Innenministerkonferenz Innenministerkonferenz: Gipfeltreffen auf dem Brocken
Schierke/MZ. - Am Anfang war die Idee. Von wem genau, lässt sich heute nicht mehr exakt sagen. Es geht die Mär, dass Sachsen-Anhalts Innenminister Manfred Püchel (SPD) eines schönes Tages versonnen vom Brockengipfel in das Land geschaut und den folgenschweren Satz "Hier und nirgendwo anders" gesprochen haben soll. Dagegen steht die Geschichte über den obersten Ressort-Chef. "Wenn wir schon in Sachsen-Anhalt tagen, dann so nah wie möglich am Brocken", lautete demnach die rigerose Forderung von Otto Schily.
Sei es wie es sei: Im Mai 2001 schlägt dem Harz die große Stunde. Püchel ist Vorsitzender der Innenminister-Konferenz und damit turnusmäßig Gastgeber für seine Amtskollegen. Am 9. und 10. des Wonnemonats wird die erlesene Minister-Schar das einstige Grenz-Örtchen Schierke besiedeln - im Gefolge ein Tross von Mitarbeitern, Ausarbeitern und Sicherheitsmenschen. Und immerhin haben sich bereits 80 Medien angemeldet.
Ministeriums-Sprecher Matthias Schuppe ist glücklich, dass in der 870-Seelen-Gemeinde ein "Basislager" gefunden worden ist. Ganz hinten links, am Ende von Schierke kurz vor dem Weg zum Gipfel steht ein imposanter Bau: die Bildungsstätte der Maschinen- und Metall-Berufsgenossenschaft. Alles vom Feinsten, alles vom Neuesten, alles tip-top: die Außenanlagen, die Parkplätze, die Tiefgaragen. Fünf Seminarräume, zwölf Gruppenräume, ein Auditorium, modernste Technik - "die Minister können kommen", sagt Leiter Gunnar Sauerwein, ein Mann, der 29 Jahre im EHW Thale gearbeitet hat und heute sichtlich stolz auf das ist, was die Genossenschaft an den Fuß des Brockens gestellt hat.
Für eine Woche wird das Haus im Mai dicht sein. Wo sonst u. a. Sicherheitsbeauftragte der Branche geschult werden, beraten nun die obersten Sicherheitsbeauftragten der Länder. "Kein Fünf-Sterne-Hotel wie sonst, aber eine prima Atmosphäre", lobt Schuppe schon im Voraus. Alle seien so wunderbar flexibel. "In der Tat", schmunzelt Betriebswirt Gerald Martin, ein gebürtiger Wernigeröder. Martin betreibt gemeinsam mit seiner Frau Hotelerie und Gastronomie in der Bildungsstätte. Ein Hefter dokumentiert den Schriftverkehr von "2M-Catering Service" mit dem Innenministerium: Variationen von Gourmetschnittchen, Rahmsuppe vom Bärlauch. . . "Abendessen, Mittagessen - alles wird genau abgestimmt." Die Verköstigung der prominenten Gäste ist für den jungen Mann eine Herausforderung. "In den Tagungspausen gibt es Popcorn mit Apfel", glaubt Martin an die ideale Zwischenmahlzeit.
Der Ort des Ministertreffens könnte symbolträchtiger kaum sein. Auf dem Tagungs-Areal standen noch bis 1995 die Reste der Grenzkompanie. Schierke war bis 1989 für Normalbürger gesperrt. Nichts erinnert heute mehr daran: Kein Turm, keine Baracke, keine Mauer, kein Stacheldraht - alles weg, alles geschliffen. "Unsere Bürger wollten das nicht mehr sehen. Touristen sollen nicht wegen eines alten NVA-Turmes kommen, sondern wegen unserer herrlichen Lage", sagt Bürgermeister Lothar Thiele.
Dem Promi-Treff im Mai sieht der parteilose Kommunalpolitiker gelassen entgegen. Für Schierke sei das eine wunderbare Sache, "aber mehr Bammel habe ich, dass zur Walpurgisnacht alles rund läuft". Da werden am Abend des 30. April 20000 bis 22000 Leute im Ort erwartet. Thiele: "Das erfordert Logistik." Dagegen ist der geplante Politiker-Rundgang Anfang Mai eine Kleinigkeit. "Den kriegen wir mit Sicherheit ordentlich hin", schmunzelt der Bürgermeister über das Wortspiel eines alten DDR-Witzes. Gepflegte Wege, schmucke Fassaden, Natur pur - keine Frage, Schierke ist vorzeigenswert. "Wir hatten im vorigen Jahr eine Top-Saison", sagt Thiele.