Korruptionsaffäre in Sachsen Korruptionsaffäre in Sachsen: Staatsanwalt prüft Anzeige gegen de Maizière
Dresden/dpa. - Milbradt schließt einem Bericht der Tageszeitung «Die Welt» (Montag)zufolge nicht aus, dass der ehemalige Innenminister des Freistaates(2004-2005) bereits früh von der Datensammlung desVerfassungsschutzes zur organisierten Kriminalität gewusst hat. Aufdie Frage, ob auch de Maizière Kenntnisse hatte, sagte Milbradt derZeitung: «Das mag sein.» Die Staatsanwaltschaft Dresden prüft indeseine Strafanzeige gegen de Maizière.
«Ich bin vor einigen Monaten über das Problem informiert worden,dass Akten existieren und dass der Datenschutzbeauftragte eineVerwertung für rechtswidrig hält», sagte Milbradt der Zeitung. DieAkten selbst kenne er nicht. Dem Blatt zufolge weiß Milbradt seitmindestens acht Monaten, dass der Verfassungsschutz möglicherweisebrisante Fälle zur organisierten Kriminalität gesammelt hat. Laut demLandtagsabgeordneten Karl Nolle (SPD) weiß der Ministerpräsident seitNovember von der Datensammlung. Milbradt sei in Kamenz von einemStaatsanwalt darüber informiert worden, teilte Nolle mit.
In Sachsen sorgen seit knapp vier Wochen fast täglich neue schwereVorwürfe gegen Richter, Staatsanwälte, Polizisten und hohe Politikerfür Aufregung. Medienberichten zufolge enthalten bislang geheimeVerfassungsschutzakten Hinweise auf brisante Verbindungen von Justiz,Polizei und Politik zur organisierten Kriminalität. Erste Unterlagenwaren in den vergangenen zwei Wochen an die StaatsanwaltschaftDresden und in Kopie an die Generalbundesanwaltschaft übermitteltworden, die sich aber vorerst nicht mit der Affäre in Sachsenbeschäftigen will.
Unterdessen prüft die Staatsanwaltschaft Dresden eine Strafanzeigegegen de Maizière. «Ich hoffe, dass wir möglichst bald Genaueressagen können», sagte Oberstaatsanwalt Christian Avenarius am Sonntagder dpa. Er bestätigte einen Bericht der «Morgenpost am Sonntag»,wonach gegen den früheren Innenminister eine Anzeige wegenStrafvereitelung im Amt gestellt wurde.
De Maizière soll als Innenminister die ParlamentarischeKontrollkommission des Landtages (PKK) nicht über Erkenntnisse desGeheimdienstes informiert haben. Der PKK-Chef Gottfried Teubner (CDU)hatte de Maizière am Donnerstag vorgeworfen, in seiner Zeit alssächsischer Innenminister Vorschriften «nicht für ganz voll genommen»zu haben. Sein Handeln im Umgang mit geheimen Verfassungsschutzaktensei «glatter Rechtsbruch» gewesen. Auch Nolle sprach am Sonntag vonRechtsbruch. Für die Bundestagsfraktion Die Linke ist de Maizière alsKanzleramtsminister nicht mehr tragbar, sollten sich die Vorwürfebestätigen.
Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» geht auseinem Aktenvermerk hervor, dass die jetzt vorliegenden Fälle«zwischen April 2005 und Mitte Juli 2005 bekannt wurden». DerVerfassungsschutz habe intern versichert, die Erkenntnisse zeitnahauch de Maizières Ministerium mitgeteilt zu haben. Demnach hätte esweitaus früher zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kommen können,schreibt das Magazin.