Gartenschau Gartenschau: Die Buga schwächelt

Havelberg - Wenn es immer so wäre wie an diesem Tag, dann könnte man sagen: Läuft doch bei der Bundesgartenschau. Mittwoch, gegen 14 Uhr. Die beiden Parkplätze der Buga am Elbufer in Havelberg (Altmark) sind gut gefüllt. Drei Reisebusse haben ihre Passagiere abgesetzt. Gruppen und Grüppchen schieben sich über die Havelbrücke Richtung Altstadtinsel und Dombezirk. Der wolkenverhangene Himmel schreckt sie dabei nicht ab. Optimisten würden sagen: Das Glas ist halbvoll. Doch der Eindruck täuscht.
Zur Halbzeit zählt die Buga in der Havelregion weniger Besucher als erwartet. Ende Juni hatten die Organisatoren den 500 000. Gast begrüßt, in Havelberg. Schon damals wollten sie weiter sein. Eine Woche ist es her, da räumte Dietlind Tiemann (CDU), Chefin des Buga-Zweckverbandes und Oberbürgermeisterin in Brandenburg an der Havel, ein, man liege fünf Prozent unter den Prognosen. Auch Bernd Poloski, parteiloser Bürgermeister in Havelberg, sagt: „Wir sind noch nicht dort, wo wir sein wollen.“ Die Veranstalter führen das auf das verhältnismäßig kühle Frühjahr zurück sowie auf den langen Streik der Lokführer. Nachprüfen lässt sich das nicht.
Die Organisatoren schweigen
Genaue Besucherzahlen will die Buga erst am Donnerstag bei einer Halbzeit-Bilanz bekanntgeben. Auch Fragen werden vorher nicht beantwortet. Zum Beispiel die, warum es erst jetzt ein günstigeres Ticket gibt, das nur für einen der insgesamt fünf Standorte gilt. Es wird ab Freitag für zwölf Euro verkauft und ergänzt die 20-Euro-Karte, mit der man jeden der Buga-Orte einmal besuchen kann.
Das ist das Konzept, mit dem die Organisatoren punkten wollten: nicht nur ein Schauplatz, sondern mehrere. Havelberg in Sachsen-Anhalt, Rhinow/Stölln, Premnitz, Rathenow und die Stadt Brandenburg in Brandenburg. Motto: „Fünf sind eins. Deins“. Das neue Ticket ist nun das stillschweigende Eingeständnis, dass dieses Konzept nicht so aufgeht wie erhofft. Denn wenn man eine große Ausstellung auf fünf Orte verteilt, sind die einzelnen Teile eben ziemlich klein. Zu klein, finden manche.
Es ist kurz vor zwölf an diesem Mittwoch, da haben Dietmar und Heidi Hecke aus Cochstedt im Salzlandkreis das Ausstellungsgelände schon wieder verlassen. Sie stehen auf dem Parkplatz am Elbufer, neben dem mit drei Monaten Verspätung eröffneten Haus der Flüsse. Wie war es? „Ich bin enttäuscht“, sagt er. „Viel zu klein“, sagt sie. Klar, mit ihrem 20-Euro-Ticket könnten sie auch noch die anderen Standorte besuchen. „Aber“, sagt er, „das ist doch alles viel zu weit auseinander.“
Hier zeigt sich ein anderes Problem: Wer in der Mitte oder gar im Süden Sachsen-Anhalts wohnt, für den sind Tagesausflüge kaum machbar, egal an welchen Standort. Mit dem Auto nicht, und erst recht nicht mit Bus und Bahn. Havelberg hat keinen Bahnanschluss. Der Bus aus Stendal braucht eine gute Stunde. Wer aus Halle kommt, sitzt vorher schon mindestens zwei Stunden im Zug.
Wer in Brandenburg oder Berlin wohnt, hat es da einfacher. Klaus und Doris Perseke stehen an der Bushaltestelle vor dem Haus der Flüsse. Gleich wird ein Bus sie nach Glöwen bringen, zehn Kilometer nördlich von Havelberg. Von dort geht es mit dem Regionalexpress weiter nach Berlin, jede Stunde. Auch umständlich, könnte man denken, doch Klaus Perseke sagt: „Hat wunderbar geklappt. Besser als mit dem Auto.“ Der Bus kommt, das Paar steigt ein, dazu noch ein weiteres. Ausgestiegen ist niemand. Viele verlassen sich offenbar doch lieber auf das Auto.
Die beiden Berliner haben die Tickets von ihren Kindern geschenkt bekommen. Sie wollen auch die anderen Buga-Schauplätze noch besuchen. Das dezentrale Konzept loben sie ausdrücklich: „Für einen Tagesausflug ideal“, sagt er, „nicht zu viel auf einmal.“ Doch sie hat auch Zweifel: „Ich weiß nicht, ob sich das am Ende rechnet.“
Nach allem, was man bisher weiß, rechnet es sich nicht: Schon jetzt soll ein Minus von 4,5 Millionen Euro aufgelaufen sein. Der Havelberger Bürgermeister Poloski bestätigt die Summe indirekt. Es handele sich dabei um eine Hochrechung, die den schlechtesten Fall unterstelle: Dass die Besucherzahlen auch in der zweiten Halbzeit nicht gesteigert werden können.
So oder so: Bluten werden am Ende die beteiligten Kommunen, anteilig je nach ihrer Größe. Poloski tröstet sich damit, dass an Havelberg nur sechs Prozent des Defizits hängen bleiben werden. Mit gesteigerten Gewerbesteuer-Einnahmen lasse sich das locker ausgleichen.
Der Bürgermeister wirkt zufrieden. Aus gutem Grund. Selbst wenn die Buga insgesamt am Ende weniger Besucher verzeichnet als erwartet, nach Havelberg, sagt er, kämen schon jetzt deutlich mehr Gäste als in den zurückliegenden Jahren. „Wir haben gerade etwa das Siebenfache an Besuchern.“ Poloski rechnet in einer Vor- und in einer Nach-Buga-Periode: „Wenn es uns gelingt, hinterher doppelt so viele Gäste nach Havelberg zu holen wie vorher, dann haben wir schon viel erreicht.“ Er setzt darauf, dass die Gartenschau die Stadt dauerhaft bekannter macht.
Zwei Pluspunkte
Havelberg brummt, bestätigt auch Detlef Rehberg. Er sitzt im Gastraum seines Restaurants mit Biergarten direkt am Havelufer. Die Pension, die er auch noch betreibt, sei fast immer ausgebucht, auch ohne Buga. Zur Erklärung deutet nach draußen. „Der Elberadweg ist zum achten Mal in Folge zum beliebtesten Radweg Deutschlands gewählt worden. Das schlägt sich bei uns nieder.“ Und nun noch die Gartenschau: „Im Restaurant haben wir doppelt so viele Gäste.“
Bei der Buga hoffen sie jetzt auf den Sommer. Und auf die Ferien, die der Gartenschau einen Besucher-Zuwachs bescheren sollen. Schließlich, das war die Prognose vom Anfang, sollen am Ende im Oktober 1,5 Millionen Menschen die Buga besucht haben. Angeblich soll dieser Wert schon auf 1,3 Millionen korrigiert worden sein. Vorsorglich. (mz)
