzerten oder in seiner Pfingstkantate.
Alles im Schrank
Der Zerbster Hof bot gute Entfaltungsmöglichkeiten und band zugleich. An eine Vermarktung eigener Kompositionen war wenig zu denken. Ein Glück: Zum Austausch mit den Kollegen in Mitteldeutschland sandte Fasch Manuskripte an andere Höfe, vor allem nach Dresden. Auch dort gab es 1945 bekanntlich furchtbare Zerstörung. Doch die wertvolle Musikaliensammlung im „Schrank No: II“ der Dresdner Hofkirche, sie ist erhalten. Und mit ihr Musik des Zerbster Hofkapellmeisters.
Bis 26. Januar: „Der vortreffliche Herr Kapellmeister Fasch. Drei Jahrhunderte Fasch in Zerbst. Sonderausstellung des Museums der Stadt Zerbst (Anhalt). Zerbst, Weinberg 1, geöffnet Do-So 11-17 Uhr