Erotik-Kalender Erotik-Kalender: Hingucker für den Abi-Ball
Magdeburg/MZ. -
Der Qualm war richtig schlimm. Erst eine Zigarette, dann noch eine und sogar noch die dritte. Katja Schmidt, die nur sehr selten raucht, wurde ein bisschen schwummrig dabei. "Aber dafür", sagt sie lachend, "habe ich gar nicht gemerkt, was ich gerade mache." Mitten in der Aula des Magdeburger Hegel-Gymnasiums auf einem Flügel liegen nämlich; bekleidet mit wenig Seide und noch weniger Spitze, während Fotograf Rayk Weber auf den Auslöser drückt.
Erotik statt Betteltour
An jenem Samstag war das ehrwürdige Schulgebäude in der Steubenstraße ein Ort der besonderen Art. Acht Stunden lang standen 18 Mädchen und Jungen des Abi-Jahrgangs 2006 Modell für einen der ungewöhnlichsten Kalender des kommenden Jahres. "Hochschulreife macht sexy" heißt der, und er soll der Abiturstufe helfen, ihren Abi-Ball zu finanzieren. Mit etwa 700 Gästen wollen die 136 Schülerinnen und Schüler ihre Mega-Fete feiern - und das Geld dafür will verdient werden.
Nur wie?, fragten sich die Hegel-Schüler schon im Sommer 2004. "Uns war klar", erzählt Katja Schmidt, "dass wir nicht betteln wollen." Etwas zu bieten müsste man haben, befand Mitschüler Christian Lux, und zwar am besten etwas Tolles - wie einen Nacktkalender. Das Wort habe im Raum gehangen, erinnert sich Katja Schmidt. "Dann sagte einer: Halt mal, die Idee ist gar nicht dumm."
Nur die Umsetzung gestaltete sich schwierig. Zwar war der Kontakt zum Akt-Fotografen Rayk Weber schnell hergestellt. Aber bald wurde klar, dass die Finanzierung des Projektes eine vierstellige Summe verschlingen würde. "Also mussten wir doch erstmal Klinkenputzen gehen", sagt Katja Schmidt.
Angst abgebaut
Nebenbei galt es, Mitschüler und Eltern zu überzeugen; dem Direktor die Einwilligung für Aufnahmen im Schulgebäude abzuhandeln und Models zu finden. Als alle einhellig zugestimmt hatten, schoss Rayk Weber von 30 Freiwilligen Probeaufnahmen. "Da hatten wir schon nur Unterwäsche an", erzählt Katja Schmidt, die sich bei diesen Test-Sitzungen noch "ganz schön unwohl" fühlte. Rayk Weber aber schaffte es, seinen Models die Angst zu nehmen. "Schließlich fanden wir es nur noch lustig", sagt Katja Schmidt. Zudem habe der Fotograf das Kunststück vollbracht, mit Mädchen und Jungen, "die ohne Schminke unauffällig aussehen, Bilder zu machen, auf denen wir uns selbst kaum erkannt haben". Und das Echo gibt dem Jahrgang 06 recht. Zwar mag der Magdeburger Kultus-Staatssekretär Winfried Willems die Initiative der Hegel-Schüler nur mit dem Satz kommentieren, es spreche "nicht von besonderer Reife, seinen Körper zugunsten von Einnahmen für eine Party öffentlich fotografieren und verkaufen zu lassen". Doch davon abgesehen ist die Zustimmung fast einhellig, wie Schuldirektor Konrad Woitag sagt.
Gefragte Internet-Seite
40 000 Besucher surften bisher auf die Website des Projekts - und nur eine Handvoll habe Kritik geübt. "Ich hatte damit gerechnet, dass das Ganze mehr polarisiert", sagt Woitag. Dennoch habe er damals zugestimmt: "Wir verbieten so viel, und ich traue meinen Schülern zu, verantwortlich mit so einer Sache umzugehen." Die hätten ihn auch nicht enttäuscht. "Sie haben ihren Plan sehr professionell abgearbeitet und trotzdem weiter für das Abi gelernt." Auch Interviews im Fernsehen, Radio und Zeitungen habe niemanden abheben lassen.
Dafür sei wohl derzeit auch zu viel zu tun mit Verpacken und Verschicken der Kalender, vermutet der Hegel-Direktor. Katja Schmidt kann da nur zustimmen. Aber die Mühe lohne sich. Selbst die Lehrer, zuweilen genervt, "weil wir dauernd mit Organisieren beschäftigt waren", seien jetzt stolz auf ihren Jahrgang 06. Der kann seine große Party derweil schon mal planen: Die erste Auflage ihres erotischen Schülerkalenders ist vergriffen, Auflage zwei bereits im Druck.