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Jan-Hendrik Olbertz Jan-Hendrik Olbertz: «Ich möchte den Perspektivwechsel»

20.04.2010, 15:23

MAGDEBURG/MZ. - KultusministerJan-Hendrik Olbertz (parteilos) wechselt nachBerlin. Der 55-Jährige war seit 2002 Kultusministerauf CDU-Ticket. Zuvor machte er als Erziehungswissenschaftlerin Halle Hochschulkarriere. Olbertz ist verheiratetund hat drei Töchter. Über seinen bevorstehendenAmtswechsel sprach mit ihm sprach für dieMZ Caroline Hebestreit.

Nach acht Jahren als Kultusminister in Sachsen-Anhaltzieht es Sie nach Berlin. Haben Sie genugvon der Politik?

Olbertz: Nein. Ich bin ja nicht aufder Flucht, sondern ich stelle mich einerneuen Aufgabe, die mich sehr fasziniert. Nurdie Humboldt-Universität konnte mich so reizen,diesen Wechsel zu diesem Zeitpunkt in Angriffzu nehmen. Ich werde die Politik auch künftignicht meiden, aber ich möchte gerne diesenPerspektivenwechsel, den ich vor acht Jahrenvon der Wissenschaft in die Politik vorgenommenhabe, jetzt noch einmal umgekehrt vollziehen.

Obwohl von der CDU zum Minister berufen,wollten Sie nie in die Partei eintreten...

Olbertz: Das hat überhaupt nichtszu tun mit einer mangelnden Identifikationmit der Partei, die mich über acht Jahre getragenhat. Das liegt eher in meiner Biographie undin dem Umstand begründet, dass ich erst sehrspät in die Politik eingetreten bin. Im übrigenbin ich ja auch als Fachmann von außerhalbin die Politik gekommen, das war ja damalsdas Konzept des Ministerpräsidenten. Insofernbin ich nie der Vorzeigepolitiker gewesen,sondern jemand, der aus der Wissenschaft kamund bereit war, politische Verantwortung zuübernehmen. Das habe ich gern gemacht undmache es bis heute gern. Aber acht Jahre sindauch eine lange Zeit und insofern ist es richtig,sich nun nach neuen Perspektiven umzusehen.

Was hat für Sie den Ausschlag gegeben,sich wieder der Wissenschaft zuzuwenden?

Olbertz: Der Ausschlag war einmalder Zeitpunkt der vakanten Stelle und natürlichdie Humboldt-Universität selbst. Sie verkörpertwie keine andere Institution die Stützpfeilereiner modernen Universität, nämlich Bildungdurch Wissenschaft, Einheit von Forschungund Lehre und die unbedingte Lehr- und Forschungsfreiheit.Es interessiert mich einfach, wie man nachdiesen Prämissen eine moderne Universitätentwickeln kann, die auch auf neue Phänomene,etwa die enorme Ausdifferenzierung der Wissenschaften,reagieren muss und welche Konsequenzen dasfür die Lehre hat.

Werden Sie auch in die Bundeshauptstadtziehen?

Olbertz: Ja. Das wird zwar nicht vonheute auf morgen passieren. Aber ich glaube,man kann eine solche Aufgabe nicht als Pendlerwahrnehmen.

Ein kurzer Blick auf ihr Ministeramt:Worauf sind Sie stolz, was ist weniger gutverlaufen?

Olbertz: Ich denke, ein paar Sachenhaben gut geklappt. Ich bin der Meinung, dassdie Hochschulstrukturdebatte am Ende erfolgreichverlaufen ist. Auch wenn das ein konfliktreicherWeg war. Die Umstellung von dreizehn auf zwölfSchuljahre zum Abitur ist ebenfalls ganz gutgelungen, und den Ausbau der Moritzburg zumKunstmuseum des Landes in Halle würde ichals Lichtblick bezeichnen. Andere Dinge sindnicht so gut geglückt. Ich bin zum Beispielbekümmert darüber, dass es nicht gelungenist, die Schulabbrecherquote wirklich spürbarzu senken. Es gibt da zwar in den letztenJahren einen ganz guten Trend, aber da habenwir noch lange nicht das Ziel erreicht.

Eine Sache, die noch auf ihren Ausgangwartet, ist der Bildungskonvent, der seitJahren um eine Lösung in Sachen Schulstrukturringt. Welchen Ausgang wünschen Sie der Debatte?

Olbertz: Ich wünsche mir einen fairenKompromiss, der die Diskussionslage öffnet.Ich wünsche mir, dass wir die Schulstrukturennicht als machtpolitische Frage, sondern wirklichals bildungspolitische Frage behandeln. Undich wünsche mir die Bereitschaft, bereitsbestehende Modelle des längeren gemeinsamenLernens in Sachsen-Anhalt besser anzuerkennen.Ich spreche da von den Gesamtschulen oderder besonderen Form eines Gymnasialzweigesan den Sekundarschulen in Tangermünde undin Seehausen. Solche kooperativen Modelleunterschiedlicher Bildungsgänge unter einemDach sollten gerade im ländlichen Raum weiterausgebaut werden. Wir haben im Bildungskonventein hohes Maß an Übereinkunft in Bezug aufAnsprüche und Ziele. Dass es über einzelneWege unterschiedliche Auffassungen gibt, istdoch nichts Schlimmes. In der Mitte solltenwir uns treffen und dieses und jenes einfachauch mal ausprobieren. Das wäre für mich eineKompromissformel, von der ich hoffe, dasssie in der nächsten Sitzung auch mehrheitsfähigist.

Was werden Sie nach Ihrem Weggang ausSachsen-Anhalt vermissen?

Olbertz: Ich werde eine Menge vermissen,meinen Freundeskreis natürlich, die Kolleginnenund Kollegen, sowohl im Kabinett als auchim Parlament und die Mitarbeiter meines Ministeriums,das fällt mir schon nicht leicht. Ich werdeauch Halle vermissen eines Tages, weil ichdie Stadt lieb gewonnen habe über die Jahre.Vielleicht vermisse ich bald auch ein wenigdie Übersichtlichkeit der Lebensverhältnisse,die in Sachsen-Anhalt doch herrscht, andersals in einer Metropole wie Berlin. Das mussman sicher erstmal abwarten, aber ich werdeimmer in guter innerer Verbindung zu Sachsen-Anhaltbleiben.