Harzort Harzort: Was ist los im schönen Stolberg?
Stolberg/MZ. - Die Liberalen haben in Stolberg das Sagen, regieren mit großer Mehrheit. Sie stellen mit Ulrich Franke den ehrenamtlichen Bürgermeister. Franke war bis zur Gründung der Verwaltungsgemeinschaft Stolberg / Harz, 1994, schon einmal Bürgermeister. Dann wurde er Verwaltungschef, 2000 von den Mitgliedskommunen aber nicht wieder in dieses Amt gewählt. Wenige Wochen nach Frankes Niederlage legte die von der FDP unterstützte Stolberger Bürgermeisterin Carla Böttcher ihr Amt nieder. Damit war der Weg für Franke frei: Er wurde erneut Bürgermeister. Die Welt schien in Ordnung zu sein in der historischen Europastadt.
Doch das Gegenteil ist der Fall: Franke ficht mit seiner Nachfolgerin im Verwaltungsamt einen erbitterten Kampf aus. Stolberg werde vom Amt schlecht behandelt, dieser Vorwurf steht dauerhaft im Raum. Die Querelen und auch das liberale Übergewicht im Stadtrat sorgen für Zündstoff. Nach der Verwüstung von Nerlichs Gaststätte muss sich beispielsweise PDS-Stadtrat Uwe Bock die Frage gefallen lassen: "Na, haste für die Tatnacht ein gutes Alibi?" Der bleibt gelassen: "Das ist nicht mein Stil. So gehe ich nicht mit politischen Widersachern um."
So denkt auch Fritz Bösche. Der CDU-Mann steuert gemeinsam mit der PDS das Oppositionsboot. Er sagt, er will aufräumen mit der "unseriösen Politik in Stolberg". Auch Bösche wurde arg mitgespielt. Im August demolierten Unbekannte den Kleintransporter seiner Frau. Sie zerstachen alle Reifen und beschmierten das Fahrzeug mit grüner Farbe: "RAF" stand da neben Kreuzen und dem Spruch "Fisch macht dumm". Bösche, der lange zur See fuhr, betreibt eine maritime Kneipe. Damals vermutete er hinter der Tat "einen geschäftlichen Racheakt". Die Polizei tappt im Dunkeln. Der CDU-Mann hält sich angesichts des Einbruchs in Nerlichs Haus mit Vermutungen zurück. "Ich bin einfach sprachlos über die Methode." Ein politisches Motiv? Bösche schweigt.
Erst jetzt erinnert sich die geschockte Irene Nerlich wieder an Vorkommnisse im Juni. Vor der Kommunalwahl habe sie anonyme Briefe mit Drohungen bekommen.
Sie solle gefälligst nicht wieder ins Rathaus einziehen - wenn doch, werde sie schon sehen, was sie davon habe. Sie habe, so sagt sie heute, den Drohungen keine Bedeutung beigemessen - zumal auch Bürgermeister Franke und seine Vorgängerin Böttcher ähnliche Briefe erhalten hätten. Die drei Liberalen schalteten die Polizei ein, hielten aber sonst dicht. An einen Zusammenhang mit dem Einbruch mag Irene Nerlich nicht glauben: "Wir wollen doch im Rathaus nur das Beste für unsere Stadt." Dass dabei auch gestritten werde, sei doch normal. Das könne nicht Grund sein, Menschen so zu schädigen. Außerdem sei unter der FDP-Führung im Rat viel passiert in Stolberg: Alte Häuser saniert, Straßen neu gemacht, Versorgungsleitungen verlegt, das Erlebnisbad "Thyragrotte" gebaut.
Die Gästezahlen von Stolberg sind steigend, freilich auch Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe geflossen. Die Kommune drückt die hohe Arbeitslosigkeit ebenso wie der deftige Schuldenberg. Vor allem das Bad verschlingt mehr Geld als es einbringt. Was also steckt hinter den Attacken auf Stadträte? Die historischen Fassaden im idyllischen Stolberg geben die Antwort vorerst nicht preis.