Hochwasser in Thüringen Hochwasser in Thüringen: Die Aufräumarbeiten beginnen

Gera/Erfurt/dpa - Nach dramatischen Tagen zwischen Hoffen und Bangen zieht sich das Hochwasser aus Thüringen zurück. Immer mehr Schäden an Häusern, Brücken, Straßen oder Parks werden sichtbar. Tausende sind weiter im Einsatz, um Schlamm und Morast zu beseitigen. „Die Lage in Thüringen stabilisiert sich. Die Pegel sinken“, sagte Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) am Dienstag in Erfurt. Schwerpunkt war noch die Saale, weil zwei große Talsperren kontrolliert überlaufen und die Pegelstände hoch hielten.
In den Kreisen Greiz, Altenburger Land, Saale-Holzland und der Stadt Gera blieb der Katastrophenalarm zunächst bestehen. Die Krisenstäbe rechneten aber damit, dass sich die Lage weiter entspannen wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte den Flutopfern bei einem Besuch in Greiz finanzielle Hilfe zu.
Das 100-Millionen-Euro-Soforthilfeprogramm des Bundes solle auch Privatleuten und Gewerbetreibenden zugutekommen. Sie würden nicht alleingelassen, sagte Merkel. „Wir haben zum Teil in den Flutgebieten Wohnungen, die gar nicht mehr hausratversichert sind“, sagte die Kanzlerin. Auch Lieberknecht signalisierte erstmals finanzielle Hilfe. Die Landesregierung will eine Art Bestandsaufnahme der Schäden machen und in einer Kabinettssitzung am kommenden Dienstag eine erste Zwischenbilanz ziehen. Lieberknecht rechnet mit hohen Schäden durch das Hochwasser - besonders durch Unterspülungen könnten kostenträchtige Reparaturarbeiten an Fundamenten, Mauern und Straßen nötig werden.
Merkel und Lieberknecht bedankten sich bei den vielen Helfern. Es sei beeindruckend, wie angesichts der Katastrophe alle zusammenstehen und einander helfen, sagte Merkel in Greiz. In Passau, Pirna und Greiz habe sie überall die gleiche kämpferische Atmosphäre vorgefunden: „Wir lassen uns nicht unterkriegen, auch wenn die Natur ihre harte Seite gezeigt hat.
Nach dem Rückgang des Hochwassers wird auch in Thüringen darüber diskutiert, wer Einsätze und finanzielle Unterstützungen zu tragen hat. Der CDU-Fraktionschef Mike Mohring plädierte dafür, dass jeder Euro des Bundes mit Geld aus Rücklagen des Landes kofinanziert werden muss. Auch Vize-Regierungschef Christoph Matschie (SPD) sprach davon, dass alle notwendigen Hilfen nur „Hand in Hand“ von Bund und Land rasch auf den Weg gebracht werden können. Er forderte im Internetportal „thueringer-allgemeine.de“ (Dienstag) einen Thüringer Hilfsfonds von 30 Millionen Euro.
Allein in Greiz, wo der Pegelstand der Weißen Elster die historische Rekordmarke von mehr als 5,50 Meter erreicht hat, bezifferten Kommunalpolitiker die Höhe der Schäden für Stadt und Landkreis auf zusammen mindestens 20 Millionen Euro. Die Aufräumarbeiten liefen auf Hochtouren, weiterhin durften rund 130 Menschen nicht in ihre Häuser und Wohnungen zurück, wie ein Sprecher des Krisenstabs am Dienstagabend sagte.
Nur noch an sechs Messstellen von Saale und Werra galt am Dienstag weiterhin die Alarmstufe drei - die höchste des Landes. Wegen eines Dammrutsches auf der Bahnstrecke Leipzig-Zwickau musste der Abschnitt zwischen Altenburg und Lehndorf gesperrt werden. Es wurden Busse eingesetzt.
Die beiden großen Saaletalsperren in Thüringen ließen deutlich mehr Wasser ab als bisher, um ein unkontrollierte Überlaufen zu verhindern. Deshalb erwartet der Krisenstab des Saale-Holzland-Kreises, dass die Pegel der Saale noch bis zum Freitag hoch bleiben werden. In der Stadt Camburg verhindern nur rund um die Uhr betriebene Pumpen, dass einige Stadtteile volllaufen, sagte der Leiter des Krisenstabs, Peter Kunert am Dienstagabend.
Die Talsperren hätten ihre Funktion für den Hochwasserschutz aber nicht verloren, sagte der Leiter der Wasserkraftsparte des Talsperren-Betreibers Vattenfall, Gunnar Groebler. Sowohl die Bleiloch- als auch die Hohenwartetalsperre liefen kontrolliert über, „Das ist ein großes Schauspiel, aber ein normaler, gewollter Prozess.“ Das führe nicht zu einer Flutwelle. Die Talsperren nähmen immer noch mehr Wasser auf als sie abgäben. Die Standsicherheit der Staumauern werde regelmäßig gemessen. Die Stauwerke seien sicher.
In dem unterhalb der Bleilochtalsperre liegenden Ort Ziegenrück waren die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt worden. Bei einem Durchfluss von 155 Kubikmeter pro Sekunde befürchteten die Verantwortlichen Überflutungen. Die kurzzeitig geltende Alarmstufe drei konnte am Abend schon wieder aufgehoben werden.
In Gera konnten nach Angaben eines Krisenstabes alle evakuierten Gebiete wieder freigegeben werden. Größere Probleme gab es noch in den Stadtteilen Milbitz und Thieschitz. Hier verhinderte ein Damm das Abfließen des Flutwassers. Er wurde geöffnet, um auch hier zeitverzögert mit den Aufräumarbeiten beginnen zu können. Die Strom- und Wärmeversorgung soll baldmöglichst wieder überall funktionieren. Von den 60 Trafostationen, die ausgefallen waren, seien 18 noch nicht in Betrieb, hieß es. Allerdings standen noch viele Hausanschlusskästen im Wasser, weswegen erst in einigen Tagen alle Geraer wieder Strom bekommen.
