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Gastbeitrag von Silke Erdmann-Nitsch Gastbeitrag von Silke Erdmann-Nitsch: "Resignation unter Jüngeren betrübt mich"

06.05.2013, 17:50
Produktion in der Halberstädter Würstchen- und Konservenfabrik in Halberstadt
Produktion in der Halberstädter Würstchen- und Konservenfabrik in Halberstadt Archiv/Stedtler Lizenz

Halberstadt/MZ - Sachsen-Anhalt ist ein schönes, liebenswertes Bundesland. Es gibt hier Vieles, auf das es sich stolz zu sein lohnt. Geschichtsträchtige Städte wie Quedlinburg, Halberstadt oder auch Wernigerode und moderne Städte wie Halle und Magdeburg sorgen für eine gute Mischung. Nicht nur bei Städten und Kulturen, auch in der Wirtschaft sind Tradition und Erfahrung wichtige Erfolgsfaktoren.

Sachsen-Anhalt war besonders in der Lebensmittelbranche immer stark aufgestellt und auch heute sind es Marken wie Halberstädter, Hasseröder, Rotkäppchen, Kathi und Halloren und viele mehr, die einen starken Pfeiler der sachsen-anhaltinischen Wirtschaft repräsentieren.

Was mich jedoch betrübt, ist eine um sich greifende Resignation, vor allem unter den Jüngeren. Ob ihnen zu viel versprochen wurde oder die Erwartungen einfach zu hoch sind, das kann ich nicht beurteilen, jedoch stellen wir in unserem Betrieb einen schmerzhaften Rückgang der Eigenverantwortung und Selbstständigkeit fest, gerade bei den Auszubildenden. Erstmals schauen wir uns sogar im Ausland nach jungen Menschen um, die im Halberstädter Unternehmen eine Ausbildung antreten sollen. Hier sind die Eltern in der Verantwortung, ihren Kindern wieder mehr Selbstverantwortung und Pflichtbewusstsein mit auf den Weg zu geben, und wenn die Eltern dies nicht tun, muss es der Staat richten.

Auch in anderen Bereichen wird es den Unternehmern nicht einfach gemacht. Als Unternehmer wünschen wir uns beispielsweise eine unternehmensfreundlichere Verwaltung. Ein Beispiel: Das Finanzamt prüft uns alle fünf Jahre - für einen Zeitraum von fünf Jahren. Das ist auch in Ordnung. Oft dauern diese Prüfungen jedoch ein Jahr und länger und binden auf unserer Seite erhebliche Kapazitäten. Diese Energie fehlt uns dann im Betrieb. Und das geht nicht nur uns so, es fehlt eine Unternehmenskultur in Sachsen-Anhalt und ein wenig Respekt vor dem Erreichten.

Die Diskussionen im Vorfeld der Bundestagswahlen über Steuergerechtigkeit, Spitzenverdiener und Steuererhöhungen tragen ebenfalls nicht dazu bei, dass hier ein Klima des Miteinanders entsteht. Themen wie Mindestlohn, Unternehmensbesteuerung und die stärkere Belastung der Leistungsträger betrachten wir als Unternehmer mit starker Verunsicherung, die schon jetzt die Investitionsbereitschaft verringert. Auch die Unsicherheit bezüglich des Euro und der teuren (Öko-)Energie sind Gift für die Unternehmen. Dabei wollen wir von Halberstädter, gerade im Jahr unseres 130-jährigen Bestehens, in die Zukunft der Firma investieren und Auszubildenden zu einem guten Berufsstart verhelfen. Und die Zeit aufholen, die uns trotz der 130 Jahre noch fehlt. 40 Jahre DDR haben dazu geführt, dass die Marken aus Sachsen-Anhalt im Westen kaum bekannt waren und wir kein Eigenkapital aufbauen konnten.

Blühende Landschaften hin oder her - diese 40 Jahre fehlen uns. Wir sind in den Bereichen Bekanntheit, Kapitalstärke und Marktdurchdringung immer noch dabei, den westdeutschen Vorsprung aufzuholen. Umso wichtiger ist es, dass die Menschen in Sachsen-Anhalt auf Qualität setzen und sich ihrer Umgebung bewusst werden – das hilft nicht nur uns, sondern trägt auch zur Stärkung einer gemeinsamen Identität bei.

„Es fehlt ein ein wenig Respekt vor dem Erreichten“, sagt Geschäftsführerin Silke Erdmann-Nitsch
„Es fehlt ein ein wenig Respekt vor dem Erreichten“, sagt Geschäftsführerin Silke Erdmann-Nitsch
dpa Lizenz