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Gewalt an Schulen Gewalt an Schulen: Ein Brandbrief aus der Altmark

Von Ute Albersmann 03.04.2006, 18:22

Gardelegen/MZ. - Die Lehrer fordern den Einsatz von Sozialarbeitern an der Schule. Formuliert wurde das Schreiben am 18. März - bevor der Brandbrief der Berliner Rütli-Schule eine bundesweite Debatte über Schulgewalt entfachte.

Das hallesche Landesverwaltungsamt spricht von einem Einzelfall, dem man nachgehe und der "mit den Vorgängen in Berlin überhaupt nicht zu vergleichen ist". "Da braucht niemand Polizeischutz", so Sprecherin Sirid Riewe.

Zum Schuljahresbeginn sind im 10 000-Einwohner-Städtchen Gardelegen drei Schulen zusammengelegt worden. Statt gut 300 lernen jetzt 536 an der Karl-Marx-Sekundarschule. Auf 50 bis 60 schätzt Schulleiter Horst-Dieter Radtke die Zahl der Problemschüler, die sich dem Unterricht verweigern, die Lehrer massiv beleidigen und bedrohen - und damit geregelten Unterricht oft unmöglich machen. "Meist sind es Schüler, die schon über längere Zeit auffällig sind, bzw. straffällig geworden sind", heißt es in dem Brief.

Ohnmacht der Lehrer

Die Situation sei nicht wie in Berlin, sagt auch Radtke. "Aber Anfänge und Tendenzen sind da." Die derzeitige Lage der Lehrer skizziert der Brief: "Misserfolge, Ohnmachtgefühle und Resignation sorgen für eine allgemeine Unzufriedenheit und einen erhöhten und länger dauernden Krankenstand bei den Lehrkräften". Sie hätten versucht, mit der Entwicklung eines Schulprogramms gegenzusteuern, sagt Radtke. Darin wird das Bild einer Schule entworfen, in der "gemeinsam gearbeitet, gelacht, gelernt und gelebt wird". Und sie wollten Ganztagsschule werden, damit sich das Klima bessert. Erfolglos. Der Brief an Behörden und Gewerkschaft sei "aus Sorge um die weitere Entwicklung" formuliert worden. Die Lehrer fordern "drei ausgebildete Sozialarbeiter für unsere Schule, wenn möglich ein bis zwei Kräfte in einer Sofortaktion". Aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigt sich in Gardelegen "nur die Spitze des Eisbergs". Viel zu lange seien Schulen mit ihren Problemen allein gelassen worden. Neben Änderungen am Schulsystem sei die Einstellung von mehr pädagogischen Mitarbeitern und Schulsozialarbeitern nötig.

Perspektiven fehlen

Radtke, der sich auf Landesebene im Schulleitungsverband engagiert, sieht ein Bündel an Ursachen. Die Schulzusammenlegung, Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher angesichts einer Arbeitslosigkeit von 20 Prozent in der Region und "einen Verfall der Werte und Normen". Viele Sekundarschulen hätten ähnliche Probleme.