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Industrie-Denkmal Industrie-Denkmal: Ältestes Sägewerk arbeitet in der Altmark

02.01.2003, 07:25
Ältestes Sägewerk des Landes. (Foto: dpa)
Ältestes Sägewerk des Landes. (Foto: dpa) ZB

Potzehne/dpa. - Die Zahl «144086» und der Schriftzug «Teichert u. Sohn/Liegnitz» sind noch gut zu erkennen. Die Aufschrift ziert das älteste Sägewerk Sachsen-Anhalts in der idyllischen Gemeinde Potzehne (Altmarkkreis Salzwedel). Die «86» der Zahlenreihe zeugt vom Baujahr des Sägewerks anno 1886. Der alte Eisen-Koloss verbringt in einem alten Holzschuppen seinen Lebensabend und ist noch heute in Betrieb.

Für die Besitzer Hanna und Heinz Grupe ist das alte Sprichwort «Wer rastet, der rostet» genauso Lebensmotto wie für die historische Sägeanlage. Jeden Morgen gegen acht Uhr beginnt für den 69 Jahre alten Renter der Tag. Dann kommen Bauern und bringen dicke Kiefernstämme, die er ganz nach Wunsch zusägt. «Was ich mache, nennt sich Lohnschnitt», erzählt Heinz Grupe. Aus den Stämmen entstehen entweder Bretter oder Kanthölzer. Etwa zehn Festmeter täglich.

Mit einem Heulen setzt sich die fünf Tonnen Sägeanlage in Schwung, die Sägeblätter rattern immer schneller, bis ein eintöniges Geräusch entsteht. «Früher ging ja noch alles mit Dampfkraft. Heute gönne ich mir den Luxus eines Elektromotors», schmunzelt Grupe. Auch ein elektrischer Flaschenzug macht ihm die Arbeit einfacher. «Um die schweren Stämme hin und her zu packen, brauche ich den Flaschenzug.» Sonst ist alles noch wie früher: Die schweren Loren, das Schienensystem für den Abtransport des Holzes und jedes einzelne Zahn- und Schwungrad.

Der Stolz von Heinz Grupe hängt jedoch an der Decke: Eine moderne Laseranlage, mit der er nun genaue Schnitte machen kann. Ein Beweis, das Moderne und Historie sehr wohl eine funktionierende Einheit bilden können. «Früher hing eine 1000 Watt Glühbirne und ein Faden an der Decke», erklärt er. «Am Schatten der Schnur hat man sich beim Sägen orientiert.»

Als das Ehepaar nach der Wende den Hof mit der Sägeanlage kaufte, wussten sie mit dem Gebilde in dem Schuppen zuerst nichts anzufangen. «Mach damit, was du willst», sagte der Vorbesitzer, der dafür kein Geld wollte. Die ersten Sägeversuche waren eine Katastrophe. «Es war alles schief und die Anlage hat sich immer wieder festgefahren», sagt der Rentner. Erst als ihm Leute aus dem Nachbardorf halfen und alles richtig eingestellt war, gab es keine Probleme mehr. «Seitdem läuft und läuft es», sagt er.

Bei der Frage, nach den Investitionen muss er überlegen. «Das ist kein Klumpen Eisen, der einfach funktioniert. Ein bisschen mussten wir schon reinstecken.» Neben dem Schmieren und Schleifen der Sägeblätter müssen auch mal größere Sachen repariert werden. Er schätzt, bislang etwa 7500 Euro ausgegeben zu haben. «Da muss mal ein Treibriemen vom Motor erneuert werden oder die Sägeblätter stehen nicht mehr im Lot», sagt er. Ohne die Unterstützung seines Schwiegersohnes, der Schlosser ist, wäre die Summe wohl noch höher.

«Meine Familie hilft, wo sie kann», sagt der Rentner stolz. Dabei ist ihm seine 67 Jahre alte Frau Hanna die größte Hilfe. «Wir beide sind eine große Macht, die nicht kaputt zu kriegen ist.» Genau wie das alte Sägewerk.