Harz Harz: Eisige Zeiten im Nationalpark
Wernigerode/MZ. - Es ist still geworden um den Fusionsprozess der Nationalparke im Harz. Ein Jahr, nachdem unter heftigen, jahrelangen Geburtswehen der erste länderübergreifende Nationalpark zur Welt kam, scheint nach außen alles in bester Ordnung. "Das Kind kann schon ganz gut laufen, das ist ja nicht bei allen Einjährigen der Fall", flachste Umweltstaatssekretär Hermann Onko Aikens (CDU) noch Anfang Januar.
Park ohne Kontrolle
Doch hinter vorgehaltener Hand wird der Nationalpark in der Region als "abgeschottete Insel" bezeichnet. Der Park führe ein Eigenleben ohne Kontrolle. In der Verwaltung wiederum brodelt es: Nach Auffassung des sachsen-anhaltischen Personals werden immer mehr Kompetenzen von Niedersachsen beansprucht. "Bei Kritik heißt es gleich, wir gefährdeten den Fusionsprozess", erzählt ein Mitarbeiter. Dienstberatungen seien Schauveranstaltungen, wichtige Entscheidungen würden im kleinen - niedersächsischen - Kreis getroffen. So sei die aus Sachsen-Anhalt stammende, stellvertretende Personalchefin bei Personalentscheidungen nicht hinzugezogen worden.
Der Konflikt mündete jetzt in Mobbing-Anzeigen mehrerer Mitarbeiter an das sachsen-anhaltische Umweltministerium. "Ich nehme das sehr ernst", sagte Ministerin Petra Wernicke (CDU) am Dienstag gegenüber der MZ. Es könne nicht sein, dass das Zusammenwachsen gefährdet werde. Sie sei bereit, an einer Belegschaftsversammlung teilzunehmen und dort, wenn nötig, auch "Fraktur zu reden". Nationalpark-Chef Pusch hingegen spricht von einer guten Startsituation. Und: "Ich bin es leid, immer wieder angefahren zu werden, ich will die Fusion voranbringen."
Ursache für die jetzige Situation ist das ständige Ringen um den Proporz zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, das schon weit vor der Fusion die Stimmung trübte. Sachsen-Anhalt bekam den zentralen Sitz, dem aber nach wie vor eine Außenstelle im Westharz in Oderhaus gegenübersteht. Dafür erhielt Niedersachsen den Zuschlag für den Chefsessel.
Dass Sachsen-Anhalt dafür den kompetenten und sowohl in der Region als auch bei Mitarbeitern beliebten Hochharz-Chef Peter Gaffert in die Wüste schickte, ist bis heute nicht verwunden. Ein weiterer und bis heute schwärender Streitpunkt ist die Art und Weise und die Zuständigkeit für die Waldbewirtschaftung. Eng damit verknüpft sind ebenfalls strittige Personalien. Weil Niedersachsen die sachsen-anhaltische Forstexpertin Sylke Möser ablehnte, gibt es nun zwei Zuständige für den Waldumbau. Neben Möser im Ostharz arbeitet im Westharz Puschs Studienkollege Horst Hooge. Pusch ist der Auffassung, bei Fragen der Bewirtschaftung des Waldes inzwischen einen Kompromiss gefunden zu haben. Bis zur Fusion hatte Niedersachsen den Waldumbau von der Fichtenmonokultur zum in den unteren Lagen typischen Buchenmischwald massiv forciert.
In Sachsen-Anhalt setzte man bislang auf einen langsamen Umbau des Waldes, den die Natur in der Regel selbst besorgte. Das wurde geändert. "Im Ostharz machen wir etwas mehr Waldumbau, im Westharz dafür etwas weniger", sagt Pusch. Ulrich Kasten, Vorsitzender des BUND-Kreisverbandes Harz, hält das für fatal. Pusch wolle den Holzeinschlag beschleunigen, um Geld zu verdienen, sagt Kasten. "Als Nationalparkstrategie ist das vollkommen unbrauchbar." Pusch weist das zurück. Der Natur werde nur behutsam unter die Arme gegriffen, "es gibt kein Wirtschaftsziel, es sind keine Einnahmen aus Holzverkäufen im Etat eingestellt".
Wernicke verärgert
Ein anderes Ziel gibt es freilich schon, wenngleich Pusch darüber nicht reden mag: Die Zusammenlegung der getrennten Zuständigkeiten für Waldentwicklung - in Niedersachsen. "Wenn Niedersachsen auch diesen Bereich komplett übernimmt, findet Sachsen-Anhalt im Nationalpark überhaupt nicht mehr statt", fürchten Kritiker. Wernicke reagierte verärgert: Es gebe klare Zuständigkeiten, die der Nationalparkleiter nicht einfach ändern könne.