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Existenzgründer Existenzgründer: Slàinte Mhath!

Von MARLENE KÖHLER 17.06.2011, 15:43

Halle (Saale)/MZ. - Falls Sie ein Brennen in den Augen spüren, haben Sie zu tief inhaliert. So steht es in der Anleitung "Wie verkostet man Whisky - Teil 1" von Richard Paterson, einem Master in Sachen Whyte and Mackay Whisky. Heinrich Gilles und Wolfram Dübler-Zaeske haben die Anleitung aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt, als sie sich 2009 mit Whisky selbstständig machten. Nun sind sie auf dem besten Weg, selbst Master zu werden.

Wenn sie zu ihren Whisky-Verkostungen einladen, sitzen neben Anfängern, die noch für Johnny Walker schwärmen, oft auch Kenner am Tisch. Die können einen Single Malt vom Blend unterscheiden oder einen Schottischen Whisky vom Amerikanischen Bourbon. Auch in der Vorbereitung von Tasting und Nosing, so die Fachwörter bei der Verkostung, zeigt sich der wissende Genießer. Er betrachtet zunächst das Glas, das sich nach oben verjüngen muss, spült es mit einem Schluck Whisky aus. Dann füllt er wieder ein und schwenkt das Glas - das setzt die Aromen frei. Erst dann kommt die Nase ins Spiel, der Nosing-Test, der die Vorfreude auf den ersten Schluck ungemein steigert.

Bereits mit Anfang zwanzig habe er gemerkt, dass Whisky die einzige Spirituose sei, die ihm bekomme, sagt der 49-jährige Gilles aus Bösenrode (Südharz). Der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann hatte als Filialleiter des Feinkost-Geschäfts Gourmetage in Halle öfter mit Whisky zu tun. Als er den Hallenser Dübler-Zaeske (37) kennen lernte, der vom Fachgeschäft Connoisseur kam, beschlossen sie, es mit dem Leitspruch Humphrey Bogarts zu halten: Man muss dem Leben immer um mindestens einen Whisky voraus sein. Sie gründeten ihre eigene Firma.

Intensiv haben sich die beiden Existenzgründer mit dem erstmals im 15. Jahrhundert aus Gerste und Aqua gebrannten Getränk - dem "Wasser des Lebens" - beschäftigt. Sie haben gelesen und getrunken, wenn auch noch nicht alle der 4 500 verschiedenen Abfüllungen, die es weltweit geben soll. "Wir haben unser Hobby zum Beruf gemacht", sagt Gilles und freut sich über die Resonanz. Die Whisky Dinner im Ramada Hotel Peißen oder auf Schloss Neuenburg bei Freyburg sind gut gebucht. Ebenso die bis zu zehn thematischen Verkostungen im Monat, die meisten finden im Gasthof "Goldnes Herz" in der Mansfelder Straße in Halle statt. Dort ist dann der Tisch für acht bis 20 Personen gedeckt, an jedem Platz stehen fünf Whiskygläser und ein Wasserglas, Brot wird gereicht, schottische Musik erklingt, dann geht es los. Man probiert und hört Geschichten zu Themen wie "Whisky & Schokolade", "Classic Malts of Scotland", "Bourbon Whiskey" oder "Whisky im Sommer? - JA!".

Über die Besonderheiten einer Region, der Herstellung und Lagerung informieren die Experten bei solchen Terminen und werfen Bilder auf die Leinwand, aufgenommen vom ausgebildeten Fotografen Wolfram Dübler-Zaeske. Die jüngsten stammen vom Mai 2011, als sie die Hebriden-Insel Islay besuchten, fünf Tage lang Land, Leute und die acht übrig gebliebenen Destillerien studierten. 26 waren es früher einmal, sagt Gilles, da brauchten die Kapitäne kein Leuchtfeuer, nur eine gute Nase, denn Rauch lag in der Luft. Islay ist bekannt für raues und stürmisches Klima, das sich im Geschmack der Whiskys widerspiegelt.

Nennt man die Sorten Lagavulin und Laphroaig, schnalzen Kenner mit der Zunge. Gilles und Dübler-Zaeske präsentieren bei den Verkostungen auch nicht so bekannte Marken wie Bunnahabhain und Kilchoman mit dem typischen Torf-Aroma. Das zweite Standbein ist der Whiskyshop im Internet, den die beiden mit Hilfe der halleschen Firma aromicon aufgebaut haben. Zirka 330 Whiskys werden hier zurzeit angeboten, bis zum Jahresende sollen 500 Sorten verfügbar sein. Und bis dahin wollen der Designer Daniel Ackermann und der aromicon-Geschäftsführer Alf Jahn die "Geschmacksvisualisierung" vorangetrieben haben. Dann sollen sich Kunden mit Hilfe von Grafiken und Animationen auf dem Bildschirm einen Eindruck vom Geschmack des Whiskys verschaffen können, so wie das jetzt schon bei 18 000 Weinen auf dem aromicon-Portal möglich ist.

Die patentierte Idee der virtuellen Weinverkostung wird nun auch beim Whisky angewendet, und hier soll es sogar noch mehr als die 130 Aromen geben, die den Geschmack des Weins bestimmen. Malz, Moor, Phenol, Torffeuer, Salz, Jod - für viele neue Eindrücke auf der Zunge muss Diplomdesigner Ackermann nun wieder Zeichen finden. Manche Stunde sitzt er dafür mit Gilles, Dübler-Zaeske und Jahn über den Whiskys, kostet, debattiert und beschreibt die geschmeckten Aromen mit Bildern. "Slaantsche Wa!" tönt es dann immer mal in der Runde, was den Laien zunächst erschreckt. Slàinte Mhath würde das, was sich so schwierig anhört, geschrieben, erklären die Experten. Und es bedeute einfach nur "Gute Gesundheit" - auf Gälisch.