Extra Extra: Blütenpracht und Bratwurst
Gera/Ronneburg/MZ. - Eines muss Ernst-Hermann Kubitz gleich mal klarstellen: "Chaos ist für uns ein Fremdwort." Eine Feststellung, die der Geschäftsführer der Bundesgartenschau (Buga) 2007 Gera / Ronneburg wohl für notwendig hält angesichts der Negativschlagzeilen der zurückliegenden Wochen. Die Staatsanwaltschaft Erfurt ermittelt wegen Untreue und Betrugs gegen Buga-Verantwortliche. Die Chefgärtner befürchten, dass wegen des schönen Wetters die Frühblüher schon wieder verblüht sind, bevor die Gartenschau am 27. April öffnet. Und dann ist auch noch von Bauverzug die Rede.
Suche nach Schildern
Um zu zeigen, dass trotzdem alles nach Plan läuft in Ostthüringen, hat die Buga gestern mehr als 100 Journalisten aus ganz Deutschland eingeladen, zu "Vor-Eröffnung" mit Rundgängen durch die Ausstellungsgelände in Gera und im etwa zehn Kilometer entfernten Ronneburg. Chaotische Zustände sind dabei zwar nicht zu sehen. Wohl aber eine Menge Baustellen neben bunt bepflanzten Beeten. Vor der künftigen Geraer Blumenhalle, einem ehemaligen Fabrikgebäude, setzen Arbeiter die Treppenstufen. Daneben stehen Paletten mit Pflastersteinen. In etlichen Ausstellungspavillons läuft der Innenausbau. Nach Hinweisschildern zur Buga muss man suchen in der Stadt.
Kubitz aber sagt: "Wir haben noch 14 Tage. Das ist eine Menge Zeit. Wir werden pünktlich fertig werden." Die "einzige kritische Stelle", so der Buga-Chef, sei das Herrenhaus in Ronneburg. Es heißt, Fördermittel für die Sanierung seien zu spät bewilligt worden. Dennoch werde es dort ab dem 27. April Gastronomie geben. Und dass die im gleichen Gebäude geplante Ausstellung erst im Juni öffnen werde, sei von vornherein klar gewesen.
Und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft? Im März waren Geschäftsräume der Buga GmbH sowie die Wohnungen von Kubitz, des Ronneburger Bürgermeisters Manfred Böhme und einer Buga-Prokuristin durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt worden. Die Ermittler gehen Vorwürfen nach, es habe Manipulationen bei der Vergabe von Aufträgen und der Beantragung von Fördermitteln gegeben. Vor Beginn der Gartenschau am 27. April werden die Untersuchungen nicht beendet sein, erklärt die Staatsanwaltschaft. Bei der gestrigen "Vor-Eröffnung" ist dazu ein einziger dünner Satz zu hören. Er kommt von Ronneburgs Bürgermeister Böhme und lautet: "Hier ist jeder Euro sauber verwendet worden." Buga-Chef Kubitz hatte zuvor verlauten lassen, er habe sich sein Leben lang nichts zu Schulden kommen lassen.
Trotz der Schwierigkeiten gibt es schon jetzt einen Gewinner der Bundesgartenschau: Gera. Die Buga bringe der Stadt Folge-Investitionen in Höhe von 180 Millionen Euro, rechnet Oberbürgermeister Norbert Vornehm vor - für eine neue Stadtbahntrasse, das sanierte Theater, die Sanierung und den Neubau zahlreicher Sportstätten.
Begehbare Wurst
Schon jetzt verbucht Gera, stets im Schatten von Erfurt, Weimar oder Jena, ein Plus von 18 Prozent an Übernachtungen. Auch in Ronneburg, einer Kleinstadt mit rund 5 500 Einwohnern, sind etwa zehn Millionen Euro in neue Infrastruktur und Sanierungsmaßnahmen in der Stadt geflossen. In Ronneburg sind die Veränderungen durch die Buga am stärksten. Dort, wo der Uranerz-Bergbau der sowjetisch-deutschen Wismut über Jahrzehnte tiefe Wunden geschlagen hat, ist jetzt buchstäblich eine "Neue Landschaft", so der Name des Ausstellungsteils, entstanden. Ihr Bestandteil: Landschaftskunst, zum Beispiel die begehbare Bratwurst. Von außen erinnert sie an einen Zeppelin, ihr Darm ist aus Zeltplane. Ins Freigelände neben die Wurst sollen später noch ein paar Schweine. Und Senfpflanzen. Zumindest das Klischee von Thüringen wäre damit wohl perfekt.