Heilsarmee in Naumburg Heilsarmee in Naumburg: «Suppe, Seife, Seelenheil»

Naumburg/ddp. - Der 49-Jährigeleitet gemeinsam mit seiner Frau die kleine Gemeinde derEvangelischen Freikirche in Naumburg. 1997 aus der Taufe gehoben, istsie nach wie vor die einzige Dependance der Heilsarmee inSachsen-Anhalt.
Hutter fühlt sich wohl im Süden des Bundeslandes. An seinenSchweizer Dialekt haben sich die Menschen dort gewöhnt. «DieEntscheidung, nach Ostdeutschland zu gehen, war richtig und gut»,sagt der Geistliche. Jeder zehnte hauptamtliche Mitarbeiter werde vonseiner Heimat aus in die Mission geschickt. Bei null habe man damalsangefangen. Erste Gottesdienste seien schnell angeboten worden undhätten keineswegs vor leeren Stuhlreihen stattgefunden.
Die Aufnahme in Naumburg sei herzlich gewesen, erinnert sichHutter. Vielleicht lag es auch daran, dass die Heilsarmee schon 1901in der Stadt eine Gemeinde gegründet hatte. Vor allem das «sozialeBild der Heilarmee» war in den Köpfen der Menschen geblieben. Daraufkonnte man aufbauen und zugleich vermitteln, dass das christlicheGemeindeleben unverzichtbar dazugehört.
«Vor fünf Jahren konnten wir unser heutiges Begegnungszentrumerwerben», berichtet Claudia Leicht, die sich ehrenamtlich engagiert.Eine ausgediente Kaufhalle in einem Neubaugebiet wurde herausgeputztund ist heute ein wirklicher Treffpunkt. Gottesdienste finden statt,Veranstaltungen für Kinder, zum Weihnachtsfest hat bereits zum achtenMal ein eigenes Musical Premiere, diesmal «Das Wunder von Bristol».Vier Vorstellungen sind mittlerweile notwendig, um derKartennachfrage gerecht zu werden.
Im großen Saal legen sechs Männer gerade letzte Hand an derDekoration dafür an. Alle sind Alkoholiker und leben für begrenzteZeit in der «Haltestelle». Dieses soziale Wohn- und Betreuungsprojektder Heilsarmee, das in einem Gebäude außerhalb des Begegnungszentrumsuntergebracht ist, hilft seit fünf Jahren Betroffenen, von ihrerSucht dauerhaft loszukommen. Alles geschieht ehrenamtlich. «Geldbekommen wir dafür von niemandem», erzählt Hutter. Für dietherapeutische Beschäftigung wurde eine kleine Holzwerkstatteingerichtet.
Der 43-jährige Detlef Helbing legt kurz den Hammer zur Seite.Nein, ohne die Heilsarmee wäre er wohl völlig unter die Rädergekommen. Mit 18 Jahren sei die Trinkerei losgegangen, richtiglosgekommen sei er davon bis heute nicht. Einen kürzlichen Rückfallkonnte Helbing dank der Hilfe überwinden. «Ich bin zufrieden unddankbar, die Hoffnung sollte man doch nie aufgeben, oder?», lauteteher rhetorisch seine Frage.
Britta Morgner von der Gemeindeleitung nickt zustimmend. FürMenschen in seelischen Nöten wolle man schließlich etwas tun. Undnatürlich für Kinder, ergänzt die Frau aus dem benachbarten BadKösen. Einmal im Jahr veranstaltet die Heilsarmee eine Erlebniswochefür Mädchen und Jungen. Allein 2007 nahmen 70 Kinder die Einladungan. «Äktschenwoche» heißt das Ganze, das ein wenig an dieFerienspiele zu DDR-Zeiten erinnert. Kontakte werden dort geknüpft,die Jüngsten aus sozial schwachen Familien verlassen denAlltagstrott.
Alles in allem gehört die Heilsarmee heute zu Naumburg fest zumAlltag. Die Grundlagen für die kommenden zehn Jahre seien gelegt, istsich Kapitän Hutter sicher. Er nennt es «erstaunlich und ein kleinesWunder», wie gut sich alles entwickelt habe. Bis zu 80 Gäste kommenin die Gottesdienste, 40 bis 50 Ehrenamtliche bringen sich mit ihrenIdeen und ihrer Zeit ein. Das mache Mut, denn offiziell zählt dieGemeinde gerade einmal 30 Mitglieder.