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Hochwasser in Sachsen Hochwasser in Sachsen: Aufräumen in der Altstadt von Meißen

10.06.2013, 06:12
Helfer fegen in der vom Elbehochwasser betroffenen Altstadt von Meißen (Sachsen) Schlamm von der Straße.
Helfer fegen in der vom Elbehochwasser betroffenen Altstadt von Meißen (Sachsen) Schlamm von der Straße. dpa Lizenz

Bautzen/Pirna/Meißen/dpa - Wegen unwetterartiger Regenfälle am Sonntag ist es am Abend und der Nacht zum Montag im Landkreis Bautzen zu Überschwemmungen gekommen. Betroffen waren die Gemeinden Weißenberg und Hochkirch, wie der Landkreis mitteilte. Zahlreiche Straßen wurden überflutet. Es kam zu einer Reihe von Verkehrseinschränkungen. Unter anderem war die Abfahrt Weißenberg der Autobahn 4 gesperrt.

Hochwasser gab es auch im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Dort war am Sonntagnachmittag Katastrophenvoralarm für zahlreiche Gemeinden ausgelöst worden. Ganz Sachsen war am Sonntag und in der Nacht zum Montag von teils heftigen Regenfällen betroffen, wie der Deutsche Wetterdienst am Montag mitteilte. So fielen in Dürrhennersdorf (Landkreis Görlitz) am Abend innerhalb einer Stunde 36 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. In Oschatz waren es 30 Liter.

In der Hochwasser führenden Elbe bei Pirna ist ein lebloser Körper gefunden worden. Es handle sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen 74 Jahre alten Bewohner eines nahen Seniorenheimes, teilte das sächsische Innenministerium am Sonntag mit. Demnach war die Leiche bereits am Samstagmittag in der Nähe eines Fähranlegers entdeckt worden. Ob der Mann ertrunken sei, werde noch ermittelt. „Derzeit gibt es keine Hinweise auf Gewalteinwirkung“, sagte der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU). Der 74-Jährige soll an Demenz erkrankt gewesen sein und zuvor angedeutet haben, im Hochwasser helfen zu wollen.

Nach den dramatischen Hochwassertagen, in denen 2.000 Einwohner ihre Häuser verlassen mussten und der Fluss unaufhörlich Grundstück um Grundstück verschlang, schrubben tausende Menschen in der Altstadt von Meißen wieder Schlamm von den Straßen und räumen Sandsäcke weg. Den höchsten Pegelstand erreichte die Elbe am Donnerstag - bei knapp über zehn Metern. Normalerweise schwankt er zwischen 2,00 Meter bis 3,40 Meter.

Für Sonntagnachmittag hatte sich Bundespräsident Joachim Gauck angekündigt, um mit Flutopfern zu sprechen. „Es ist wichtig, wenn sich hochrangige Politiker ein Bild von den Schäden machen“, sagte Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos). Er selbst rechnet mit Monaten, bis sich das Leben in der Stadt wieder normalisiert hat. Das zeigten die Erfahrungen von 2002. Schätzungen zu den Schäden gibt es noch nicht. Getroffen hat das neuerliche Hochwasser aber viele Ladenbetreiber in den verwinkelten Straßen der Altstadt, in der sich sonst in dieser Jahreszeit Gäste aus dem In- und Ausland tummeln.

Die Fluten drangen weit in die Stadt ein, die für Porzellan und Wein bekannt ist. Sehenswürdigkeiten wie die Porzellanmanufaktur und die Albrechtsburg sind zwar nicht betroffen. Aber viele Häuser, darunter auch das Theater, standen teils meterhoch im Wasser. Raschke spricht von einem „erheblichen Rückschlag“ für die 27 000 Einwohner-Kommune, die schon bei der Jahrhundertflut 2002 schwer verwüstet wurde und später in neuem Glanz erstrahlte.

Meißen ist weltberühmt für das erste europäische Porzellan, das hier Anfang des 18. Jahrhunderts entdeckt wurde und dort noch immer hergestellt wird. Weil König Heinrich I. im Jahr 929 eine Burg zur Beherrschung des Landes gründete, gilt die Stadt auch als „Wiege Sachsens“. Nun steht das beliebte Touristenziel an der sächsischen Weinstraße wie viele andere Orte in den Flutgebieten erneut vor schwierigen Zeiten.

Im Bürgerbüro der Stadtverwaltung, wo Anträge zur finanziellen Soforthilfe angenommen werden, steht Goldschmiedemeister Klaus Müller. Er kommt gleich in jener Wathose, die er bei Aufräumarbeiten im Familienbetrieb trug. Der 76-Jährige hält die Hand in Brusthöhe, um die Höhe des Wasserstandes im Geschäft zu demonstrieren. Schon vor elf Jahren erlitt der Betrieb hohe finanzielle Schäden, erzählt er. Diesmal hat er immerhin Werkzeuge und Möbel rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Die Familie lässt sich von der neuerlichen Katastrophe nicht entmutigen, berichtet Müller. „Die Generation, die mein Sohn vertritt, soll weitermachen.“

Angesichts der großen Schäden plagen manchen Meißner jedoch Zweifel mit Blick auf die Zukunft. Die evangelische Kirchgemeinde St. Afra bietet spontan Seelsorgegespräche an einem „Stützpunkt“ am Markt an. Es gibt Handzettel mit den Telefonnummern der Pfarrer. „Wir sind für diejenigen da, die mal reden wollen“, sagte Barbara Stepinac-Schröer von der Gemeinde. Der „große Jammer“ werde kommen, wenn das Wasser weg und das Ausmaß der Schäden zu sehen seien. Allabendlich findet in der Meißner Frauenkirche eine Andacht mit Musik statt. Raschke hält es jetzt ebenfalls für wichtig, Hoffnung zu verbreiten. So müsse auch der Tourismus möglichst schnell wieder in Gang kommen. „Wir wollen in 14 Tagen wieder Gäste begrüßen.“