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Elbe und Saale Elbe und Saale: Umweltschützer fordern Renaturierung

20.05.2011, 12:40
Am schlammigen Ufer an der Elbe in Dessau-Roßlau versammelten sich im Januar 2011 Umwelt-Aktivisten, um gegen Baupläne am Fluß zu protestieren. (ARCHIVFOTO: LUTZ SEBASTIAN)
Am schlammigen Ufer an der Elbe in Dessau-Roßlau versammelten sich im Januar 2011 Umwelt-Aktivisten, um gegen Baupläne am Fluß zu protestieren. (ARCHIVFOTO: LUTZ SEBASTIAN) Alle Nutzungsrechte beim Urheber

Coswig/dapd. - Geräuschlos gleitet das Schlauchbootdurch das braungrüne Wasser. Am Himmel kreisen zwei Milane.Biber-Pfade säumen die Ufer. Dahinter erstreckt sich kilometerweitder größte noch erhaltene Auenwald Mitteleuropas. «DasDessau-Wörlitzer Gartenreich ist vielleicht die kostbarsteFlusslandschaft Deutschlands», sagt der Leiter des Elbprojekts beimBund Umwelt und Naturschutz (BUND), Ernst Paul Dörfler. Durch dieneue Einstufung der mitteldeutschen Flüsse in Neben- undRestwasserstraßen hofft er nun, große Teile der Flusslandschaftenwieder renaturieren zu können.

Das Paddel hat Dörfler auf den Schoß gelegt. Nur zurKurskorrektur braucht er es. Das Boot gleitet zügig durch dasWasser. Die Strömung ist schnell. «Und genau das ist das Problem»,sagt Dörfler. Die Elbe sei für die Schifffahrt Jahrhunderte langverengt und einem Flussbett zugewiesen worden, das sie sich aufnatürliche Weise nicht gesucht hätte. Dadurch habe dieFließgeschwindigkeit extrem zugenommen. Die schnelle Strömung trageden sandigen Boden ab, was wiederum zur ständigen Vertiefung desFlussbetts führte. «Die Folge ist, dass den ufernahen Wäldern dasWasser abgegraben wird und die Hochwassergefahr steigt», sagtDörfler.

Zwtl: Menschenleere Artenvielfalt

Während er erzählt, unterbricht er sich immer wieder: «Da! Habensie gehört», fragt er seine Mitreisenden dann. «Ein Wendehals. DerVogel des Jahres 1988», sagt er nach ein paar Sekunden oder «Einroter Milan, vom Aussterben bedroht. Es gibt sie praktisch nur nochhier.» Auch einen Seeadler, den größten in Mitteleuropa vorkommendenVogel, sichtet er auf einer Baumkrone.

Neben den Vögeln ist auf der rund neun Kilometer weiten Fahrt ausdem anhaltischen Coswig nach Vockerode nur der Wind in den Bäumen zuhören. Kein Haus, kein Mensch, kein Strommast ist am Ufer zu sehen.Auch auf dem Wasser kann auf der dreistündigen Fahrt nur ein Kanutegesichtet werden.

Nur die Kilometerschilder erinnern daran, dass der Fluss immernoch eine Bundeswasserstraße ist. 1913 wurden hier laut Dörfler noch18 Millionen Tonnen Frachtgut verschifft. In den vergangenen Jahrenseien die Raten unaufhaltsam gesunken. 2011 war es nur noch eineMillion Tonnen. Da die Wasserstände in der Elbe nicht berechenbarseien und Fahrten demnach kaum planbar, lohne sich die Beschiffungdes Flusses nicht, sagt er.

Zwtl: Wirtschaft fordert Ausbau

Teile der regionalen Wirtschaft Sachsen-Anhalts sehen das jedochanders. Seit Jahren gibt es die Forderung, die Elbe aufzustauen undso eine ganzjährige Schiffbarkeit des Flusses zu garantieren.Entsprechend empört fiel die Reaktion mancher Wirtschaftsverbändeaus, als das Bundesverkehrsministerium Anfang des Monats bekanntgab, die Elbe nur noch als Nebenwasserstraße zu klassifizieren, dieSaale als Restwasserstraße einzustufen und die Planungen desSaale-Elbe-Kanals zu stoppen.

Wer bei der Planung von Investitionen allein auf heutige Tonnagensehe, habe keine zukunftsfähigen Lösungen im Blick, klagte daraufhinder Landesgeschäftsführer des Bundesverbandes mittelständischeWirtschaft (BVMW), Dieter Kapell. Sachsen-Anhalt gerate in Gefahr,seinen Stellenwert als Logistikdrehkreuz in Europa zu gefährden.

Dörfler sieht das naturgemäß anders. Eine zukunftsfähige Lösunghabe er sehr wohl im Blick, sagt er und deutet auf das Ufer. DasDessau-Wörlitzer Gartenreich sei eine der wenigen Regionen der Welt,wo die Artenvielfalt in den vergangenen Jahren stetig zugenommenhabe. Das Potenzial für den gesamten Flusslauf der Elbe sei riesig.