Flughafen Leipzig/Halle Flughafen Leipzig/Halle: Ratlos im Terminal
SCHKEUDITZ/MZ. - "Eigentlich wollten wir um zwei schon am Pool liegen", sagt Cindy Tietz - und die Enttäuschung ist ihr deutlich anzumerken. Es sollte ihre Hochzeitsreise sein: zehn Tage Sharm El-Scheich, 38 Grad, seit Monaten geplant. Doch an diesem Freitagmorgen hebt auf dem Flughafen Leipzig / Halle keine einzige Maschine ab. Wegen einer gewaltigen Wolke Vulkanasche aus Island hat die Deutsche Flugsicherung den Luftraum über vielen Airports gesperrt, auch Schkeuditz. Später an diesem Tag wird zeitweise nur noch München erreichbar sein. Cindy Tietz, ihr Mann und die dreijährige Tochter warten seit Stunden auf eine Entscheidung vom Reiseveranstalter. "Heute können wir nicht mehr fliegen", sagt die 28-Jährige aus dem Altenburger Land. "Mehr wissen wir nicht."
Auch der Airport Leipzig/Halle blieb geschlossen. Hochzeitsreise fiel ins Wasser."Es ist alles offen", sagt auch Martina Retzar - nicht nur einmal an diesem Vormittag. Die Reiseleiterin sollte eigentlich nur eine Gruppe Senioren, die zur Kur nach Bulgarien will, im Bus zum Flughafen begleiten. Nun ist sie gleich geblieben, um die Gestrandeten zu betreuen. Nur: Viel mehr, als auf den Imbiss-Gutschein des Veranstalters hinzuweisen, kann sie erst einmal auch nicht tun.
Für jene mit Ziel Teneriffa indes kommt die Klarheit per Durchsage: "Der Abflug ihrer Maschine verschiebt sich um genau 24 Stunden." Ein Raunen geht durch die vollen Stuhlreihen. Die meisten der Wartenden nehmen den vermasselten Start in ihren Urlaub jedoch einigermaßen gelassen hin. So wie Jan Tuckermann, der mit Familie und Freunden zum Rennradfahren nach Mallorca fliegen will und scherzhaft meint: "Ich vermisse hier ein bisschen das Chaos."
Anderswo hätte er es eher erleben können: Auf den Flughäfen in Frankfurt (Main), Hamburg oder Berlin reihten sich die Reisenden in Endlosschlangen, um Flüge umzubuchen oder zu stornieren. Viele von ihnen wollten auf die Bahn umsteigen. Die Folge, besonders auf den großen Bahnhöfen: hunderte Meter lange Schlangen in den Reisezentren, Menschenmassen auf den Bahnsteigen und dazwischen großes Gedränge. Besonders auf den Hauptstrecken waren die Züge vielfach brechend voll. Teilweise wurde von tumultartigen Szenen berichtet. Dabei hatte die Bahn laut einem Sprecher alle verfügbaren Wagen eingesetzt. Bus- und Mietwagenunternehmen erlebten am Freitag ebenfalls einen Ansturm.
Auch der 28-jährige Ma Chao tauscht auf dem Airport Leipzig / Halle sein Flugticket nach Frankfurt in eines für die Bahn ein. Von dort aus soll es weiter nach Peking gehen. "Ich glaube nicht, dass das heute noch klappt", sagt er - und wird Recht behalten. Seine Familie wohnt in der Nähe von Peking. Seit einem Jahr sei er nicht mehr dort gewesen. Nun wird er länger bleiben, denn sein Studium in Köthen hat er gerade abgeschlossen. Die Reise von Zana Jozeljic und ihrem Begleiter indes muss ausfallen. "Wir können nicht anders planen", sagt sie. Statt eine Woche nach Tunesien geht es für sie zurück nach Braunschweig. Die 39-Jährige nimmt es locker: "Man kann es ja ohnehin nicht ändern."
Am Nachmittag wird in Schkeuditz dann endgültig klar, dass sich an diesem Tag kein Flieger mehr bewegen wird. Die Sperrung des Luftraums wird auf unbestimmte Zeit verlängert. "Es ist nicht absehbar, wann der Flugbetrieb wieder aufgenommen werden kann", sagt Stefan Jaekel, Pressesprecher Ost bei der Deutschen Flugsicherung. Die Aschewolke bewege sich langsamer fort als erwartet. Man sei in ständigem Kontakt mit dem Deutschen Wetterdienst. Am Abend bilanziert Flughafen-Sprecher Uwe Schuhart: "Mehr als 50 Starts und Landungen sind seit der Sperrung ausgefallen."